So das ist meine neueste Story, die schon seit längere Zeit im Sat1 Forum und im K11-Forum zu lesen ist und nun auch endlich den Weg hierher gefunden hat. Vel Spaß beim lesen.
Es gibt Tage, in denen verändert sich das Leben von einer Sekunde auf die andere - Tage die Erlebnisse mit sich bringen, die man nie vergisst. Noch ahnte Alexandra nicht, dass dieser Tag so einer für sie sein wird.
Es war der 4. April 2006. Wie auch schon in den letzten Tagen saß Alex mit ihren Kollegen Michael Naseband und Gerrit Grass im Büro. Während Gerrit gerade damit beschäftigt war, sich die einzelnen Berichte durchzulesen, diskutierten Alex und Michael ausgiebig über den aktuellen Fall. Es gab in den letzten Wochen, vor allem aber in den letzten Tagen vermehrt Anzeigen wegen Vergewaltigungen. Und immer wieder passte diese Beschreibung auf die Männer. Diese beiden unbekannten Männer schafften es die Stadt und vor allem die Frauen zu verunsichern. Kaum noch eine Frau traute sich allein auf die Straße, sondern immer nur in Begleitung. Alle hatten Angst, sie könnten die nächsten sein. Selbst Alex, die sonst so Starke bekam nun auch ein etwas mulmiges Gefühl, vor allem aber dadurch, dass sie jeden Tag aufs Neue mit diesem gewissen Fall konfrontiert wurde. Doch innerlich verdrängte sie dieses Gefühl von Furchtsamkeit. Sie wollte ihren Kollegen nicht zeigen, dass ihr dieser Fall zu schaffen machte, nein er machte ihr sogar Angst. Doch als Polizisten, auf so einem Gebiet, hatte Alex gelernt, solche Fälle nicht an sich heran zulassen. Und so kämpfte sie jeden Tag immer wieder aufs Neue diesen Fall nicht so nah an sich heran zulassen. bis zu einem gewissen Punkt, doch dann sollte Schluss sein- doch sie schaffte es nicht. Nun gab es schon Nächte, wo sie davon träumte. Immer wieder kam sie mit ihrer Freundin vor. Doch jeden Morgen sagte sie zu sich selbst. „Es war nur ein Traum, Alexandra. So etwas wird Dir nicht wieder fahren“, immer wieder redete sie sich Vernunft ein. Und es klappte auch. Aber es fiel ihr auch leichter, weil es mal eine Woche gab, an denen kein Verbrechen geschah. Und so trauten sich immer mehr Frauen wieder allein auf die einsamen dunklen Straßen Münchens, die nur von der Straßenlaterne beleuchtet worden.
Und so kam es, das es in der Stadt München keine Vorsicht mehr gab, alle lebten ihr leben, wie zuvor. Wo die Welt noch in Ordnung war. Bis zu einem Tag, der alles verändern sollte.
Es war ein ganz normaler Tag, die Sonne schien, der Frühling meldete sich mit warmer Frühlingsluft zurück. Die Straßen waren voll. Es war Freitag, der 15. April 2006 Alex war an diesem Abend mit ihrer Freundin ins Kino und abends zum Italiener verabredet. Der Tag im Kommissariat verlief wie fast jeden Tag gleich. Von den Vergewaltigern war nichts mehr zu hören. Und so mussten alle Drei alte Berichte abtippen. Nebenbei durfte sich Alex noch nette Sprüche von Ihrem Kollegen anhören. Und Gerrit saß wie so häufig auf der Couch und widmete sich ausgiebig seiner Fußballzeitschrift. Über seinen Lieblingsverein Bayern München. Somit war Gerrit für den Rest des Tages nicht ansprechbar. Alex freute sich unterdessen sehr auf das Treffen mit ihrer besten Freundin, da die beiden sich schon eine Ewigkeit nicht gesehen hatten. Und somit gab es viel zu bereden, wie es unter Frauen so üblich ist.
„Dann pass mal auf, dass Ihr euch beim Tratschen nicht verlauft. Ich hab keine Lust euch aus der Patsche zu helfen, bzw. euch Frauen den Weg zu weisen“, kam es noch von Michael, bevor Alex aus dem Büro verschwand um nach Hause zu fahren. Dort angekommen, machte sie sich auch schon umgehend fertig und fuhr mit dem Taxi zu ihrer Freundin. Keiner beiden wusste bis dahin, dass dieser Abend alles verändern würde. Nachdem Kino schlenderten die beiden Frauen gemütlich durch die großen breiten Straßen Münchens. Es war bereits später Abend, so dass es draußen schon dunkel war und so bemerkten die beiden nicht, wie sie verfolgt wurden- von zwei unbekannten Typen. Fröhlich tratschend kamen die beiden im Restaurant an. Es gab eine Menge zu berichten. Bei beiden hatte sich viel in der letzten Zeit ereignet. Lucy hatte einen neuen Freund, nur Alex nicht. Erst vor kurzen hatte sie sich von ihrem Freund getrennt. Es lief absolut nicht gut in ihrer Beziehung, so dass Alex sich entschloss einen Schlussstrich zu ziehen. Beim Essen und der Unterhaltung tranken sie reichlich Wein und achteten nicht drauf, was und wie viel sie getrunken hatten. Die Zeit lief nur so dahin, bis es schließlich schon spät in der Nacht war und sie sich beide auf den Weg zu Alex’ Wohnung machten. Doch wieder wurden sie beschattet und abermals merkten sie nicht, wie sich hinter ihnen zwei Männer nährten. Da beide leicht angetrunken waren, schlenderten Sie den kurzen Weg nur so dahin. Bis etwas sehr schreckliches geschah, etwas, dass von da an das Leben der beiden von Grund auf Boden veränderte.
Kurz vor der Seitenstraße, in die sie einbiegen mussten, wurden sie plötzlich von hinten festgehalten, sofort drängten die beiden Männer Alex und Lucy in eine Ecke und das unfassbare begann.
Auf offener Straße musste Alex zusehen, wie sich einer der Männer an ihrer besten Freundin vergriff. Sie selber war machtlos, sie wurde von dem anderen Mann festgehalten. Alex war geschockt, Sie fühlte sich elend. Immer wieder wurde sie gezwungen zu ihrer Freundin zu gucken, doch sie konnte es nicht. Und nebenbei musste sie sich unangenehme Berührungen zwischen den Beinen und an der Brust gefallen lassen. Alex konnte nicht mehr, sie am Ende mit ihren Nerven. Doch das interessierte die beiden Männer nicht, im Gegenteil, der Spaß begann für die beiden erst noch.
„Sie genau hin, aber genau! Das wird auch gleich mit Dir geschehen“, sprach der Mann mit einem leichten fiesen Grinsen im Gesicht. Alex konnte sich nicht wehren, geschweige denn zu schreien. Viel zu geschockt und ängstlich war sie, zudem wurde sie festgehalten.
Und als endlich der Mann von ihrer Freundin los ließ, wechselte sich das ganze Schema und nun wurde ihre Freundin festgehalten und sie musste nun die ganze Prozedur über sich ergehen lassen.
Doch bei ihr ließ er sich Zeit, er genoss es in vollen Zügen. Erst riss er ihr die Bluse auf, später die Hose und verging sich an ihr. Und für Alex kam es noch schlimmer sie wurde nicht nur vergewaltigt, sondern wurde anschließend immer wieder in den Bauch getreten und bei den Haaren gezogen. Alex musste höllische Schmerzen über sich ergehen lassen, endlich, nach einer schier endlosen langen Zeit, ließen die beiden Männer die verstörten Frauen zurück.
Kein Passant, nichts weit und breit war zu sehen, als sich die beiden unbekannten Männer vom Acker machten. So saßen Alex und Lucy weinend und zitternd vor Angst in der Ecke nahe einer Hecke. Beide waren am Ende mit ihren Nerven, sie konnten es einfach nicht fassen, was sich in den vergangenen 15 Minuten ereignet hat. Keiner der beiden war in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen, sie waren sich in diesem Moment hilflos ausgeliefert. Inzwischen war es spät in der Nacht, bis einer der beiden überhaupt etwas wahrnahm und es schaffte für paar Minuten einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Es war Alex, die sich aufraffte und auf ihre Freundin zuging, doch diese rückte immer weiter von ihr ab. Lucy war so verstört, dass sie nichts um sich herum wahrnahm. Alex war hilflos. Sie selber versuchte das geschehende zu verdrängen. Und sie schaffte es auch. Wieder kam hier die Starke Alex zum Vorschein. Die Polizei anrufen konnte und wollte Alex nicht, es war ihr unangenehm. Sie als Polizisten, die auch im Verteidigungskampf ausgebildet war, konnte sich nicht zur Wehr setzen. Aber auch der Spruch von Michael kam ihr wieder in den Sinn. Nun saß sie etwas abseits von Lucy und dachte nach, doch über was sie nachdachte wusste sie selber nicht. Alles lief wie in einem Film ab. Doch es dauerte nicht lang und da verspürten beiden Frauen das große Verlangen, sie zu waschen. Jetzt war es Lucy, die einfach aufgestanden war und sich auf den Weg machte, ohne sich umzudrehen lief sie den weg nur so daheim, dabei rannen die Tränen nur so über die Wangen. Völlig fertig kam sie bei sich zuhause an. Ihr Freund wartete schon ungeduldig auf sie. Als er sie sah, machte er sich Sorgen und kümmerte sich liebevoll um sie. So machte sich auch Alex auch auf den Weg. Immer wieder drehte sie sich ängstlich um. Die Angst, dass so etwas noch einmal geschehen konnte ließ sie nicht los. Endlich kam Alex bei sich zu Hause an, sie schmiss ließ ihre gesamten Sachen fallen, als sie die Tür hinter sich schloss und sich im großen Flur-Spiegel betrachtete. Ihre ganze Kleidung hing nur noch wie ein Fetzen an ihrem Körper, der von blauen Flecken und Schürfwunden nur so überseht war. Nun erst wurde Alex so langsam klar, was sich in dieser Nacht ereignete. Ihr liefen die Tränen nur so über die Wangen, sie konnte es einfach nicht fassen. „Warum nur? Warum nur?“, immer wieder stellte sie sich leise murmelnd diese Frage, während sie ins Bad ging. Sie ging unter die Dusche und schämte sich gleichzeitig für ihren Körper. Ein Ekel entstand und sie begann ihren Körper zu hassen.
Teil 4
Nach dem Duschen zog sich Alex ganz schnell etwas an, sie wollte und konnte nicht sich nackt sehen. Immer noch zitterte sie am gesamten Körper. Völlig am Ende legte sie sich ins Bett und schlief auch recht schnell ein. Doch immer wieder wurde sie im Schlaf von Alpträumen geschüttelt. Immer wieder liefen einzelne Szenen von der Nacht direkt vor ihren Augen ab. Offensichtlich verhinderte eine durch das traumatische Geschehen begründete Teil-Amnesie, sich an die Hauptteile des Erlebten zu erinnern. Und so war es auch bei Alex und ihren Albträumen. Es gab nur noch einzelne Bilder, an die sie sich erinnern konnte. An den Vorgang selber konnte sie sich nicht entsinnen. Hier hatte sich eine Blockade aufgebaut, die es verhinderte. Dennoch konnte man sich an viele einzelnen Vorgängen erinnern, die auch dafür sorgten, dass Angstzustände etc. auftreteteten.
Doch aus diesen Albträumen wachte Alex einfach nicht auf, sie wälzte sich bis zum frühen Morgen im Bett umher. Bis sie endlich nass geschwitzt und mit dick verquollenen Augen aufwachte. Es ist erst 5 Uhr in der Frühe, dabei hätte sie noch mindestens 2 Stunden schlafen können, da sie erst um 9 Uhr im Kommissariat erscheinen musste.
Bei Lucy lief alles ganz anders ab. Ihr Freund erkannte sofort, was geschehen ist und ging unmittelbar nachdem Lucy nach Hause kam, mit ihr zum nahe gelegenen Polizei-Kommissariat 10. Sofort wurde eine Ärztin herbei gerufen, die zum Glück noch Sperma spuren sichern konnte. Dennoch war sich der Freund von Lucy sehr unsicher, wie er nun auf sie zugehen soll. Da Lucy immer wieder zusammenzuckte, wenn sich ihr ein Mann auch nur nährte. Zwar war es bei Karsten nicht so extrem, aber die Anzeichen, dass sich auch Lucy vor ihm schämte waren da. Und die Angst, noch einmal angefasst zu werden, ließ sie nicht los.
Noch in derselben Nacht wurde Lucy, die auch zustimmte, von einem Polizei Psychologen behandelt und bekam sehr viel Unterstützung und die nötige Zuwendung. Lucy konnte dadurch das schreckliche geschehen etwas verarbeiten, aber dennoch hinterließ es bei ihr Narben, die tief in der Seele lagen. Doch als es darum ging ein Phantom-Bild zu erstellen musste sie passen. „Es war viel zu dunkel, außerdem waren die beiden maskiert. Sie trugen glaub’ ich die so genannten Strumpfmasken“, sprach Lucy in einem weinerlichen Ton. Sie war am Ende und wollte nur noch weg, und mit sich und der Welt allein sein. Doch erst einmal musste sie alle möglichen Fragen beantworten. „Waren Sie allein, als es passiert ist“, fragte sie nun der Polizei Psychologe. Lucy sah ihn an und sagte ein paar Minuten nichts. In diesem Moment fiel ihr Alex wieder ein. „Nein, ich war mit meiner besten Freundin unterwegs“, sagte Lucy mit Tränenerstickter Stimme. Erst jetzt dachte sie wieder an Alex, und musste weinen, sie wusste nicht, wie schlecht es ihrer Freundin ging. „Wurde sie auch Vergewaltigt“, fragte der Psychologe vorsichtig. Lucy brauchte nur ein Nicken hervor. Sie saß da wie ein Häufchen Elend und konnte nicht mehr. Immer wieder stiegen in ihr die Bilder auf von dem Abend. „Ich weiß, dass es Ihnen nicht gut geht, doch ich muss Ihnen noch einige Fragen stellen, dann können sie nach Hause gehen.“ Lucy nickte. Karsten stand dicht hinter hier und legte beiden Hände auf ihre Schulter. Lucy zuckte kurz zusammen, doch die Nähe und Geborgenheit, die er ihr gab, brachten sie dazu, sich etwas zu beruhigen. Immer noch saß sie zitternd da und versuchte mühsam die einzelnen Fragen zu beantworten. „Wie heißt Ihre Freundin? Wissen Sie, wo sich Ihre Freundin derzeit befindet oder wo wir Sie finden können?“ – „Sie heißt Alexandra Rietz und arbeitet im Kommissariat 11. Wo Sie sich derzeit befindet, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wie es Ihr geht“, weinend gab sie dem Psychologen Auskunft.
„Ist schon Okay, ich werd’ sehen, dass sich die Kollegen hier, mit dem Kommissariat 11 in Verbindung setzen. Vielleicht ist sie auch schon dort gewesen. Sie können nun auch gehen. Wir melden uns noch mal etwas später bei Ihnen, versuchen Sie etwas zu schlafen“, redete der Psychologe ruhig auf sie ein. So machten sich Lucy und Karsten auf den Weg nach Hause. Lucy weinte ununterbrochen und zitterte am ganzen Körper. Ihr Körper und auch sie war am Ende mit ihren Kräften, sie konnte einfach nicht mehr. Zuhause schmiss sie sich aufs Bett und weinte und weinte.
5. Teil
Karsten war sich hilflos ausgeliefert, es tat im in der Seele weh, wie sehr seine Freundin litt. Er wusste einfach nicht wie er ihr helfen konnte, wie er auf sie eingehen konnte, ohne ihr zu nahe zu treten. Oder sie in der jetzigen Situation zu bedrängen. Zu gerne würde er ihr die nötige Geborgenheit und den Schutz bieten, den sie sehr benötigte, doch wie sollte er das machen? So stand er hilflos an der Tür und sah zu seiner Freundin, die am Ende mit ihren Nerven war. Doch irgendwann ist Lucy vom weinen her endlich eingeschlafen und Karsten betrat vorsichtig das Schlafzimmer und legte sie ordentlich zu Bett. Er selbst legte sich etwas abseits zu ihr und machte sich Sorgen. Viele Fragen gingen ihm durch den Kopf, auf die er keine Antwort wusste. Es war aber klar, dass es von nun an keine einfache Zeit werden würde. Aber seine Gedanken schweiften auch immer wieder zu Alexandra ab. Er selber würde gerne wissen, wie es ihr geht. Doch er konnte und wollte nicht von der Seite Lucys weichen, er mochte einfach bei ihr sein und für sie da sein, wenn sie ihn brauchte. Auch wenn es wohl seine Zeit benötigte, bis sie einem Mann überhaupt wieder vertrauen konnte. Ohne die Angst haben zu müssen, dass persönliche Grenzen überschritten werden könnten und das man sie dadurch nur noch mehr verletzte. Aus der sonst so fröhlichen, lebenslustigen Lucy ist nichts mehr zu sehen. Immer wieder wälzte sie sich im Bett umher und schlug um sich. Sie lebte das geschehen im Traum aus und weinte bitter. Sie schlug mehrfach um sich, versuchte sich zu wehren, doch es half nichts, die Täter ließen nicht von ihr ab. Erst als Karsten es mit viel Mühe schaffte, sie zu wecken brach der Albtraum ab. Sie öffnete verweint ihre Augen und sah in das Gesicht ihres Freundes, direkt in die blauen, aber vor sorgen glitzernden, Augen. Karsten hatte Angst um sie, er wusste einfach nicht, wie er ihr helfen konnte. „Wird Sie es jemals schaffen, dass durchlebte zu verarbeiten? Wird Sie einmal wieder die lebenslustige und fröhliche Person werden?“, Karsten macht sich so seine Gedanken, während er Lucy sanft und zärtlich über ihre Haare streichelte. Zwar zitterte Lucy immer wieder bei einer sanften Berührung, doch sie spürte auch, dass hier eine Person ist, der sie vertrauen konnte. Und nicht vor hatte ihr weh zu tun. Es dauerte noch eine ganze Weile, ehe Lucy in einen halbwegs ruhigen Schlaf fiel. Und auch Karsten konnte endlich, nach dieser sehr anstrengenden Nacht noch 2 Stunden schlafen, ehe sein Wecker klingen würde. „Doch was wird dann sein? Kann er Lucy allein lassen? Lucy selber wurde vorläufig krankgeschrieben, von der Polizeiärztin. Doch kann er sich einfach so frei nehmen, um für Sie da zu sein?“, mit diesen Gedanken und einer großen Sorgenfalte auf seiner Stirn schlief er ein.
Alex stand auf, und ging wiederholt duschen, sie fühlte sich einfach dreckig und unwohl in ihrer Haut. Nun stand sie unter der Dusche und wusch sich und wusch sich. Immer wieder rieb sie ihre Haut, obwohl sie sauber war. Doch das Gefühl, sauber zu sein gab es bei ihr nicht mehr. Sie schämte sich. Und so duschte sie eine Ewigkeit, bis ihre Haut ganz schrumpelig war. Sie trocknete sich und cremte ihre Haut etwas ein, aber nicht mit Gefühl, sondern recht grob. Anschließend stand sie wieder vor dem Spiegel, der vor ihren Kleiderschrank an der Wand hing und betrachtete sich. Ihr liefen die Tränen herunter. „Warum nur? Warum nur?“, immer wieder stellte sich Alex verzweifelt dieselben Fragen und weinte bitter. Ihre ganze Haut war immer noch blau und aufgerissen. Ihr Gesicht war blass, Tränen schimmerten in ihren glanzlosen Augen, die immer noch leicht zu geschwollen waren, vom weinen. Obwohl es draußen recht warm war, für ein Frühling - zog sie sich eine lange Hose und ein dazu ein langen Pullover, der alles verdeckte. Um den Hals band sie sich eine Art von dünnen Stoff-Schal. Im Badezimmer schmierte sie sich dick Make-up auf, so dass die blauen Flecken und die roten Kratzspuren kaum noch zu erkennen waren. Doch wer Alex genau kannte, wusste auch so, dass es ihr nicht gut ging. Nur sie überspielte alles mit einer Fröhlichkeit. So war es auch, als sie kurze Zeit später das Kommissariat betrat. Mit einem kurzen „Guten Morgen“ ging sie zu ihrem Platz und nahm sofort eine Akte zur Hand. Immer wieder versuchte sie sich auf die Akte zu konzentrieren, doch es klappte nicht. Die Ereignisse aus der Nacht ließen sie nicht los. Michael und auch Gerrit, der inzwischen schon da war sahen schon auf dem ersten Blick, dass mit Alex etwas nicht stimmte und machte sich sorgen. „Alex, Alex, alles in Ordnung mit Dir?“, fragte Michael sie immer wieder. Doch es kam keine Reaktion. Alex war in ihren Gedanken gefesselt. Mit viel Mühe konnte sie gerade noch die Tränen zurückhalten, doch sie zitterte immer mehr am Körper, was auch nicht spurlos an Michael und Gerrit vorbei ging. Michael stand auf und trat hinter Alex und legte behutsam eine Hand auf ihre Schulter. Noch ehe er etwas sagen konnte, zuckte Alex zusammen und sprang wie eine Furie auf.
„Kannst Du nicht aufpassen, musst Du mich so erschrecken? Kann man denn hier auch nicht seine Ruhe haben und dabei arbeiten?“, fragte Alex in einem aggressiven Ton und dabei blitzen ihre Augen, während sie Michael und auch Gerrit ansah.
Völlig perplex stand Michael vor ihr, mit so einer Reaktion von Alex hatte er nie gerechnet. Denn so hatte er sie bisher noch nie erlebt. Und die beiden arbeiteten schon seit einigen Jahren zusammen und kannten sich sehr gut. „Alex, Michael meinte es doch nur gut. Was ist los mit Dir, geht es Dir nicht gut? Du siehst auch etwas blass aus?“, versuchte Gerrit die angespannte Lage zu lösen. Doch er machte nur noch alles schlimmer. „Was geht Dich das an? Nur weil man einmal nicht gut drauf ist, ist man gleich krank oder wie? Ist es ein Verbrechen, dass ich mal etwas blass aussehe’?“, Alex war sauer und ließ ihrer Wut und Trauer freien Lauf. Doch schon im nächsten Moment lief Alex aus dem Büro und steuerte direkt die Toilette an. Wo sie sich schließlich übergeben musste. Immer wieder liefen ihr die Tränen über die Wangen und sie lehnte sich an die Tür und rutschte runter. Sie zog ihre Beine an und weinte bitter.
Michael und Gerrit sahen sich an, sie konnten sich die Reaktion nicht erklären. Beide wussten nicht, was mit Alex los war und so machten sich beide wieder an die Arbeit, doch Alex kehrte auch nicht nach 20 Minuten zurück. Immer noch saß sie auf der Toilette und weinte bitter und leise vor sich hin, immer wieder zuckte sie zusammen, wenn sie nur an die Berührungen dachte. Ein Schauer lief ihr eiskalt den Rücken runter und sie begann zu zittern, welches nicht aufhörte und immer schlimmer wurde.
Nun saß sie da, zusammen gekauert auf dem Boden und weinte. Michael und Gerrit machten sich nun doch Sorgen, wo sie denn so lange bliebe „Was ist nur mit Alex?“, fragte sich Michael das immer wieder und sah dabei Gerrit an, doch dieser sah ihn nur an und zuckte mit den Schultern. Beide machten sich große Sorgen, da dies absolut nicht ihre Art war. „Ach Michael, hast Du mal das Gesicht von Alex gesehen? Und warum trägt sie im Frühling einen dicken Pullover? Das ist doch sonst nicht so. Sobald draußen die Sonne hervor kommt und die Temperaturen stiegen trug sie doch immer Blusen oder kurze Hemden!“, sprach Gerrit Michael verwundert an. „Stimmt, ich war mir nicht sicher, aber ich meine, ich hätte Kratzspuren und blaue Flecken im Gesicht erkannt? Aber sie hat sich heute extrem doll geschminkt“, stellte Michael fest. „Und was machen wir jetzt? Wir können doch nicht tatenlos herumstehen! Irgendetwas stimmt nicht mit Alex“, stellte Gerrit fest und sah Michael erwartungsvoll an. Doch bevor Michael etwas sagen konnte, betrat Hanna das Büro. „Hallo Michael, Hallo Gerrit. Ich hab hier einen Bericht, den ich Euch geben soll. Es geht um die Vergewaltigungen. Gestern Nacht gab es wieder eine Vergewaltigung. Und Die Person, sie hieß Lucy Franz war gestern im Kommissariat 10 und ihr Freund war auch dabei, ein gewisser Karsten Dittberner. Die Frau Franz hat es auch zur Anzeige gebracht“, klärte Hanna die beiden auf und verschwand wieder. Michael sah Hanna noch Minuten nach, dabei hielt er den Bericht vom Vorfall der gestrigen Nacht noch in der Hand. „Michael…Michael, rief Gerrit ihn wieder und wieder, doch Michael starrte nur in Richtung Tür. „Äh…ja? Hast Du mich was gefragt?“, fragt nun Michael und sah Gerrit an. „Ja, hab ich. Was ist los, was guckst Du die ganze Zeit so in die Leere?“ –„Irgendwie sagt mit der Name was, nur wo hab ich den schon mal gehört. Sag mal, wie hieß die Frau?“, fragte Michael ihn. „Lucy Franz“, antwortete Gerrit. „Oh nein, so hieß doch die Freundin von Alex oder nicht? Das würde einerseits erklären, was mit Alex ist, aber eben nicht das ganze“, machte sich Michael nun Sorgen und nahm die Akte und schlug zu auf. Ganz vertieft saß er nun da und lass sich alles durch.
Gerrit stand etwas abseits an der Kaffeemaschine und starrte in die Luft er machte sich seine Gedanken und hoffte inständig, dass es nicht die Freundin von Alex war. Michaels Gesichtsfarbe wechselte von rot auf schneeweiß, mehrmals schluckte er und seufzte tief. „Nein, alles, nur nicht das!“, sprach Michael und wusste nicht, was er sagen sollte. Viel zu geschockt war er, um etwas zu sagen. „Michael, ist alles in Ordnung?“, Gerrit machte sich Sorgen.
Denn Michael saß nur noch ganz apathisch da und reagierte nicht. „Michael, nun sag schon, was ist los, was steht drin?“ Doch Michael reagierte nicht. So nahm sich Gerrit kurzerhand die Akte zur Hand und las selber. Und schon im nächsten Moment saß auch er geschockt da. „Das würde auch ihr Verhalten erklären!“, sagte Gerrit in einer leisen Stimme. Michael fand langsam wieder zu sich. „Aber warum ist sie nicht zu uns gekommen? Sie weiß doch, dass sie immer mit uns reden kann? Warum hat sie nicht angerufen? Warum…Warum?“, stellte Michael sich diese Fragen laut. „Ich bin mir nicht sicher. Aber es gibt bestimmt Erklärungen dafür. Aber nun müssen wir für Alex da sein! Wir müssen ihr zeigen, dass es Menschen gibt, die ihr helfen wollen! Aber zu allererst müssen wir sie finden“, stellte Gerrit fest. Er und Michael machten sich große Sorgen. Aber wo kann sie nur sein?“, überlegte Michael. „Am besten, wir beide suchen sie, aber getrennt. Und wenn einer von uns sie findet, dann geben wir Bescheid und müssen dann weiter sehen“, gab Michael kurz das Kommando an und beide machten auf die Suche. Doch auch nach 2 Stunden suchen hat keiner der beiden sie gefunden. Michael informiert Gerrit kurz und macht sich auf den Weg zu Alex’ Wohnung. Während Gerrit auf dem Weg ins Büro ist. „Gerrit…Gerrit, warte, Du musst mitkommen, ich hab Alex gefunden. Sie sitzt völlig ängstlich und zitternd auf dem Boden der Toilette und schluchzt nur auf. Aber sie reagiert nicht.“ „Gut, Du sorgst bitte dafür, dass kein weitere hier etwas erfährt, ich werd’ Dir später alles erklären. Und sorg auch bitte dafür, dass keiner hier auf die Toilette geht.“, gab Gerrit ihr kurz die Anweisungen. „Aber wie soll ich das machen? Die Toilette ist nach der kompletten Renovierung gerade die einzige, die zu benutzen ist. Die anderen sind noch gesperrt!“, stellte Hanna fest. „Denk Dir was aus, oder Ihr Frauen geht einfach auf die Männertoiletten oder ins Gebüsch, denk Dir etwas aus, aber sorg einfach bitte dafür, dass keiner etwas mitbekommt“, sagte Gerrit kurz und rannte schon zum Damenklo. Kaum hatte er die Tür geöffnet hörte er auch schon das herzzerreißende Schluchzen. Und immer wieder die Frage. „Warum? Warum?“
Gerrit trat etwas unsicher ein, schließlich ist ein Mann auch nicht jeden Tag auf der Damentoilette. Doch dies war Gerrit egal, hier ging es einzig und allein nur um seine Kollegin und gute Freundin Alexandra, die ihn jetzt brauchte. So ging er leise immer weiter in die Toilette, bis er vor der verschlossen Tür stehen blieb. Von drinnen war nur noch leises wimmern zu hören. Nach fast 2 ½ Stunden weinen, hat Alex keine Kraft mehr und wimmert nur noch leise vor sich hin, noch immer zittert sie am Körper und beginnt nun auch zu frieren. Gerrit steht vor der Tür und lauscht. Leise und sachte klopft er an, um Alex nicht zu erschrecken. „Alex, ich bin es Gerrit. Mach bitte die Tür auf, tu’ mir den gefallen. Und lass uns dann drüber reden. Michael und ich wissen Bescheid. Wir haben eben den Bericht gelesen“, wieder klopfte Gerrit verzweifelt gegen die Tür, doch nichts tut sich. „Alex, bitte…“, seufzte Gerrit tief. Michael und ich wollen Dir nur helfen, mach bitte die Tür auf“; Gerrit verlor fast seine Geduld, es kostete ihn viel Mühe nicht auf die 2. Toilette zu gehen und hinüber zu klettern. Was auch bei seiner Größe keine Mühe gewesen wäre. Es tat ihm einfach nur weh, wie sehr seine Kollegin litt. Er konnte es einfach nicht mit ansehen. „Wenn ich diese Schweine in die Finger bekomme“, sprach Gerrit leise vor sich hin und ballte vor lauter aufsteigender Wut, eine Faust. Abermals versuchte Gerrit Alex dazu zu bewegen, endlich die Tür zu öffnen, doch sie reagierte nicht. Überhaupt saß Alex nun einfach da und wusste nicht mehr, was sie machen sollte. „Nun wissen sie es also doch! Was mach ich nur? Warum?...Warum?“, stellte sich Alex wiederkehrend dieselben Fragen. Gerrit versuchte es noch einige Male und gab dann auf, er sah ein, er konnte Alex nicht weiter zwingen. Und so sagte er nichts, stand an der Wand angelehnt und dachte nach. Es dauerte ca. 15 Minuten, bis sich Alex endlich entschloss nach fast 2 ½ Stunden das Klo zu verlassen. Sie öffnete die Tür und blickte mit ihrem Trännennassen Gesicht, in das von Gerrit. Sie war blass und schaffte es gerade noch sich irgendwie aufrecht zu halten. Ihr Körper fühlte sich schwach und ausgelaugt an, absolut keine Kraft mehr. Das Weinen hat ihr alles gekostet, schwach und am Ende mit ihren Nerven stand sie nun vor Gerrit. Dieser sah sie an und war geschockt, ihm fehlten einfach nur die Worte. Er blickte in ihre Augen, doch nichts als leere war zu sehen. Keine freudestrahlenden braunen Augen sahen ihn an. Überhaupt war ohnehin nichts mehr von ihrer so offen Haltung zu sehen, ihr Körper wirkte schwach und kraftlos. Mutlos stand sie vor ihm noch immer fehlten ihm die Worte, erst nach einigen Minuten besinnt er sich und reißt sich zusammen. Doch er wusste nicht, wie er auf sie zugehen sollte. Eine große Unsicherheit machte sich ihn ihm breit.
Nun standen beide voreinander und Gerrit sah Alex immer noch mitfühlend an, während sie auf den Boden sah. Auch wenn es nur ihr Kollege war, so fühlte sie sich nicht wohl, wenn er sie ansah. „Doch was soll er auch anderes machen“, ging es ihr durch den Kopf. Gerrit ging nun langsam einige Schritte auf sie zu und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. Sofort durchzuckte Alex ein Schauer, sie begann zu zittern und Tränen liefen ihr wieder über das Gesicht. Auf einer Seite wünschte sie sich in den Arm genommen zu werden, einfach nur getröstet zu werden. Doch sobald dies geschah, riss es wieder die Wunden der gestrigen Nacht in ihr auf. „Keine Angst Alex, ich will Dir nichts tun. Komm, wir gehen jetzt ins Büro und dann legst Du Dich auf die Couch und versuchst etwas zur Ruhe zu kommen. Du gefällst mir nicht“, befahl Gerrit und führte Alex sachte aus der Toilette, vorher vergewisserte er sich noch, dass keiner gerade auf dem Flur war und ging mit Alex in das Büro. Dort legte er sie sanft hin und deckte sie zu. Alex zitterte immer noch und hin und wieder war noch ein kurzes aufschluchzen zu vernehmen, bis sie vor lauter Erschöpfung in einen unruhigen schlaf verfiel. Gerrit hatte in der Zwischenzeit Michael benachrichtigt, der auch paar Minuten später leise das Büro betrat. Er sah kurz zu Alex und war geschockt, wie blass und kraftlos sie da lag. Doch kurz darauf ging er auf Gerrit zu und sah ihn an. „Wie geht es ihr? Was machen wir jetzt? Hat sie etwas gesagt?“, fragte Michael ihn besorgt und sein Blick fiel immer wieder zu seiner Kollegin, die unruhig schlief und dabei weinte. Nun erzählte Gerrit Michael erst einmal, was sich alles ereignete, als er Alex auf der Toilette sah. „Sie ist am Ende, kann kaum noch. Zittert und weint nur, ihr Körper hält das nicht mehr stand. Sie stand vor mir wie ein Stück Wrack, sie konnte sich nur noch mit viel Mühe aufrecht halten. Und wenn man auf sie zugeht, weicht sie zurück und beginnt zu zittern. Man kann sie noch nicht einmal in den Arm nehmen. Ich weiß gar nicht, was wir machen sollen, ich muss ehrlich sagen, ich bin überfordert. Ich möchte ihre helfen, weiß aber nicht wie - ohne dabei Wunden aufzureißen“, sagte Gerrit und auch sein Blick fiel auf Alex. „Ja, dass weiß ich auch nicht. Aber eines steht fest, sie ist unsere Kollegin und beste Freundin, wir müssen für sie da sein. Wir müssen ihr zeigen, dass es Leute gibt, denen sie Vertrauen kann. Und keine Menschen sind, die ihr nur wehtun wollen. Es wird eine schwere Zeit. Nun müssen wir erst einmal sehen, was wir zu erst machen. Es ist das Beste, wenn Alex nicht allein zu Hause ist“, stellte Michael klar und Gerrit nickte. Ja, also dass wir ihr helfen steht außer Frage. Ich hab nur leider kein Gästezimmer. Du weißt doch, wie Single Wohnungen sind“, grinste Gerrit leicht, um die eh schon so angespannte Situation etwas zu lichten. „Ja, dass hab ich auch nicht anders erwartet. Wahrscheinlich müsste man auch erst noch einkaufen gehen, damit man ein Stück Brot hat“, gab Michael in einem süßen Ton von sich. „Ja, ja, aber bei Dir sieht es auch nicht besser aus, Du magst zwar ein Gästezimmer haben, doch zu essen hast Du auch nichts. Bierflaschen lassen sich noch nicht verzehren“, konterte Gerrit und die beiden mussten grinsen. Doch sie kehrten auch schnell wieder zum Ernst der Lage zurück.
Aber ein Problem bleibt noch. Alex kann auf keinen Fall allein bleiben!“, stellte Michael fest. „Das ist doch kein Problem, Du rufst beim Staatsanwalt an, schilderst ihm die Sachlage und dann versuchst Du für mich Urlaub zu bekommen“, sagte Gerrit und sah Michael an. „Das ist keine so schlechte Idee, doch Du behältst Deinen Urlaub, ich kann keinen mehr bekommen. Erst in 1 Monat vielleicht. Aber ich habe noch reichlich Überstunden, und die werde ich versuchen durchzusetzen“, gab Michael von sich und Griff schon zum Telefon. Gerrit nickt nur und wartete ab. Doch er konnte dem Gespräch nicht weiter folgen. Er sah wie Alex sich hin und her wälzte und versuchte um sich zu schlagen. Er rannte zu ihr hin. „Alex…, Alex…ganz ruhig, Du hast nur schlecht geträumt“, redete Gerrit sanft auf sie ein und Strich ihr vorsichtig über die Haare. „Es war so schrecklich“, schluchzte Alex auf und weinte und weinte. Gerrit war wieder hilflos und wusste nicht, was er sagen wollte, es tat ihm in der Seele weh, wie sehr seine Kollegin und Freundin litt. Er strich ihr sanft über ihr Gesicht, dass zittern von Alex wurde nicht mehr und es schien sie etwas zu beruhigen. Doch etwas beunruhigte ihn. Er sah zu Michael, der gerade fertig war und besorgt zu Gerrit trat. „Michael, ich glaub’ Alex hat Fieber, aber ich bin mir nicht sicher“, gab Gerrit besorgt von sich. Michael sah Gerrit an und fühlte die Stirn von Alex, „Ja Du hast recht“, sie hat Fieber. Vermutlich durch die ganze Erschöpfung und vom weinen“, versuchte Michael Gerrit etwas zu beruhigen, doch die Sorgen nahmen kein Ende. „Ach bevor ich dass vergesse, Du musst ab morgen den Dienst zusammen mit Jan machen. Ich hab für eine Woche frei bekommen. Und dann müssen wir weiter sehen. Da wir heute Samstag haben, können wir auch nicht viel machen. Ein Arzt hat erst am Montag wieder offen. Es sei denn, es wird schlimmer, was ich nicht hoffen möchte“, sagte Michael noch und ging zu seinem Schreibtisch und um noch bei seinem Sohn anzurufen. Alex wälzte sich hin und her und weinte, sie fand keine Ruhe mehr. Gerrit versuchte sie zu beruhigen, doch es gelang ihm nicht.
Hilflos musste er mit ansehen, wie Alex die inneren Gedanken zerfleischten. Sie fand keine Ruhe mehr, redete vor sich und das Fieber schien auch zu steigen. So saß Gerrit einfach nur da und streichelte ihr sanft mehrmals über den Kopf. Was sie selbst ihm Halbschlaf durchzucken ließ. Alex’ Körper kann nicht mehr, kraftlos liegt sie da und durchlebt in ihren Fieberträumen das geschehen. Die widerlichen Berührungen, die sie über sich ergehen lassen musste, kamen immer wieder in ihr hoch. Eine persönliche Grenze wurde von ihr gewaltsam durchbrochen. Die Ratlosigkeit von Gerrit nahm immer mehr zu, er wusste einfach nicht, was er machen sollte. Wenn er sie versuchte in den Arm zu nehmen, begann sie um sich zu schlagen, wenn er sie streichelte, dafür reichten auch schon sanfte Berührungen, begann sie heftigs zu zittern an und weinte ganz doll. Überhaupt wusste auch Michael, als er fertig war mit telefonieren nicht, wie es weiter gehen sollte. „Gerrit, ich nehme Alex jetzt zu mir, ich hab eben noch einmal mit dem Staatsanwalt gesprochen, ich darf schon Schluss machen. Somit musst Du den Wochenenddienst allein führen“, sagte Michael. „Gut, dann helfe ich Dir mit Alex und werd’ dann gegen Abend vorbei schauen. Und Dir ggf. etwas helfen“, setzte Gerrit noch hinzu. Vorsichtig kniete sich Michael zu Alex runter und weckte sie sanft aus ihren Fieberträumen auf. „Alex, ich bin’s Michael. Kannst Du aufstehen, damit wir zum Auto können. Gerrit und ich werden uns um Dich kümmern, solange Du krank bist und es Dir nicht gut geht. Du wirst bei mir im Gästezimmer wohnen“, sagte Michael liebevoll. Alex nickte nur, zu mehr war sie nicht mehr in der Verfassung. Sie war sogar so kraftlos, dass sie es kaum mitbekam, wie sie paar Minuten später im Auto saß und nachher im Gästezimmer von Michael lag. Nun lag sie da und fieberte immer weiter, zudem quälten sie die schrecklichen Erinnerungen. Michael brachte ihr Tee und misste Fieber. „39,3° ganz schön viel, hoffentlich steigt es nicht noch weiter“, dachte sich Michael und verließ wieder das Zimmer, da Alex eingeschlafen war. Doch keine 10 Minuten später ertönten seltsame Geräusche aus dem Zimmer. „Nein…bitte…nicht. Ich will das nicht…lassen sie mich los…Neiiinnn“, schrie Alex und schlug im Bett um sich und weinte bitter. Doch auch als Michael am Bett von ihr saß, kam sie nicht zur Ruhe, immer wieder erschienen die schrecklichen Bilder vor ihr. Das schlimmste war sogar, Alex kann sich wieder voll und ganz an das Geschehen erinnern. Da sie gerade zur Ruhe kam und die Gedanken aus lauter Kraftlosigkeit nicht unterdrücken konnte, erinnerte sie sich nach und nach immer mehr an das, was geschehen war. „Alex…ganz ruhig…schsch…es ist vorbei, Du bist in Sicherheit“, versuchte Michael Alex liebevoll zu beruhigen, doch es gelang ihm nicht. Alex war in ihren Träumen gefangen. „Nein…ich will dass nicht…bitte…lassen sie das…Au, sie tun mir weh“, schrie Alex immer wieder und weinte unentwegt. Immer wieder schlug sie um sich, doch sie wachte einfach nicht auf. Michael saß einfach nur da und wusste nicht, was er machen sollte, vereinzelt liefen ihm Tränen über die Wangen, wenn er so mit erlebte und hörte, was seine Kollegin und beste Freundin in der vergangenen Nacht durch machen musste. Alex durchlebte den Traum, aber völlig verzerrt und immer nur in Bruchstücken. Ihr Körper kam nicht mehr zur Ruhe, völlig kraftlos durchlebte sie den Traum und konnte sich nicht mehr wehren. Immer wieder wälzte sie sich hin und her und weinte. Michael merkte es, dass Alex keine Ruhephase mehr hatte. So ging er aus dem Zimmer, holte sein Handy und rief einen Notarzt. „So kann es nicht mehr weiter gehen“, ging es ihm durch den Kopf, während er die Nummer wählte. Anschließend ging er wieder zu Alex, die immer noch da lag und weinte und versuchte sich zu wehren und es nicht mehr konnte.
Es dauerte auch noch eine ganze Weile, bis endlich der Notarzt kam. Michael war erleichtert, er wusste einfach nicht mehr weiter. Alex war in ihren Träumen gefangen, dass Fieber bereitete ihm Sorgen, überhaupt hatte er so seine gute Freundin noch nie gesehen – zumindest nicht in so einem elenden Zustand. Zwar war Alex schon des Öfteren krank gewesen, doch so wie sie da lag noch nie. Völlig verstört, apathisch und in ihren Gedanken gefangen. Immer noch zitterte sie am ganzen Leib, doch Michael war sich nicht sicher, ob es vom Fieber kommt, oder ob es doch die Erinnerungen sind, die sie wieder so zittern lassen. Doch als Michael ihre Stirn fühlte, wurde ihm klar, dass es vom Fieber kommt. „Wo bleibt denn der Arzt“, fragte sich Michael immer wieder. Er ging in seiner Wohnung auf und ab, wusste einfach nicht mehr, was er machen sollte, seine Gedanken schwirrten nur um Alex. Doch dann wurde er aus seinen Gedanken gerissen, es klingelte an der Tür. „Endlich, ich weiß einfach nicht mehr weiter“, sprach Michael den Arzt an. Und klärte ihn auf, was sich in der gestrigen Nacht ereignete und wie es Alex derzeit geht. Wie sie immer wieder die Erinnerungen durchlebt, zittert, sobald man sie nur berührte. Der Arzt hörte sich alles genau an und nickte. Nun betrat er mit Michael das Zimmer und wieder musste er Alex vorsichtig aus ihren verwirrten Träumen wecken. Doch diesmal gelang es ihm sofort und Alex öffnete ihre Augen und sah ihn mit fiebrigen und tränennassen Augen an. Für Michael war es wiederholt ein Schock, wenn er in diese traurigen und glanzlosen Augen sah. Michael ging in aus dem Raum, während der Arzt sich um Alex kümmerte. Es dauerte auch eine ganze Zeit, ehe der Arzt aus dem Zimmer kam und sein Blick verhieß nichts Gutes. „Herr Naseband, es ist gut, dass Sie mich geholt haben. Ihre Sorgen sind berechtigt, ihre Freundin ist psychisch und physisch sehr angeschlagen. Und um es auch kurz zu machen, wenn sie mich nicht geholt hätten, dann wäre es wohl eine Frage der Zeit gewesen und der Körper von Frau Rietz hätte schlapp gemacht. Ich habe ihr nun eine Beruhigungsspritze gegeben und ein leichtes Schlafmittel verabreicht, dass sollte reichen und Frau Rietz müsste ohne große Zwischenfälle durchschlafen können. Sollte Sie dennoch aufwachen und/oder das Fieber steigt, dann zögern Sie bitte nicht und rufen mich umgehend an. Am Montag sollte Frau Rietz unbedingt zu ihrem Hausarzt“, sprach der Arzt besorgt mit Michael. Michael ist geschockt, zwar wusste er, dass es Alex sehr schlecht geht, doch so schlecht, dass schon fast ihr Körper schlapp machen könnte. Nein, dass hatte er nicht gewusst. „Herr Naseband, es gibt da noch eine Sache. Frau Rietz sollte sich schnellstens einen Schwangerschaftstest unterziehen und einen Aids Test durchführen lassen, um auf Nummer sicher zu gehen. Da man nie sicher gehen kann, was solche Menschen für Krankheiten mit sich schleppen“, der Arzt sah Michael an und dieser war mehr als geschockt, er musste sich setzen.
Nachdem alles geklärt war und der Arzt aus dem Haus war, ging Michael in das Gästezimmer und musste beruhigt feststellen, dass die Mittel vom Arzt angeschlagen hatten und sie derzeit ruhig schläft. Etwas erleichtert ging er aus dem Zimmer und griff zum Telefon, schließlich hatte er Gerrit versprochen, sich zu melden. „Gerrit Grass, K11?“ – „Hallo Gerrit, ich bin’ Michael“…“Wie geht es Alex?“, unterbrach ihn Gerrit, ehe Michael noch etwas hinzufügen konnte. „Ja, deshalb rufe ich ja an. Ich musste einen Arzt rufen, da es Alex schlechter ging“, und nun erzählte er Gerrit alles, es tat ihm gut, jemanden zu haben, mit dem er kurz darüber sprechen konnte. Da es ihm doch alles sehr nahe ging. „Michael, ich komme gegen Abend nachher bei Dir vorbei und dann reden wir weiter. Ich hab’ eben mit Karsten, dem Freund von Lucy Franz gesprochen. Ihr geht es etwas besser und beide werden Morgen vorbei kommen und versuchen eine ungefähre Personbeschreibung abzugeben. Viel wird dabei nicht herauskommen. Da beide Strumpfmasken getragen hatten und das Gesicht dadurch verdeckt war“, sprach Gerrit noch kurz mit Michael. Doch die beiden mussten auflegen, Michael vernahm ein ganz leises Schluchzen aus dem Gästezimmer. „Gerrit, ich muss Schluss machen, ich muss nach Alex sehen. Wir sehen uns heute Abend“, teilte Michael Gerrit schnell mit und legte auf. Sofort lief er zu Alex und öffnete die Tür, sie lag wieder da, ihre Augen diesmal geöffnet und weinte leicht. „Es war so schrecklich, Michael“, sagte Alex und schon schlief sie wieder ein, da die Wirkung des Schlafmittels noch anhielt.
Michael sah sie an und musste sich bemühen, seine Tränen zu unterdrücken. „Arme Alex, wenn ich gewusst hätte was Dir an diesem Abend widerfährt, dann hätte ich nie so einen Kommentar abgelassen. Es tut mir so leid“, sagte Michael leise vor sich hin, während er einzelne Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Immer wieder gingen ihm in diesem Augenblick die Sprüche durch den Kopf, die er Alex vor dem Treffen mit ihrer Freundin an den Kopf gehauen hatte. Michael begann sich Vorwürfe zu machen, auch wenn ihn eigentlich keine Schuld traf, so machte er sich dennoch welche. Während Alex ruhig schlummernd da lag, außer hin und wieder ein aufschluchzen zu hören war, saß er neben ihrem Bett und weinte, Die ganze Verzweiflung und Ratlosigkeit, fiel von ihm ab. Es tat ihm weh, wenn er mit ansehen musste, wie sehr Alex litt. Und Gerrit erging es nicht anders, während er versuchte aus den wenigen Angaben, die es bisher gab, etwas zu finden – so machte er sich viele Gedanken um seine Kollegin.
Teil 10
Endlich war Gerrit nun auch mit den restlichen Akten durch und er konnte sich auf den Weg machen. So packte er alles zusammen, nahm vorsichtshalber den Bericht von der Vergewaltigung mit und fuhr zu Michael. Dieser saß immer noch am Bett, der inzwischen ruhig schlafenden Alex, doch wenn man genau hinsah, konnte man sehen, wie Alex im Schlaf weinte. Ihr ganzes Gesicht war inzwischen vom weinen völlig verquollen. „Und wie blass sie doch ist“, bereitete es Michael immer mehr Sorgen. Doch er wird je aus seinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klingelte. Michael sah noch kurz zu Alex und ging dann halbwegs beruhigt aus dem Zimmer und öffnete die Tür. Wie nicht anders zu erwarten war, stand Gerrit vor der Tür und betrat nun die Wohnung von Michael. Er sah sich kurz um und war echt erstaunt, wie Michael seine Wohnung eingerichtet hatte. „Da stehen ja bei mir noch mehr Möbel“, dachte sich Gerrit im Stillen und setzte sich auf das Zweiersofa, welches ganz in einer Ecke stand. Michael vergewisserte sich noch mal, dass Alex auch wirklich ruhig schlief und setze sich dann neben Gerrit. Beide saßen einfach nur da, Michael war ziemlich erschöpft, dies sah man ihm auf dem ersten Blick auch an. Und Gerrit begann sich Gedanken zu machen. „Michael, wie geht es Dir?“, fragte Gerrit und sah ihn von der Seite her an. „Es geht, ist alles doch ziemlich anstrengend“, antwortete dieser ehrlich, denn er wusste, dass er Gerrit nichts vormachen konnte. Doch Gerrit merkte auch, dass es nicht alles war, was ihm Michael erzählte, doch er fragte nicht weiter. „Ich hab hier noch mal den Bericht mitgebracht, aber so wirklich weiter sind wir nicht. Zum Glück konnten bei Lucy Franz noch Sperma Spuren gesichert werden. Eine direkte Personenbeschreibung werden wir hoffentlich morgen erhalten. Doch viel können wir nicht erwarten“, versuchte Gerrit Michael zu erklären, doch dieser hörte immer nur Bruchstücke von dem was Gerrit berichtete. Immer wieder war er mit seinen Gedanken bei seiner Kollegin. „Warum ausgerechnet Alex?“, fragte sich Michael immer wieder leise vor sich hin. Gerrit sah ihn mitfühlend an. „Michael, es ist passiert, wir können nur hoffen, dass Alex stark genug sein wird, um darüber hinweg zu kommen. Niemand konnte vorher erahnen, dass es Alex oder auch ihre Freundin treffen würde. Wir müssen nun stark sein und sehen, dass wir für sie da sind. Zudem müssen wir unbedingt herausfinden, wer diese Typen sind“, fügte Gerrit hinzu, aber auch ihm gingen viele Fragen durch den Kopf. Doch er versuchte die Gedanken zu verdrängen. Denn sonst würden sie nie in den Ermittlungen vorankommen. „Und einer muss ja die Arbeit machen“, dachte sich Gerrit und sah abermals Michael an. „Michael, hörst Du mir überhaupt zu?“, erkundigte sich Gerrit. Doch von Michael kam keine Reaktion, er starrte mit offenen Augen aus dem Wohnzimmerfenster und rührte sich nicht.
„Michael!“, sagte Gerrit in einem energischen, aber dennoch sanften Ton und legt eine Hand auf seine Schulter. „Ich weiß, dass es Dir zu schaffen macht, aber Du, bzw. wir müssen auch nach vorne sehen. Es ist nun einmal passiert und man kann das Geschehne nicht rückgängig machen“, fügte Gerrit hinzu und sah Michael an. Doch dieser saß einfach nur da und starrte ganz apathisch aus dem Fenster. Doch als Gerrit genauer hinsah, konnte er erkennen, dass ihm einzelne Tränen über die Wangen liefen. „Michael, was ist los? Es ist doch nicht nur die Vergewaltigung, die Dir zu schaffen macht, oder?“, erkundigte sich Gerrit besorgt. Nun erst drehte sich Michael zu Gerrit um und sah ihn an.
„Ich kenne Alex nun seit mehr als 3 Jahren, wir haben vieles durch gestanden, als Freunde. Waren füreinander da, wenn es einem schlecht ging. Aber das hier“, und Michael stockte einen Moment. „Das hier ist zu viel, so habe ich Alex noch nie erlebt. Sie ist völlig verstört, ängstlich und verwirrt, nimmt kaum etwas wahr und zittert nur.
Vielleicht hätten wir das alles auch verhindern können?“, sagte Michael leise und sah wieder zum Fenster hinaus.
Er machte sich innerlich viele Vorwürfe und gab sich die Schuld für die Vergewaltigung an seiner Kollegin
„Wie meinst Du das? Warum hätten wir das verhindern können?“, fragte Gerrit etwas verwirrt und verstand nicht, worauf Michael hinaus wollte. Michael sah zum immer noch zum Fenster hinaus und einzelne Tränen liefen ihm über die Wangen. Er wischte sich diese weg und drehte sich ruckartig um und starrte Gerrit in die Augen.
„Verstehst Du das nicht? Es sind nicht die ersten Vergewaltigungen, wie Du sicherlich weißt! Was ist, wenn wir bei den Ermittlungen etwas übersehen haben? Dann würden diese Schweine nicht mehr frei herum laufen, sonst längst hinter Schloss und Riegel sitzen. Und Alex wäre das nie passiert!“, sagte Michael in einem leicht aggressiven und traurigen Ton.
„Michael! Das ist doch nicht Dein Ernst? Du kannst Dir doch nicht für etwas die Schuld geben, was Du auch nicht verhindern hättest können! Wir haben alles richtig gemacht, davon bin ich überzeugt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir etwas übersehen haben, Nein!“, fügte Gerrit nur noch ungläubig hinzu.
Es herrschte Stille, keiner der beiden sagte etwas. Michael sah immer noch schweigend und mit Tränen in den Augen, aus dem Fenster. Gerrit gingen die Worte nicht von Michael aus dem Kopf. So langsam war sich Gerrit auch nicht mehr so sicher. Er nahm sich vor, am Sonntag im K11 noch mal alle Akten und Berichte durchzugehen. „Trotzdem, ich glaube, dass wir etwas übersehen haben. Es gab schließlich viele Spuren und Hinweise, vielleicht haben wir da etwas übersehen“, beharrte Michael fest. Gerrit merkte, dass es keinen weiter Sinn mehr machte Michael zu erklären, dass ihm keine Schuld trifft. „Michael?“, begann Gerrit etwas unsicher. „Ja?“, fragte Michael und sah immer noch zum Fenster hinaus. „Was machen wir eigentlich mit Alex? Wäre es nicht das Beste, wenn sie zu einem Psychologen geht? Und vernommen werden muss Alex auch noch. Wir brauchen dringend ihre Aussage“, bemerkte Gerrit. „Wenn ich das wusste!“, seufzte Michael. „So lange sie noch Fieber hat, können wir sowieso nichts machen. Zudem muss ich am Montag mit Alex zum Arzt, egal wie es ihr geht“, und Michael sah niedergeschlagen zu Gerrit. „Wieso Arzt? Davon hast Du mir nichts erzählt“, stellte Gerrit fest und sah erstaunt und fragend Michael an. „Tut mir leid, dass hatte ich völlig vergessen Dir zu erzählen“, entschuldigte sich Michael bei Gerrit. Und nun berichtete Michael Gerrit alles, was er noch vom Arzt erfahren hat und das er ratlos ist und noch immer nicht weiß, wie er Alex das beibringen soll. „Bitte nicht das auch noch! Das verkraftet Alex in ihrem Zustanden derzeit nicht. Hoffentlich geht bei den Untersuchungen alles gut. Aber wie wollen wir ihr das erklären?“, und Gerrit sah fragend Michael an. „Lass es uns beiden ihr sagen, am besten Du kommst morgen Abend wieder hierher und dann müssen wir in den sauren Apfel beißen. Uns bleibt nichts anderes übrig“, und Michael gähnte und sah müde zur Uhr, es war erst 21 Uhr. Gerrit sah besorgt zu Michael. Gerrit stellte fest, dass Michael relativ blass und erschöpft aussieht. Doch was sollte er machen? „Wenn ich ihn nun darauf aufmerksam machen, lehnt er es dennoch ab“, machte sich Gerrit Gedanken und wurde aus denen gerissen, als er ein Schluchzen aus dem Gästezimmer wahrnahm. „Das ist Alex“, sagte Michael und wollte schon aufstehen. Doch Gerrit hielt ihn zurück. „Ruh’ Du Dich aus. Ich gehe zu Alex und kümmere mich um sie“, sagte Gerrit besorgt zu Michael und stand schon auf und ging zu Alex’ ins Zimmer. Michael legte sich auf sein Zweiersofa, starrte traurig und gedankenverloren zu Decke. Und schlief kurze Zeit später müde und erschöpft ein.
Gerrit trat vorsichtig an das Bett von Alex, diese lag mit halb geschlossen Augen da uns starrte an die Decke, dabei liefen ihr erneut Tränen über die Wangen. Ihr Augen sind immer noch völlig rot vom weinen. „Alex, ich bin bei Dir, versuch wieder zu schlafen, damit Du zu Kräften kommst“, sprach Gerrit sanft zu Alex und streichelte sie zärtlich durch ihre Haare. Wieder zuckte sie zusammen und begann zu zittern an. Alex drehte sich um und weinte sich leise in den Schlaf. Gerrit blieb noch bei ihr und machte sich Sorgen. „Was machen wir bloß mit Dir? Wie können wir Dir helfen, ohne Dir weh zu tun oder Erinnerungen hervorzurufen?“, murmelte Gerrit leise vor sich hin. Doch er kam auf keine Lösung, immer mehr Ratlosigkeit stieg in ihm auf. Nachdem Alex nun wieder ruhig eingeschlafen ist, deckte er sie richtig zu und ging aus dem Zimmer. Als er das Wohnzimmer betrat, sah er Michael ruhig schlummernd auf dem überkleinen Sofa liegen und musste grinsen. Doch er ließ ihn einfach schlafen, deckte ihn zu. Bevor Gerrit sich selbst auf dem Weg machte, legte er einen kleinen Zette für Michael auf den Tisch und ging. Gerrit schlenderte gedankenverloren durch die Straßen und dachte über alles nach. Langsam stiegen Tränen der Verzweiflung in ihm auf. Doch er versuchte die Tränen nicht zu unterdrücken, so ging er weinend durch die dunklen Straßen von München und machte sich Gedanken. Doch er kam zu keiner Lösung, hilflos schloss er seine Wohnung auf und legte sich mit einem tiefen Seufzer auf seine Couch. Gerrit versuchte etwas zur Ruhe zu kommen, doch es gelang ihm nicht. Alles wurde ihm langsam aber sicher doch zu viel. Er muss nun alleine Arbeiten, sich um Michael und Alex kümmern. „Michael kann das nicht alleine schaffen, der ist ja jetzt schon fix und fertig. Ich schaff das schon“, sprach sich Gerrit selber Mut zu und ermunterte sich soweit, dass er zur Akte Griff und noch einmal alles durchging. Doch nach einer langen Zeit fielen ihm die Augen zu und er schlief mit der Akte auf dem Arm ein. Und so schliefen alle, bis es spät in der Nacht war, genauer 2:30 Uhr in der Frühe. Michael wachte gerade aus seiner ungemütlichen Schlafhaltung auf. Er sah sich etwas verwirrt um und entdeckte dann die Nachricht von Gerrit.
„Hallo Michael,
Nachdem ich Alex wieder beruhigt hatte, ist sie eingeschlafen und da Du auch eingeschlafen hast, hab’ ich Dich nicht geweckt. Wenn Du meine Hilfe brauchst, dann zögere nicht, sondern rufe mich an – egal wie spät das ist.
Liebe Grüße Gerrit“
Michael las sich die Nachricht durch und stand unmittelbar danach auf um nach Alex zu sehen. Er ging leise in das Zimmer und setze sich vorsichtig auf ihre Bettkante und wachte etwas an ihrem Bett. Doch wieder nickte Michael nach einer kurzen Zeit ein. Plötzlich begann Alex sich wieder hin und her zu wälzen – sie träumte schlecht. Immer wieder redete sie leise im Schlaf: „Nein, bitte nicht, ich will das nicht“, und weinte bitter dabei. Michael wachte auf und versuchte Alex sanft zu wecken. Doch als Alex ihre Augen öffnete erblickte sie nur eine große dunkle Gestalt, die sich zu ihr herunterbeugte. „Nein…bitte…bitte…nicht“, schrie Alex laut und versuchte sich zu wehren. „Alex, ganz ruhig. Ich bin’ Michael, ich tu’ Dir nichts“, sprach Michael leise auf Alex ein, doch diese konnte sich im ersten Moment nicht beruhigen, so war sie in ihren Träumen gefangen. Sie drehte sich zur Seite und weinte noch etwas weiter. Michael tat es einfach nur weh, er fühlte ich hilflos, konnte nichts machen – außer ihr zu zeigen, dass er und auch Gerrit für sie jederzeit da waren. Wie schon so häufig an diesem Tag, saß Michael nun wieder nur ratlos an ihrem Bett und versuchte sie durch ruhiges zureden und gelegentliche Streicheleinheiten zu beruhigen. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis Alex sich soweit wieder gefangen hatte, dass sie Michael mit tränennassen Augen ansah. Sie versuchte zu Lächeln, doch es gelang ihr nicht. Immer wieder muss sie nun, wo sie Michael sieht an die Nacht denken, die ihr ganzes Leben veränderte. „Es war so schrecklich, ich habe Angst“, sagte Alex und schloss ihre Augen, das Licht begann ihr weh zu tun.
Es dauerte auch nicht lange und sie schlief endlich wieder ein, doch der Schlaf von Alexandra währte nicht lange - die Wirkung des Schlaf –und Beruhigungsmittel ließ so langsam nach.
Michael saß an ihrem Bett und fuhr sanft mit seiner Hand durch ihre Haare. Er wollte ihr einfach nur zeigen, dass jemand für sie da ist. Michael erhoffte sich dadurch, dass Alex sich etwas beruhigte und friedlich weiter schlief. Doch nichts dergleichen geschah. Alex wälzte sich im Bett unruhig umher und weinte bitter. Ihre Augen waren immer noch geschlossen, dennoch laufen ihr unentwegt die Tränen über ihre Wangen. Michael machte sich große Sorgen und Gedanken, denn auch das Fieber von seiner Kollegin schien nicht zu sinken, eher im Gegenteil – es ist leicht gestiegen. Michael wusste einfach keinen Rat mehr und saß nur da und überlegte. „Wie kann ich Dir bloß helfen?“, fragte er sich erneut und sah zu Alex herab. Und so vergingen Minuten um Minuten. Immer mehr kämpfte Michael mit sich und seiner aufkommenden Müdigkeit. Auch ertappte er sich dabei, wie er immer wieder einnickte. „Du musst wach bleiben, Michael“, ermunterte er sich selbst. Und schüttelte seinen Kopf ein wenig, so als könnte er die Müdigkeit einfach abschütteln.
Doch auch wenn Alex etwas ruhiger wurde, so mochte er nicht schlafen, bzw. den Raum verlassen.
Die halbe Nacht saß Michael nun schon an ihrem Bett und versuchte sie zu beruhigen, wenn sie unruhig wurde. Dies klappte auch ganz gut und so schlief sie im Beisein von Michael ein. Und auch er musste immer mehr kämpfen, die aufkommende Erschöpfung versuchte er zu unterdrücken - sowie die Müdigkeit auch. Es war schon halb 4, als Alex sich schweißgebadet im Bett umher warf und weinte. Michael kam erschrocken zu sich, er war eingenickt. Er weckte Alexandra sachte auf, ohne sie dabei zu erschrecken. Sie öffnete ihre Augen uns sah ihm direkt in seine Augen. Plötzlich schmiss Alex sich in seine Arme und weinte und weinte. „Es war so schrecklich“, mehr als diesen einen Satz brachte sie nicht hervor, immer mehr wurde sie von Weinkrämpfen geschüttelt. Michael war völlig überrumpelt, doch er nahm sie und drückte ihren Kopf leicht gegen seine Brust. Vorsichtig setzte er sich auf ihr Bett und drückte sie erneut sanft an sich, da er bis dahin nur auf einem Stuhl gesessen hatte. Er wollte ihr einfach nur Geborgenheit und Sicherheit geben, die sie momentan so sehr benötigte. Alex lag inzwischen mit ihrem Kopf auf seinen Beinen, das Gesicht zur Seite gedreht und schluchzte. Michael streichelte ihr abwechselnd über ihre Haare und ihrem Rücken. Diesmal zuckte Alex nicht so zusammen, sie merkte, dass Michael ihr nur helfen wollte und so genoss sie die Zuwendung, die er ihr gab. Und so vergingen wieder Minuten, Alex wurde etwas ruhiger und zitterte nicht mehr so stark am Körper.
Doch Michael musste auch feststellen, dass das Fieber von seiner Kollegin immer noch nicht gesunken war. „Alex, versuch’ bitte einmal Fieber zu messen, ich hole Dir eben etwas zu trinken, ich bin gleich wieder da. Und dann versuchst Du etwas zu schlafen. Dein Körper braucht den Schlaf“, sagte Michael, legte ihren Kopf leicht beiseite und wollte aufstehen. Doch Alex hielt ihn mit letzter Kraft fest. „Bitte geh’ nicht, lass mich nicht allein, ich hab Angst“, sagte Alex leise und begann von neuem zu weinen an. „Ich lass’ Dich nicht allein, doch ich muss nur kurz in die Küche, komme aber sofort wieder“, fügte Michael sanft hinzu und verschwand kurz und holte etwas zu Trinken etc. Auf dem Weg zurück in das Zimmer, machte er sich seine Gedanken. Etwas überrascht ist Michael schon, dass Alex sich von ihm in den Arm nehmen ließ. Um noch etwas recherchieren zu können, holte er seinen Laptop aus dem Arbeitszimmer. Alex hatte währenddessen Fieber gemessen und lag nun erschöpft und schluchzend im Bett, als Michael das Zimmer wieder betrat. „Und“, fragte Michael sofort besorgt. Alex reichte ihm das Thermometer und sah drauf. „Mh, 39.5°C.“, murmelte er und legte es beiseite. „Hier Alex, versuche etwas zu trinken und dann schlaf etwas. Ich bin immer bei Dir“, versuchte Michael sie etwas zu ermuntern. Doch dies gelang ihm nicht ganz so, wie er es gern gewollt hätte. Alex trank etwas und legte kuschelte sich dann ziemlich erschöpft und müde in ihre Bettdecke und schloss ihre Augen. Michael saß mit seinem Laptop auf dem Schoß neben ihr und sah sie besorgt an. Er wusste einfach nicht, wie es weiter gehen sollte. „So wie es ihr gerade geht, so kann es nicht weiter gehen. Aber was machen können Gerrit und ich nur tun, dass es ihr bald wieder etwas besser geht? Irgendwie hab’ ich den Eindruck, dass ihr ganzer Lebenswille weg ist. Überhaupt, wie kann man ihr zeigen, dass sie auch Männern vertrauen kann? Wie kommt es eigentlich, dass sie plötzlich so an mir hängt? Wo sie gestern doch noch gezittert hatte, als ich sie nur berührte?“, Michael stellte sich Fragen über Fragen und fand zu keiner Antwort, bzw. zu einer Lösung. Nun saß er da, ziemlich hoffnungslos und niedergedrückt. Denn wie es weiter gehen sollte, dass wusste er nicht.
So saß er da und nahm seinen Laptop zur Hand, um sich etwas abzulenken. Da er sich glücklicherweise W-Lan angeschafft hatte, machte es also keine Probleme etwas im Internet zu recherchieren. So versuchte er Hilfe im Internet zu suchen. Und fand viele Informationen, wie z.B. diese. Die ihm auch viele Fragen beantworteten.
Nach einer Vergewaltigung
Die meisten Frauen versuchen, sich zuerst an ihnen nahe stehende Personen zu wenden. Sie suchen nach Möglichkeiten zur Aussprache, wollen herausfinden, wie sie mit den Folgen der Vergewaltigung zurecht kommen können, was ihnen in dieser Situation gut tut, und benötigen Aufmerksamkeit für ihren veränderten, verstörten Bezug zur Realität.
Nun wurde auch Michael klar, warum Alex plötzlich keine Angst, bzw. mehr Vertrauen zu ihm zeigte. Er war in diesem Augenblick die nahe stehende Person. Er kannte sie und umgekehrt war das auch so. Er war für sie gerade Tag und Nacht da und sorgte für sie.
Aber es gab noch immer viele Fragen und Erklärungen, die ihm auch das Internet nicht beantworten konnte. So legte er sein Laptop beiseite und sah wieder einmal besorgt und mit vielen Fragen zu seiner Kollegin herunter. Etwas beruhigt stellte Michael fest, dass sie in einen halbwegs ruhigen Schlaf gefallen ist, so drehte er sich auf der anderen Betthälfte um und versuchte etwas zu schlafen. Doch er kam kaum zur Ruhe, immer wieder kamen in ihm viele Fragen auf, die ihm keine Ruhe ließen. Auch war er innerlich viel zu aufgewühlt, um seine Gedanken zu sortieren und dabei etwas auszuspannen. Es gelang ihm einfach nicht – im Gegenteil. Die Sorgen und auch die Angst, dass von nun an alles anders werden wird, wurde größer und größer. „Wie erkläre ich ihr bloß, dass sie dringend zu einem Arzt muss? Hoffentlich ist sie nicht schwanger, oder hat sich mit HIV infiziert?“, viele Fragen gingen ihm durch den Kopf. Er war innerlich völlig zerrissen, nun konnte er auch seine aufsteigenden Tränen nicht mehr unterdrücken und weinte sich in einen unruhigen Halbschlaf.
Immer wieder wachte Michael auf, er fand einfach keine Ruhe, die Sorgen und die Ängste um seine Freundin ließen ihn nicht los. Er wachte mehrmals aus seinem Unruhigen Halbschlaf auf und sein erster Blick galt Alex, doch diese schlief einigermaßen ruhig, wie er feststellte. Zwar beruhigte es ihn etwas, doch so richtig traute er dem Frieden nicht. Und tatsächlich, es dauerte nicht lange und Alex begann sich im Schlaf umher zu wälzen, teilweise schlug sie sogar um sich. Man merkte ihr richtig an, wie sie gegen das Fieber und des Erlebten ankämpfte. Nun lag es abermals an Michael Alex zu beruhigen und ihr das nötige Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit zu geben. Gerrit erging es teilweise nicht anders, er schlief immer noch auf seiner Couch, aber unruhig und wachte früh am Morgen auf. Zu erst schaute er sich verwirrt um, bis er verstand, dass er auf der Couch eingeschlafen war. Mit Kopfschmerzen und den ganzen Sorgen, die er sich nun wieder machte, stand er auf und ging unter die Dusche. Anschließend machte er sich einen Kaffee und nahm wieder die Akte zur Hand. Da es erst 4:30 Uhr war, hatte er also noch viel Zeit, so versuchte er nochmals alles durch zu gehen, in der Hoffnung, doch noch etwas zu finde. Jedes mal beim durchforsten der Akten, die es bereits über die Vergewaltigungen gab, hoffte er inständig etwas zu finden. Doch er fand einfach nichts, was er oder seine Kollegen übersehen haben könnten. Und so saß er wieder nur da und machte sich Gedanken. „Wie soll dass ganze bloß einmal aufgeklärt werden, wenn wir einfach keine Anhaltspunkte haben? Und wie wird Alex die Sache jemals verarbeiten? Und wie erklären wir ihr bloß, dass sie ganz dringend sich untersuchen lassen muss?“, Fragen über Fragen gingen Gerrit durch den Kopf, es bereitete ihm richtig Kopfzerbrechen. Doch er fand einfach keine Antworten, mit denen er sich zufrieden geben könnte. „Hoffentlich kann sich Lucy Franz vielleicht doch an etwas erinnern?“, dachte sich nun Gerrit. Und seine ganze Hoffnung ruhte nun auf der Freundin von Alex. „Wenigstens nur ein kleiner Anhaltspunkt. Der wurde ja schon reichen, um zumindest etwas Licht ins Dunkel bringt. Alex wird wohl noch nicht in der Verfassung sein, um sie etwas zu vernehmen. Doch lange können wir auch das nicht aufschieben. Auch wenn es mir weh tut, sie auszufragen, umgehen kann ich es nicht“, machte sich Gerrit so seine Gedanken und Sorgen. Und so war er in Gedanken versunken, dass er nicht auf die Uhr schaute und die Zeit völlig vergessen hatte. So sprang er von der Couch auf, schnappte sich seine Jacke und fuhr ins Kommissariat. Da es schon mittlerweile 10:00 Uhr war und in 2 Stunden Lucy Franz kommen sollte zu Vernehmung, holte er sich nur schnell etwas zu Essen aus der Kantine und rannte hinauf ins Büro. Und wieder lag nun ein neuer Bericht auf den Tisch, er setze sich auf den Stuhl von Alex’ Schreibtisch und las sich durch, was sich wieder einmal in der Nacht ereignete. Und wieder gab es eine Vergewaltigungen, alles lief nach dem selber Muster ab. Die Frauen wurden verfolgt, beobachtet und abgepasst. Doch diesmal wurden die beiden Frauen nach der Vergewaltigung ermordet. Gerrit saß einfach nur da und war geschockt. „Hoffentlich wird das alles bald ein Ende nehmen“, sagte er leise und sah Gedankenverloren aus dem Fenster.
Gerrit saß einfach nur da, erst jetzt merkte er so richtig, wie die ganze Angelegenheit ihm zu schaffen machte und langsam begann an seinen Nerven zu zehren.
Er wusste einfach nicht mehr weiter, ein paar kleine einsame Tränen suchten den Weg über seine Wangen, leise begann er zu Schluchzen. Schnell wischte sich Gerrit die Tränen aus dem Gesicht und richtete sich am Schreibtisch wieder auf, als es an der Tür klopfte. Lucy Franz und ihr Freund Carsten Dittberner betraten das Büro. „Meine Freundin sollte sich bei Ihnen noch einmal melden“, sagte Carsten und hielt dabei seine leicht zitternde Freundin an der Hand. „Danke, dass Sie so schnell vorbei kommen konnte“, begann Gerrit das Gespräch, er hoffte einfach inständig die richtigen Worte zu finden, so dass Lucy in der Lage ist, die Fragen halbwegs zu beantworten, ohne dass es ihr sehr schlecht ging. „Frau Franz, ich bin Gerrit, so können Sie mich auch nennen, ich danke Ihnen, dass Sie noch einmal hier her gekommen sind. Ich kann mir gut vorstellen, wie es Ihnen derzeit geht, dennoch bin ich auf ihre Hilfe angewiesen“, sprach Gerrit in einem möglichst ruhigen Ton mit ihr. Er musste sich zusammen reißen, um seine Fassung zu wahren und nicht selber in Tränen auszubrechen.
Lucy nickte und setze sich mit ihrem Freund, der seinen Arm beschützend um sie legte auf die schwarze Ledergarnitur, die im Büro stand. „Sagen Sie doch bitte Lucy zu mir. Wie geht es meiner Freundin Alexandra?“, fragte sie nun mit leicht zitternden Stimme. „Alex geht es nicht so gut, sie liegt mit Fieber im Bett. Michael Naseband, mein Kollege kümmert sich gerade um sie. Sind Sie bereit, mir ein paar Fragen zu beantworten, damit wir es so schnell wie möglich hinter uns bringen können?“, fragte Gerrit und versuchte das Thema Alex zu verdrängen, da er Lucy nicht auch noch damit belasten möchte. Auch wenn sie die Freundin ist.
Lucy nickte und hielt mit aller Kraft die Hand ihres Freundes fest, sie versuchte gegen die Tränen anzukämpfen, was ihr auch im ersten Moment gelang, doch als es darum ging, noch einmal alle Einzelheiten des Tathergangs wieder zu geben, brach sie in Tränen aus und schmiss sich in die Arme ihres Freundes. Gerrit saß hilflos und es tat ihm weh, wie sehr doch auch Lucy unter der Sache noch litt. Er wartete etwas ab, doch er musste fortfahren, sonst würde er nie vielleicht doch noch Sachen erfahren, die wichtig sein könnten für die weiteren Ermittlungen. „Lucy, ich weiß, dass es Ihnen gerade nicht gut geht, doch meinen Sie, Sie könnten mir noch ein paar Fragen beantworten?“, fragte Gerrit ganz sanft. „Lucy nickte unter Tränen und richtete sich auf. „Danke! Lucy können Sie sich vielleicht an etwas ungewöhnlichen erinnern? Trugen die Täter auffallende Kleidung, oder hatten sie vielleicht Merkmale, wie ein Piercing oder ein Tattoo? Sprachen die Täter möglicherweise in einem ausländischen Akzent? Oder gab es vielleicht Merkmale, die auch von wichtiger Bedeutung sein könnten? Bitte denke Sie in aller Ruhe nach, sie würden mir und auch vielen Opfern damit helfen, wenn wir vielleicht doch einen Anhaltspunkt haben“, fragte Gerrit sie und sah sie mit einem flehenden Blick an.
Gerrit merkte, sie sehr im die Sache immer mehr zusetzte, er fühlte sich schwach, ausgelaugt und hilflos. Lucy dachte währenddessen angestrengt nach, immer wieder liefen die Bilder von der schrecklichen Nacht vor ihren Augen ab, sie weinte, doch schnell wischte sie sich die Tränen auch weg. Sie möchte helfen und grübelte und grübelte. Es vergingen Minuten um Minuten, zwischendurch ist nur ein Aufschluchzen von Lucy zu hören. Jetzt endlich richtete sich Lucy auf und sah Gerrit in die Augen. Sie versuchte es zumindest, doch schnell sah sie wieder weg. Sie konnte einfach noch kaum einen Mann ins Gesicht gucken. „Wenn ich mich recht erinnere, hatte der einer der beiden Männer, welchen weiß ich jetzt nicht, da sie beide dieselbe Kleidung trugen, ein Tattoo am rechten Handgelenk. Ich meine auch, dass es ein Drachen mit einem Kreuz war, aber sicher bin ich mir nicht. Zudem sprach der eine in einem ausländischen Akzent, es könnte ein Türke gewesen sein, aber wie gesagt, ich bin mir nicht sicher“, sagte Lucy und schmiegte sich mit vielen einzelnen Tränen im Gesicht, an ihrem Freund. „Das ist doch auch schon mal etwas. Denken Sie aber bitte noch einmal nach, gab es noch etwas, was uns weiter helfen könnte?“, fragte Gerrit sie. „Nein, ich weiß nichts mehr“, sagte Lucy und zitterte und weinte stark. „Gut, Sie können dann gehen, danke für Ihre Hilfe. Falls Ihnen noch etwas einfällt, dann rufen Sie mich bitte auf Handy an, egal wie spät es ist“, fügte Gerrit noch hinzu und brachte die beiden zur Tür. „Grüßen Sie bitte Alexandra von mir und wünschen Sie ihr gute Besserung“, sagte Lucy noch, bis sie ins Auto stiegen und nach Hause fuhren. Anschließend setzte Gerrit sich erschöpft auf die Couch, nahm ein Stift zur Hand und schrieb die wichtigsten Details auf, die er bis jetzt hatte. Doch so richtig ergab das ganze noch kein Muster. Er hoffte nun, dass ihm Alex auch wichtige Infos geben konnte, dass Sie vielleicht etwas gesehen hatte, was der Lucy nicht aufgefallen war. „Doch erst mal muss Alex wieder soweit gesund werden. Hoffentlich geht morgen alles gut beim Arzt und es setzt ihr nicht alles so zu. Aber erst mal müssen Michael und ich die Gelegenheit finden, Alex alles so schonend wie möglich zu erklären“, machte sich Gerrit seine Gedanken und Sorgen.
Während Gerrit versuchte sich so gut wie möglich auf die Arbeit zu konzentrieren, hatte Michael alle Hände voll zu tun, auch wenn das Fieber von Alex derzeit etwas gesunken war, so ging es ihr dennoch sehr schlecht. Da nun auch endgültig das Beruhigungsmittel seine Wirkung verloren hatte, fiel es Alex schwer ruhig einzuschlafen oder überhaupt klar zu denken und ihre Gedanken und Ängste zu sortieren. Sie lag nun im Bett, starrte ganz apathisch an die Decke und Tränen rannen ihr nur so über die Wangen. Der ganze Glanz aus ihrem Gesicht war entwichen, keine Fröhlichkeit, keine Optimismus, einfach nichts mehr war in ihrem Gesicht zu sehen. Ihre sonst so braunen glänzenden Augen, sind blass und leer. Michael sitzt immer noch im Bett neben ihr, starrt sie an und macht sich Sorgen, aber auch wieder Vorwürfe. Auch wenn ihm Gerrit immer wieder klar gemacht hatte, das ihm absolut keine Schuld traf - doch so ganz ablegen konnte er es nicht. Eigentlich fragte er sich die ganze Zeit, wie es weiter gehen sollte. Wie man Alex den Lebenswille wiedergeben konnte? Wie es nun mit dem Vertrauen zu Männern aussah? Und vor allem, wie er ihr beibringt, dass sie am nächsten Tag zum Arzt muss. „Ich weiß immer noch nicht, wer ihr Frauenarzt ist, oder hat sie eine Ärztin? Kann der auch alle Tests durchführen? Wie mache ich das bloß alles? Ich hab absolut keine Ahnung mehr, was ich noch machen soll?“, fragte sich Michael immer mehr und war ratlos. Die Sache mit Alex beschäftigte ihn so sehr, dass er bisher nicht eine Minute an sich gedacht hatte. „Wann ist der richtige Zeitpunkt, um sie anzusprechen, soll ich nicht doch lieber warten, bis Gerrit da ist? Wie wird sie es aufnehmen und verarbeiten? Wie kann ich sie etwas ablenken, damit sie nicht nur da liegt und weint? Ist es nicht vielleicht besser, wenn ich morgen auch gleich einen Psychologen, oder doch besser eine Psychologin konsultiere? Ohne ihr Wissen und Einverständnis, kann ich das machen? Besser wäre es schon, wenn sie professionelle Hilfe bekommt, ich schaff es bald auch nicht mehr!“, beantwortete sich Michael die Fragen teils selber, doch letzten endlich entschloss er sich dazu zu warten, bis Gerrit kam, um seine Meinung noch mal zu bekommen. Michael kniete sich hin, beugte sich leicht zu Alex herunter und versuchte ihr ins Gesicht zu sehen, doch sie drehte sich weg und schloss ihre Augen.
Michael gab nicht auf und sprach dennoch mit ihr, auch wenn sie ihm keines Blickes würdigte. „Alex, wenn Du reden möchtest, Gerrit oder ich, wie sind immer für Dich da. Ich möchte nur, dass Du es weißt, wie wollen Dir helfen“, sprach er sanft und zärtlich auf sie ein, vorsichtig hob er seine Hand und berührte ihren Kopf. Leicht begann sie wieder zu zittern, doch Michael strich ihr einmal leicht durch ihre Haare, um ihr einfach zu zeigen, dass er ihr nichts tun möchte und einfach nur für sie da ist. Auch wenn Michael sich nicht sicher war, ob es richtig war, so tat er es dennoch. Es entstand eine Pause, Alex drehte sich langsam wieder um, öffnete ihre Augen und sah direkt in die von sorgen betrübten Augen von Michael. Sie sah ihn kurz an, drehte sich wieder weg und rollte sich im Bett ein. Kein Augenaufschlag, kein Lächeln, einfach nichts war zu sehen, Alex zeigte keine Reaktion. Michael wusste nicht, ob er sich dennoch freuen sollte, dass sie ihm wenigstens einmal kurz in die Augen sah, oder ob er bedrückt sein sollte. Doch die Betrübtheit überwog, er selber war einfach nur hilflos und wusste keinen Ausweg mehr aus dieser doch so verzwickten Lage. Unbemerkt liefen ihm ein paar Tränen über die Wangen, er stand auf, verließ das Zimmer und kam am Spiegel ihm Flur vorbei. Er blieb stehen und sah sich an. Auch bei ihm war nichts mehr von Heiterkeit und Freude zu sehen. Traurig und blass war er und die Tränen rollten nur so über seine Wangen, er ließ es einfach zu. Es tat ihm gut, einfach alles raus zu lassen. Doch alles war nur von kurzer Dauer, er riss sich zusammen und betrat, nachdem er etwas zu essen und zu trinken aus der Küche geholt hat, das Zimmer. Alex lag da und war eingemurmelt in ihre Decke, doch es war nicht zu überhören, dass sie schluchzte. Wieder machte sich die Hilflosigkeit und Ratlosigkeit von Michael bemerkbar.
Er stand da und sah nur zu ihr, er wusste in diesem Augenblick, dass es so nicht weiter gehen kann und sie Psychologische Hilfe braucht. „Auch wenn sie strikt dagegen sein wird, ich schaff das nicht mehr länger. Hoffentlich kommt Gerrit bald. Und hat auch noch mehr über die Täter herausgefunden. Es kann so einfach nicht weiter gehen. Nein, das geht nicht!“, sagte Michael energisch zu sich selbst, stand aber paar Sekunde später wieder völlig geplättet da. Die Sorgen um seine Kollegin und beste Freundin ließ ihn nicht los. „Ist es nicht auch besser, wenn ich ihre Eltern benachrichtige? Oder sollte die das doch besser selber machen? Eigentlich habe ich ja kein Recht einfach über ihren Kopf hinweg zu entscheiden und zu handeln“, machte sich Michael selber klar. Nachdem er seine Gedanken einigermaßen sortiert hatte, ging er langsam auf Alex’ Bett zu und setze sich an die Bettkante. Langsam und zärtlich strich er ihr über den Rücken. Man konnte förmlich spüren, wie sehr Alex bei jeder Berührung innerlich zusammen zuckte und begann zu zittern. Michael nahm seine Hand weg, aber sprach sie leise an. „Alex, ich hab’ hier etwas zu trinken für Dich, Du musst etwas trinken und auch einen Kleinigkeit essen. Dein Körper braucht Nahrung“, redete er behutsam auf sie ein. „Ich hab kein Hunger, und auch keinen Durst, bitte lass mich einfach allein“, kam es schluchzend unter der Bettedecke hervor. „Alex, aber Du solltest etwas trinken…“ – „Nein, ich will nicht, bitte lass mich einfach in Ruhe“, kam es energisch aber völlig fertig und mit schluchzender Stimme von ihr. Michael war platt und hilflos. Er wollte ihr doch nur gutes tun. Aber Michael respektierte ihren Wunsch und verließ das Zimmer, wenn auch ungern, da er sie nicht so gerne allein lassen wollte. Kaum war Michael aus dem Zimmer, kam Alex leicht unter der Bettdecke hervor, zog ihre Beine an und legte ihr Kopf auf ihre Knie und weinte hemmungslos. „Ich kann nicht mehr, ich kann einfach nicht mehr und will nicht mehr“, kam es leise und leicht wütend von Alex. Immer wieder haute sie mit einer geballten Faust auf ihre Bettdecke und weinte lauthals. Michael konnte sogar das Schluchzen im Wohnzimmer vernehmen. Sein Herz krampfte innerlich so sehr zusammen, dass ihm selber wieder die Tränen kamen. Doch Michael versuchte sich zusammen zu reißen und stark zu sein, auch wenn er es eigentlich nicht mehr konnte. Doch wenn er an seine Kollegin dachte, so versuchte er sich zusammen zu reißen. „Hoffentlich kommt Gerrit bald?“, seine Hoffnung ruhte nun auf Gerrit. „Vielleicht hatte er noch Möglichkeiten an Alex heran zu kommen. Er ist zumindest der sensiblere von uns beiden Männer. Und sein Einfühlungsvermögen ist auch besser als meines“, sagte sich Michael. Plötzlich hörte er, wie sich die Tür öffnete und Alex stand im Wohnzimmer mit nur einem T- Shirt von Michael und einer Boxershorts. „Hast Du Handtücher? Und könntest Du mir einige Sachen aus meiner Wohnung besorgen, wenn ich schon bei Dir wohne, dann brauche ich auch etwas von mir“, sagte Alex in einem leicht unterkühlten Ton.
Geschockt, wie Alex mit ihm redete, sah er sie einen Moment lang nur an. „Äh, ja klar, im Kleiderschrank von mir findest Du welche. Und Kleidung von Dir bekommst Du auch. Ich werde Gerrit nachher mal drum beten, dass er bei Dir noch mal rum fährt. Dafür brauche ich den Schlüssel noch“, sagte Michael völlig verwirrt über die Haltung von Alex. „Hab’ ich ihr etwas getan? Oder was Falsches gemacht?“, fragte er sich enttäuscht. Es tat ihm weh, wie Alex ihn eben behandelte. Alex warf ihm nur noch den Schlüssel zu und ging ohne einen weiteren Ton von sich zu geben zum Kleiderschrank und holte sich ein Handtuch aus dem Schrank und verschwand ihm Bad. Dort schloss sie sich ein und zog sich langsam aus. Immer noch waren Blutergüsse, Schrammen und Verschürfungen am ganzen Körper zu sehen. Sie sah sich an und begann wieder zu weinen. Die Verletzungen am Körper riefen in ihr wieder alle Erinnerungen hoch. Schnell sprang sie unter die Dusche, rubbelte sich stark am Körper ab, da sie immer noch das Gefühl hatte, dreckig zu sein. Es klingelte gerade an der Tür, als Alex wieder im Bett lag, sie hatte sich eingekuschelt und fast unter der Decke verkrochen. Sie wollte niemanden hören, noch sehen, noch fühlen. Gerrit stand an der Tür, von Michael fiel spürbar eine Erleichterung ab. Die beiden Männer setzen sich ins Wohnzimmer und Michael berichtete Gerrit erst mal ausführlich, wie es Alex derzeit geht. Und andersherum war es auch so. Gerrit berichtete Michael von dem sehr schweren Gespräch mit ihrer Freundin. „Auch wenn es nicht anders geht Michael, wir müssen sehen, dass ich Alex so schnell wie möglich vernehme. Auch wenn es mir noch so weh tut und schwer fällt, sie ist unsere einzige Hoffnung.“ – „Wir müssen erstmal was ganz anders auf die Reihe bekommen. Wir müssen noch mit Alex reden, dass sie morgen zu einem Arzt muss“, sagte Michael etwas schwerfällig. Es ruhte nicht gerade viel Hoffnung auf ihm, dass sie es schaffen würden, Alex von dieser Sache zu berichten. „Okay, dann lass es uns jetzt versuchen, früher oder später müssen wir mit ihr reden“, sagte Gerrit und stand Schwerenherzens auf. Vorsichtig klopften sie an die Tür und öffneten diese. „Alex, können wir einen Augenblick mit Dir reden. Es ist wichtig und anschließend lassen wir Dich auch wieder in Ruhe“, fragte Gerrit sanft und mit seiner ruhigen Art. „Kann man denn nicht einmal seine Ruhe haben? Ich kann nicht mehr und will einfach nur alleine sein“, sagte Alex in einem weinerlichen Ton.
„Alex, es tut uns leid, doch es ist wichtig. Bitte höre uns einen Moment zu, dann lassen wir Dich auch allein“, sagte Gerrit in einem ruhigen Ton, dabei versuchte er so gut wie möglich seine Anspannung zu unterdrücken, was ihm auch teilweise gelang. Michael stand daneben, er machte sich jetzt schon Gedanken, wie es Alex gehen wird, wenn sie alles weiß und durch das Gespräch die Erinnerungen hervorgerufen werden. Dabei hatte das Gespräch noch nicht einmal begonnen. Alex blockte immer noch ab, mit viel Mühe und Überredungskunst gelang es schließlich beiden, Alex umzustimmen, so dass sie sich nun im Bett aufrichtete – ihr Blick jedoch war nur auf ihre Bettdecke gerichtet. Michael und Gerrit setzen sich nun aufs Bett und guckten sich beide an, keiner wusste so recht, wie sie anfangen sollten. Das es letztendlich schwer werden wird, dass ist beiden klar, doch nun fehlten ihnen auch die passenden Worte. „Was ist denn nun?“, fragte Alex, die eigentlich gerne allein sein wollte. „Es ist so, am Freitag Nacht war doch der Notarzt hier und durch das Geschehen besteht die Möglichkeit, dass Du Dich angesteckt haben könntest, oder…“, Michael brach ab, er sah, wie sich in Alex ihren Augen Tränen sammelten, es fiel ihm so oder so schwer, noch immer war er sich unsicher, ob er überhaupt richtig angefangen hatte. Das Wort Vergewaltigung konnte er einfach nicht über seine Lippen bringen. Nun saßen beide wieder da, hilflos und sich selbst überlassen. Alex saß da und weinte, doch wenn Gerrit oder Michael ihr nur aufmunternd über die Schulter streichelten, zuckte sie zusammen. „Alex, es tut uns leid, aber es war noch nicht einmal alles. Wir müssen es Dir sagen. Es besteht auch die Gefahr, dass Du schwanger sein könntest, oder Dich mit HIV infiziert haben könntest. Du musst morgen dringen zu einem Arzt. Einer von uns, wird Dich begleiten, wenn Du es möchtest. Aber allein gehen sollest Du auf keinen Fall“, sagte Gerrit, dabei liefen ihm schon selber ein paar Tränen herunter. Es war einfach unfassbar, dass man Alex in dem eh schon so schweren Wochen auch noch solche Nachrichten beibringen musste. Alex sah nun zum ersten Mal Gerrit in die Augen, sie traute ihren Ohren nicht. „Nein…nein, dass kann nicht sein. Bitte nicht…bitte“, flehte Alex nun und weinte heftigs.
Michael versuchte es nun nochmals sie in seine Arme zu schließen. Alex ließ in dem Moment alles zu, aber sie spürte auch, dass hier welche sind, die ihr helfen wollten. Doch dass Alex leicht zitterte, dass konnte keiner verhindern, das kam schon von ganz allein. Alex weinte und schluchzte mehrmals auf. „Es wird alles wieder gut werden, Du wirst es schaffen, wir sind beide immer für Dich da. Wir werden Dir helfen und Dich nicht allein lassen“, sagte nun Gerrit sanft und in einem möglichst ruhigen Ton, dabei musste er sich sehr anstrengen, dass er nicht selber noch weinte. Auch Michael kämpfte unterdessen sehr mit seiner Fassung, noch immer lag Alex weinend in seinen Armen und ließ sich kaum noch beruhigen. „Alex, wer ist denn Dein Frauenärztin?“, fragte Michael ganz vorsichtig. Es dauerte eine Weile, bis Alex etwas sagte. Dann sah sie Michael kurz an und sagte. „Es ist ein Mann, er heißt Dr. Montag“, Alex liefen erneut die Tränen herunter. Der Gedanke, morgen bei einem männlichen Arzt in Behandlung zu sein jagte ihr Angst ein. Auch wenn sie den Arzt sehr gut kannte und er sie auch, doch so hatte sie sehr viel Angst. Der Gedanke, sich morgen von einem Arzt untersuchen zu lassen, ließ sie zusammen zucken, dabei zitterte Alex immer mehr. Michael und Gerrit konnten sich denken, warum Alex plötzlich völlig verstört war, auch die beiden hatten ein und denselben Gedanken. „Doch was sollen wir machen? Eine Frauenärztin aufsuchen ist ja kein Problem, doch Alex kannte sie nicht! Und so bestand auch kein Vertrauen zu der Person und das war der momentanen Lage, in der sich Alex befindet nicht so gut“, dachte sich Gerrit und seufzte leise auf. „Ich will allein sein, lasst mich bitte allein. Geht einfach“, sagte Alex plötzlich und riss sich von Michael los.
„Sie brach mit einem Weinkrampf zusammen, es klang alles so unglaublich, als wäre das ganze nur ein Traum und sie würde jeden Moment aufwachen und alles ist vorbei. Doch es war kein Traum, es war Realität und das wurde ihr immer mehr klar. „Ich kann und will einfach nicht mehr! Wie soll das bloß weiter gehen?“, sprach Alex leise vor sich hin. Im inneren merkte sie, wie sehr sie sich nach einer vertrauten Person sehnt. Die sie kennt, ohne das Alex etwas sagen musste. „Mama, ich brauche Dich so, wo bist Du?“ fragte Alex leise weinend in die Leere. Die Tränen rannen ihr nur so über die Wangen. Langsam kamen die Gedanken um den morgigen Tag in ihr auf und was dieser Tag für sie bedeuten könnte.
Michael und Gerrit standen beide vor der verschlossenen Tür, immer wieder war ein: „Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr zu hören“ Und dabei ein tiefes Schluchzen. Michael und Gerrit waren hilflos, sie wollten ihr helfen, wollten für sie da sein, doch nun standen sie hier vor der verschlossenen Tür und wussten nicht mehr weiter. Alex wollte allein sein und das versuchten sie trotz dieser heiklen Situation zu respektieren. Doch es tat beiden in der Seele weh, wie Alex langsam aber sicher in sich zusammen fiel - wie ein Kartenhaus.
„Ich fahr’ eben los und hole einige Sachen von Alex“, sagte Gerrit und verschwand. Er konnte einfach nicht mehr da stehen und zuhören und mit leben, wie schlecht es Alex ging, er musste etwas tun. Während der recht kurzen Autofahrt zu Alex’ Wohnung ging er wie schon in den letzten Tagen in Gedanken die Berichte durch, inzwischen kannte er fast alle Details auswendig. Doch noch immer war er sich ganz sicher, dass er in dem ganzen Stress und den Sorgen etwas ganz wichtiges vergessen hatte. Und das es genau ein Punkt war, der wichtig sein könnte. Dieses Gefühl wurde er einfach nicht mehr los, doch immer wenn er in die Berichte sah, las er nur das, was er eh schon kannte. Doch das Gefühl behagte ihn noch länger und ließ ihn nicht los. So fuhr Gerrit noch mal ins K11 um die Berichte zu holen und verstaute diese in den Kofferraum und fuhr wieder zu Michaels Wohnung. Michael war inzwischen in die Küche gegangen, auch wenn ihm nicht nach Essen zu mute war, so musste er dennoch etwas essen. Aber in Gedanken war er immer bei Alex, es quälte ihn richtig, dass er einfach keine große Hilfe war. Doch auch um ihre körperliche Verfassung machte er sich Sorgen, er war sich nicht sicher, ob sie noch immer etwas Fieber hatte. Zwar war es gesunken, doch ganz weg war es nicht. Aber auch um den morgigen Tag machte er sich Gedanken. „Hoffentlich wird sie die ganze Prozedur durchstehen und ihr Körper und vor allem ihre Psyche schaffen es, den Stress irgendwie zu verarbeiten, so dass sie beginnen kann, langsam ein neues Leben anzufangen. Doch das wird wohl noch dauern – hoffentlich packt sie das alles. Eigentlich war sie immer so stark, sie hatte so viel Energie, Lebensfreude, doch jetzt ist alles anders. Alles ist weg“, redete Michael mit sich selbst und wischte sich die aufkommenden Tränen aus dem Gesicht.
Michael wurde erst aus seinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klingelte, es war Gerrit, wie auch nicht anders zu erwarten war. Er versuchte zu Lächeln, doch es ging gründlich daneben. Gerrit war auch einfach nicht der Lage dazu, etwas frischen Wind in die so traurige Situation zu bringen. „Hier Michael, ich habe soweit alles zusammen gesucht, was Alex soweit zum anziehen braucht und was sie sonst noch benötigt“, sagte Gerrit und drückte ihm die Tasche in die Arme. „Wie geht es Alex? Warst Du noch mal bei ihr, als ich weg war? fragte Gerrit nun besorgt. „Nein!“, und Michael schüttelte traurig den Kopf. „Ich bin mir nicht sicher, sie hatte doch ausdrücklich gesagt, dass sie allein sein möchte. Aber ich ertrage es einfach nicht. Ich mach mir solche Sorgen. Nicht dass sie in ihrer so verzweifelten Situation auf dumme Gedanken kommt. Alex ist auch so labil und überhaupt nichts mehr von ihrer so fröhlichen und munteren Art ist mehr da“, redete Michael nun alles aus, was er dachte es tat ihm gut, nicht nur alles im Stillen zu denken, sondern es auch einmal auszusprechen. Gerrit nickte und legte eine Hand auf die Schulter von Michael. Er verstand, was Michael durch den Kopf ging. Zwar kannte er Alex nicht so lange, wie Michael, die beiden kannten sich schon länger und hatten somit auch einen ganz andere Beziehung zu einander, doch Gerrit und Alex verstanden sich auf Anhieb gut. Allein durch ihre offenherzige Art, ihr Lachen und ihren Humor. Es entstand eine Pause, beide überlegten im Stillen, wie es weiter gehen sollte. Immer wieder schüttelte abwechselnd einer der beiden die Köpfe, sie kamen in ihren Gedanken zu keiner Lösung, wie immer eigentlich. Sie waren der Situation einfach hilflos ausgeliefert. Wollten helfen und wussten einfach nicht wie? Dabei taten sie schon alles was in ihrer Macht stand, doch weit kamen sie nicht, immer wieder stießen sie an ihrer persönlichen und körperlichen Grenzen. „Was machen wir nur?“, fragte Michael ratlos und verzweifelt und stand von der Couch auf und lief im Wohnzimmer auf und ab. Gerrit saß da, sah Michael eine zeitlang zu und sagte nichts. Er selber wusste nicht, was man tun könnte, damit es Alex besser ging. „Es kann doch nicht sein, dass wir nichts tun können? Es muss doch einen Weg geben, es gibt immer einen Weg? Vor allem muss ich sehe, wie es ihr jetzt gerade geht. Ich mach mir Sorgen um ihre physische Verfassung, was ist mit dem Fieber?“, stellte Michael viele der Fragen, die ihm, aber auch Gerrit durch den Kopf gingen.
„Michael, ich weiß, dass Du Dir Sorgen machst, die mache ich mir auch, aber bitte tu’ mir einen Gefallen und setz’ Dich bitte. Es nervt, wenn Du immer auf und ab läufst, davon wird es auch nicht besser“, sprach Gerrit in einem unruhigen, aber dennoch leisen Ton. Michael blieb stehen, sah ihn an. „Willst Du mir jetzt verbieten in meiner eigenen Wohnung auf und ab zu gehen. Man ich mache mir einfach nur schreckliche Sorgen. So kenne ich Alex nicht“, schrie Michael aufgebracht an und setzte sich etwas abseits auf den Boden und lehnt mit dem Rücken an seiner Wand. Gerrit war geschockt und sagte nichts. Aber irgendwie konnte er Michael auch verstehen. Die Wut, die sich durch die Gedanken und Sorgen angestaut hatten, sind mehr als nachvollziehbar. Dennoch war Gerrit etwas getroffen. Es herrschte eine bedrückende Stille. „Gerrit, es tut mir leid, dass ich eben so ausgetickt bin, doch mir wird langsam alles zu viel. Du hast ja Recht, es bringt nichts“, durchbrach Michael in einem versöhnlichen Ton die Stille. „Also wieder Frieden?“, fragte Michael ihn und reichte ihm die Hand. „Ja klar“; sagte Gerrit und nahm die Hand von Michael und drückte ihn versöhnlich an sich. „Ich auch eine Idee, wie wir einen Grund hätten, nach Alex zu sehen. Ich habe doch ihre Tasche, die würde ich ihr dann reichen und Du gibst ihr einfach etwas zu trinken und vor allem das Fieberthermometer. Und ein Telefon solltest Du ihr auch geben, vielleicht verspürt sie das Bedürfnis, mit jemanden zu reden“, sagte Gerrit und wartet gespannt, was Michael davon hielt. Der nickte und ging sofort in die Küche, um die nötigen Sachen auf einem Tablett zu stellen und ging anschließend kurz ins Bad und holte das Thermometer. „So ich habe alles“, sagte Michael und ging gefolgt von Gerrit in Richtung Gästezimmer. Dort angekommen standen sie noch kurz davor, Gerrit zögerte leicht. „Es ist so still und hoffentlich ist es auch richtig, dass wir sie jetzt stören“, stellte Gerrit ängstlich und beunruhigt fest. „Es lässt sich nicht ändern, wie können eh nur noch alles falsch machen. Außerdem wollen wir doch wissen, wie es ihr geht“, flüsterte Michael leise. Gerrit nickte und klopfte an. Kein Ton, keine Bewegung war aus dem Zimmer zu hören.
Zaghaft und etwas ängstlich öffnete er die Tür. Doch das was ihn dort erwartete, beruhigte ihn nicht gerade, eher im Gegenteil. Alex saß halb liegend, halb sitzend in ihrem Bett und starrte immer nur die eine Richtung, stur geradeaus. Gerrit und Michael betraten das Zimmer, noch immer zeigte Alex keine Reaktion. Es schien so zu sein, als nahm sie nichts mehr wahr. Nicht einmal, als man sie ansprach, nicht als man mit einer Hand vor ihrem Gesicht wedelte. Sie saß da und weinte leise vor sich hin. Immer wieder konnte man sehen, wie ihr Körper kurz durchzuckte und zitterte. Aber ansonsten nahm sie nichts war. Sie war ganz apathisch. Alles war ich gleichgültig, sie antwortete nicht, sie behandelte alles wie Luft, es war ihr alles egal. Sie saß nur da und weinte. Michael und Gerrit sahen sich an, man konnte deutlich in ihrem Gesicht die Besorgnis und Angst ablesen. Beide waren hilflos und machtlos. Sie konnten einfach nicht mit der Situation umgehen. Wie sollte man auch damit umgehen, wenn man nicht jeden Tag mit so etwas konfrontiert wurde? Gerrit stellte die Tasche ab, gab Michael das Zeichen, dass er nun ginge, da er auch morgen wieder arbeiten müsste. Er wusste auch, dass es zu viel für Alex war, wenn er auch noch geblieben wäre. Auch konnte er nicht länger bleiben, es zerrte so oder so schon alles an seinen Nerven. Noch immer waren sie nicht bei den Ermittlungen vorangekommen, er musste jeden Tag arbeiten und zusätzlich noch für Michael und Alex da sein. Er war schlichtweg überfordert. Aber auch Michael erging es nicht anders, jeden Tag aufs Neue musste er zu sehen, wie seine Kollegin und beste Freundin innerlich zu Grunde ging. Er hatte nur noch Alex im Kopf, wie es ihm dabei erging, dass zählte nicht, er steckte seine privaten Bedürfnisse zurück. Doch vielleicht war genau das ein Fehler, er kümmerte sich nur noch im Alex. Selber war er schon an seinen Grenzen angekommen, doch diese ignorierte er. Vorsichtig setzte Michael sich auf die andere Seite des Bettes. Doch noch immer kam keine Reaktion von Alex. Michael machte sich große Sorgen, noch immer wusste er nicht, ob das Fieber gestiegen war. Alex trank und as kaum, bis gar nichts. Nun lag es an Michael zu zeigen, dass er Verständnis und auch Einfühlungsvermögen besaß. Und es schaffte, Alex aus ihrer Trance herauszuholen. Das er für sie da ist, war bisher nie ein Thema für ihn gewesen, doch bisher war er noch nie in so einer verzwickten Lage gewesen, in der es hieß, seine eigene Bedürfnisse zurückzustellen und nur für eine andere Person da zu sein.
Auch wusste er nicht, wie er auf Alex eingehen könnte. Michael wurde nie als eine einfühlsame Person dargestellt, sein Aussehen und sein Auftreten waren dafür verantwortlich gewesen. Außerdem zeigte er kaum Schwächen, zumindest verdeckte er diese durch Sprüche. Doch nun musste er zeigen, dass er feinfühlig und Verständnisvoll sein konnte, denn tief in jeden Menschen war ein weicher Kern, sei er noch so hart.
Dies hatte Michael einmal irgendwo gelesen und er hoffe darauf. Zaghaft legte er eine Hand auf Alex’ Schulter, doch diese zeigte zuerst keine Reaktion, auch nicht, als Michael leise und beruhigt auf sie einsprach. „Alex, ich bin immer für Dich da. Wenn Du reden möchtest, oder wenn Du einfach das Gefühl hast, dass Du Geborgenheit und Schutz brauchst. Aber auch Gerrit ist immer für Dich da. Er hat auch Klamotten für Dich mitgebracht. Wenn Du allein sein möchtest, dann brauchst Du es nur zu sagen oder gebe mir ein Zeichen, ansonsten bleibe ich bei Dir“, sprach Michael sanft mit ihr, hin und wieder streichelte er ihre Schulter. Es kam keine Reaktion von Alex, so ging Michael davon aus, dass es OK für sie war, wenn er bei ihr bliebe. Alles war still, nur ein Schluchzen und das heftigere Atmen von Alex war zuhören. Es dauerte noch lange, wie lange konnte keiner genau sagen, es schien endlos gewesen zu sein. Es war Michael auch egal, denn so langsam merkte er, wie Alex wieder zu sich kam, das zittern nahm zu, ihr weinen auch. Sie drehte sich langsam, fast Zeitlupen mäßig um und sah Michael mit ihrem blassen und matten Gesicht an. Tränen liefen ihr über die Wangen, doch noch immer sah sie ihn an, doch schon nach kurzer Zeit senkte sie ihren Blick. „Ich weiß nicht, ob ich das alles noch schaffe. Ich hab keine Kraft mehr. Mein Leben ist zerstört. Ich wünschte, es wäre alles nur ein Traum.“
Alex beendete ihren Satz mit einem tiefen Aufschluchzen. „Ich kann einfach nicht mehr!“, brachte sie mühsam zwischen dem aufkommenden Weinkrampf hervor. Sie weinte und weinte und klappte nun auch innerlich und körperlich zusammen. Sie ließ sich in den Schoß von Michael fallen und weinte und zitterte dabei heftig. Vorsichtig und auch etwas verwundert darüber, dass Alex sich von ihm anfassen ließ, strich er ihr sanft durch ihre Haare. Dabei nutze er auch die Gelegenheit und legte seine Hand auf ihre Stirn, was ihn etwas beunruhigte. Ihre Stirn war warm und das war kein gutes Zeichen. „Schsch… ganz ruhig, ich bin immer für Dich da und gemeinsam werden wir es schaffen“, redete Michael sanft zu Alex, die lag immer noch weinend in seinen Armen und zitterte, teils krampfte sich auch ihr Körper zusammen. Michael merkte das und drückte sie leicht an sich. „Michael, mir ist so kalt und mein Kopf tut so weh“, begann Alex leise zu flüstern und weinte weiter, dabei zitterte sie nicht mehr nur aus Angst und psychischer Last, sondern auch aus Kraftlosigkeit und einer schlechten physischen Verfassung. Das war kein gutes Zeichen, im Gegenteil. Michael machte sich nun noch mehr Sorgen. „Was mache ich nur? Irgendwie muss es doch mal aufwärts gehen. Man Alex, mach kein Scheiß, bitte werd’ nicht auch noch richtig krank. Du brauchst doch Kraft allein schon für morgen“, dachte sich Michael und war restlos durcheinander, er schaffte es kaum noch einen klaren Gedanken zu fassen. Allein schon, wenn er an morgen dachte, bekam er Bauschmerzen. „Ganz ruhig Michael, Du musst Dich zusammen reißen. Fass einen klaren Gedanken, Alex braucht Dich nun“, redete Michael im stillen mit sich selbst. Alex lag noch immer in seinem Schoß und weinte, zwar nicht mehr so heftig, doch sie kam ja nicht zur Ruhe. „Hoffentlich packt sie das. Alex Du musst es einfach schaffen. Sei stark, bitte!“, flehte Michael im Stillen und legte vorsichtig ihren Kopf beiseite und deckte sie zu. Alex lag nun da, mit halb geschlossenen Augen und noch immer liefen ihr viele Tränen über die Wangen. Wie ein lebloses Wesen lag sie da, keine Kraft und keinen Lebenswillen mehr. Michael sah zu ihr hinunter und bekam Angst.
Er machte sich schreckliche Sorgen, nur noch Alex schwirrte in seinem Kopf, alles um sich herum hatte er vergessen. „Lass mich nicht im stich, Du schaffst es, Du musst kämpfen, Du bist doch sonst immer eine Kämpfernatur und lässt Dich kaum von etwas unterkriegen“, flüsterte Michael leise und drehte sich um und ging auf die andere Seite des Bettes und nahm das Thermometer in die Hand und kehrte zur anderen Seite wieder um, da Alex Querfeld ein lag. „Alex, bitte miss einmal Fieber, ich bin gleich wieder da“, sagte Michael und rückte der schwachen Alex das Thermometer in die Hand. Die sah es einige Sekunden an, bis sie begriff, was sie damit sollte. Langsam und schwerfällig erhob sie sich. Michael verschwand aus dem Zimmer und ging in sein Schlafzimmer, dort suchte er ein langes T-Shirt und eine Boxershorts raus und ging anschließend ins Bad und holte einen kalten nassen Lappen. So kehrte er in das Zimmer zurück. Da er merkte, dass Alex ganz frische Wäsche benötigte, öffnete er ihre Tasche und holte ein T-Shirt und eine kurze Schlafhose raus. Und legte sie neben sie. Alex lag inzwischen wieder nur da, das Thermometer lag neben ihr. Ihre Augen waren geschlossen, die Kopfschmerzen nahmen zu und auch das Zittern ließ nicht nach. Ihr Körper streikte und verlangte nach Ruhe, dass war nun das endgültige Zeichen dafür. Michel legte alles beiseite und nahm das Fieberthermometer zur Hand. „39,8°, das war nicht anders zu erwarten“, murmelte Michael leise und machte sich noch mehr Sorgen. Doch er wurde langsam verrückt vor Sorgen und Panik stieß in ihm auf. „Das kann doch so nicht weiter gehen. Man was mach’ ich nur?“, fragte er sich immer wieder, während er Alex in eine richtige Position legte und ihr etwas zu trinken einfloss. „Komm Alex, bitte trinke etwas, Dein Köper braucht das dringend! Danach lass’ ich Dich allein, damit Du schlafen kannst. Wenn Du etwas brauchst, dann rufe einfach. Ich werde die Tür einen Spalt offen lassen. Ich helfe Dir auch gleich noch etwas frisches anzuziehen, wenn Du Dir jetzt noch mehr wegholst, dann klappst Du endgültig zusammen“, sprach Michael leise auf sie ein. „Nein, bitte lass’ mich nicht allein, bitte“, flehte Alex, bis sie wieder in sich zusammen sackte. „OK, ist gut, ich bleib’ bei Dir.“ Michael wusste nicht mehr weiter, er war nun, wie eigentlich schon die ganzen letzten Stunden, am Ende seiner Verzweiflung und Ratlosigkeit. Mit gesenktem Kopf saß er da und hin und wieder strich er Alex sanft durch die Haare und sprach mit sanften und beruhigten Worten auf sie ein. Und tatsächlich, Alex kam langsam, aber sicher etwas zur Ruhe und schlief auch schon bald darauf hin ein. Michael machte sich dennoch Sorgen, es war mehr als deutlich zu sehen, dass ihr Körper diesen Strapazen nicht mehr standhielt. Einzelne Tränen schimmerten in ihrem Gesicht und vertrockneten auf der heißen Haut.
Doch diesmal schien Alex etwas besser zu schlafen, in der Nacht wachte sie kaum auf, die schlechten Alpträume hielten sich in Grenzen. Auf einer Seite war es wirklich gut, dass sie etwas zur Ruhe kam, doch andererseits sank das Fieber nicht so, wie Michael es erhoffte. Immer wieder stand er in der Nacht auf, machte neue Wadenwickel, strich ihr beruhigend durch die Haare, hielt ihre Hand oder sprach einfach leise auf sie ein. Irgendwie schaffte es Michael auch, dass sie ausgleichender wurde. Doch er wusste, dies würde nicht immer so bleiben, schon gar nicht wenn er an den nächsten Tag dachte. Das er kaum zum schlafen kann, daran hatte er und vor allem sein Körper sich mit abgefunden, dennoch merkte auch Michael, das ihm von Tag zu Tag immer mehr die Kräfte fehlten. Zwar mobilisierte er sie immer wieder neu, doch auch die letzten Reserven würden einmal zu ende gehen, doch dies war Michael egal. Er hatte Alex versprochen für sie da zu sein und das will er auch durchziehen. Auch wenn ihm sein Kopf noch so sehr schmerzte. Seine eigene psychische Belastbarkeit war bald den Grenzen nahe, doch Michael realisierte es nicht, oder wollte es einfach nicht. Alle Warnzeichen ignorierte er einfach.
Gerrit saß in der Zwischenzeit zu Hause und studierte zum unzähligen Male die Akten. Kaum hatte er eine durch, nahm er die nächste zur Hand, doch immer las er das, was er schon kannte – nichts neues war dabei. „Man, dass kann doch nicht sein. Bitte lass mich etwas finden, ich muss doch etwas übersehen haben?“, flehte Gerrit und sah zur Decke hoch.
Ich komme einfach nicht voran, es kann doch nichts sein, dass es absolut nichts gibt. Wie sollen wir dann jemals weiter kommen?“, es ging ihm einfach alles durch den Kopf, traurig blickte er nun abermals auf den Tisch. Die Sorgen um seine Kollegin und um Michael ließen ihn nicht los. Er kam einfach bei den Ermittlungen nicht mehr voran und die Typen trieben immer noch ihr Unwesen da draußen und zerstörten von vielen Menschen das Leben.
„Man das kann doch alles nicht sein!“, sprang nun Gerrit heftig auf und stieß dabei seinen kleinen Tisch um, auf denen die gesamten Berichte lagen. Diese verstreuten sich nun im Wohnzimmer auf dem Fußboden. Gerrit stand da, sah auf dem Boden und stampfte wütend zum Balkon, er öffnete die Tür. Es regnete und der frische Wind blies ihm um die Nase. Einzelne Tränen der Hoffnungslosigkeit und der Verzweiflung suchten nun wieder einmal den Weg über sein überarbeitetes Gesicht. Diesmal wischte er nicht die Tränen aus seinem Gesicht, sondern ließ sie frei laufen, es war ihm einfach alles egal. Er fühlte sich hilflos und begann an sich selbst zu zweifeln.
Er ging trotz leicht stürmischen Wetters auf den Balkon und stützte sich an dem Geländer ab und sah in die Weite Welt hinaus. „Es kann doch nicht dein Wille sein Herr, dass es alles so weiter geht, bitte hilf mir und vor allem meiner Kollegin“, schickte Gerrit ein Stoßgebet gen Himmel. Auch wenn er nicht wusste, ob es etwas bringen würde. Er war einfach nur noch kraft- und mutlos. Sein Kopf ließ er hängen und weinte nun, wie schon lange nicht mehr. Bisher hatte er versuchte die zu unterdrücken, hatte versucht wenigstens der starke zu sein, doch auch irgendwann ließen bei ihm die Kräfte und vor allem die Motivation nach. Es dauerte eine Ewigkeit, bis Gerrit wieder in die Wohnung ging. Er war völlig durchnässt, so dass er sich frisch machte und sich einen Kaffe holte wieder an die Akten ging. Er sammelte alles einzeln vom Fußboden auf, sah kurz auf den Zettel und legte den Zettel jeweils in die dazugehörige Akte. Doch als er einen Zettel in die Hand nahm und drauf sah konnte er es nicht glauben, doch es war so. Zwischen den ganzen Akten hatte sich der Bericht der Spurensicherung befunden. Es ging hierbei um die gesicherten Sperma Spuren von Frau Franz. Gerrit konnte es nicht glauben, er wusste einfach nicht, was er glaube sollte. Noch immer starrte er den Zettel ungläubig an, bis er sich auf sein kleines Sofa setzte und begann zu lesen. Doch bald fielen ihm beim nochmaligen studieren der Berichte die Augen zu und er schlief auf dem Sofa ein.
Michael schrak am nächsten Morgen hoch, er hatte nur schlecht geträumt, sein erster Blick galt Alex, doch diese schlief halbwegs ruhig, bis auf das sie im Schlaf weinte und sich leicht umher wälzte. Michael sah auf die Uhr es war bereits schon acht Uhr. Schnell sprang er aus dem Bett und suchte verzweifelt nach der Telefonnummer von Alex’ Gynäkologen Dr. Montag. Es dauerte zwar etwas, doch er fand sie schließlich. Irgendwie durchfuhr im dabei ein merkwürdiges Gefühl, schließlich rief er nicht jeden Tag beim Frauenarzt an und schon gar nicht, wenn es um so eine ernsthafte Sache geht. Aber er riss sich zusammen und wählte die Nummer. Er erklärte der Arzthelferin seine Not und wurde gleich somit wurde Alex gleich als Notfallpatienten behandelt. Vorher aber wurde Michael noch mit dem Arzt verbunden, um ihm die Sachlage zu schildern und auf Vorsicht zu mahnen. Da er nicht wusste, wie Alex reagieren könnte. So schilderte Michael ihm einfach Alex’ Gesundheitszustand, soweit er es konnte. „Kommen sie bitte unverzüglich vorbei, ich werde dafür Sorgen, dass die Praxis leer sein wird, so dass keine Unruhe entsteht. Und Frau Rietz nicht auch noch zusätzlich in Unruhe gerät!“, teilte ihm der Arzt noch mit und Michael legte etwas erleichtert auf. „So das wäre getan, nun muss ich nur noch sehen, wie ich Alex dazu bringe aufzustehen und mitzukommen. Doch eine andere Wahl wird ihr nicht bleiben“, dachte sich Michael und ging ins Zimmer. Alex schlief immer noch. Michael kniete sich vor dem Bett nieder und rüttelte Alex sanft aus ihrem immer unruhiger werdenden Schlaf. „Alex, wach auf, alles ist gut“, sprach Michael beruhigend auf sie ein, als sie völlig verstört ihre Augen öffnete.
„Alex, ich weiß es fällt Dir nicht leicht, aber wir müssen los zum Arzt. Aber alles wird gut werden“, versuchte ihr Michael gut zu zureden. Der Gesichtsausdruck von Alex wurde noch ängstlicher und blasser, als er eh schon war. „Ich kann das nicht, Michael. Ich kann das einfach nicht“; schrie Alex leise und begann zu weinen. Im Kopf spielten sich wieder und wieder die Bilder des Grauens in ihr ab. Und es wurde schlimmer, je mehr sie daran dachte, was ihr beim Arzt bevorstand. „Bitte Alex, tu’ es für Dich. Du kannst es schaffen, dass weiß ich.
Ich bin immer bei Dir und wenn etwas ist, dann komme ich auch sofort in den Untersuchungsraum“, sagte Michael, auch wenn ihm selber nicht wohl bei dem Gedanken war. Es war schließlich nicht alltäglich, dass man zum Frauenarzt ging und dann auch noch in den Behandlungsraum, speziell nicht für einen Mann. Aber er versuchte diesen unangenehmen Gedanken zu verdrängen, auch wenn es für ihn und insbesondere für Alex.
Alex wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb, schnell ging sie noch duschen und zog sich etwas an. Doch sie versuchte sich so viel Zeit wie möglich zu lassen. Doch Michael drängte sie. Und so saßen sie 1 ½ Std. später im Auto. Und da die Praxis nicht weit von Michael entfernt lag, waren sie recht schnell da. Alex guckte während der fahrt nur nach unten auf ihre Füße, ihre Hände und ihr Körper zitterten. Sie nahm es auch zuerst nicht wahr, als Michael anhielt, ausstieg und ihre Tür öffnete. „Komm Alex, Du schaffst das. Ich bin immer bei Dir“, versuchte er erneut ihr Mut zu zusprechen. Michel kämpfte nicht nur mit Alex, sondern auch gegen sein Unwohl sein eine für ihn „besondere“ Praxis zu betreten. Alex stand hinter ihm, ihr Körper begann immer mehr zu zittern, er bebte schon fast vor Angst. Michael klärte die Sprechstundenhilfe auf und so dauerte es nicht lange und Alex kam sofort dran. Die noch anwesenden Patienten wurden unverzüglich gebeten später wieder zu kommen. Und so war die Praxis leer. Nun hieß es erstmal Blutabnehmen und das gestaltete sich mehr als schwierig. Alex hatte so gut wie nichts zu sich genommen, ihr Körper war schwach und so klappte Alex auf dem Stuhl zusammen und fiel direkt in die Arme von Michael.
Michael fing sie gerade noch auf und legte sie auf die Trage. Sie lag da, es dauerte etwas, bis sie wieder relativ schnell zu sich kam, doch als sie direkt in das Gesicht von Michael sah, welches ganz nah an ihrem Gesicht war, bekam sie Angst. Panik stieg in ihr auf, die ganzen Bilder spielten sich in nur wenigen Sekunden direkt vor ihren Augen ab. Sie begann zu zittern und jammerte leise vor sich hin. In diesem Augenblick nahm sie ihre jetzige Umgebung nicht mehr wahr – sie war in ihrer eigenen Welt. Es dauerte etwas, bis sich Alex gefangen hatte und sich von allem etwas erholte, dennoch fühlte sie sich schwach und immer wieder wurde ihr schwarz vor Augen. So bekam Alex erstmal etwas Traubenzucker, welches auch verhältnismäßig schnell seine Wirkung zeigte. Michael hatte sich etwas abseits von Alex weg gestellt. Er konnte sich denken, warum Alex gerade so reagiert hatte. Und dies bereitete ihm mehr und mehr Sorgen. Speziell wenn er an die noch anstehende Untersuchung dachte. Nachdem Alex sich etwas erholt hatte, sie konnte noch immer nicht realisieren, was ihr mit ihr geschah, folgte sie der Arzthelferin in das Besprechungszimmer. Und das Marter begann seinen Lauf Alex musste sich nach einem kurzen Gespräch in den Untersuchungsraum begeben. Als sie den Raum betrat, den Stuhl sah, die Kabine. Wurde es ihr schon alles zu viel, doch noch versuchte sie sich zu behrschen. Das Zittern, die Angst nahmen zu. Langsam kamen die Qualen in ihr auf, die sie Freitagnacht durchlebte. Sie stand wie elektrisiert da, sagte keinen Ton. Einzelne Tränen suchten den Weg über ihre Wangen. Auch wenn sie dem Arzt vertrauen konnte, sie kannte ihn gut und wusste, dass er ihr niemals wehtun würde, doch das spielte keine Rolle. Sie musste hier nun durch. Schließlich ging es auch um ihre Gesundheit. Ganz langsam, wie in Zeitlupe ging sie in die Kabine und zog sich aus. Es war schrecklich. Alex fühlte sich einfach nur dreckig und am liebsten würde sie hier sofort raus rennen. Aber das konnte sie nicht. Sie wollte die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen. So tat sie alles, was der Arzt von ihr verlangte. Am Anfang lief auch alles gut, als er sie untersuchte, doch umso länger es dauerte, umso schlimmer wurde es. Noch immer versuchte sich Alex krampfhaft zusammen zu reißen, doch sie hielt es nicht mehr aus. Das weinen nahm immer mehr zu. Sie schwitze am ganzen Körper. Die gesamten Erlebnisse liefen wie in einem Film vor ihr ab. Es stieg Panik in ihr auf, sie konnte nicht mehr anders und fing an zu schreien. „Neinnnn, lassen sie mich los, bitte!“, flehte Alex. Sofort ließ der Arzt von ihr los und versuchte beruhigend auf sie einzureden, doch Alex war wie in Trance und stand auf, zog sich wieder an. Michael hörte das Schreien, es jagte eine Gänsehaut durch seinen Körper, er lief auf die Tür zu, blieb aber dann doch stehen. Am liebsten wäre er sofort in den Raum gegangen, doch er hielt sich zurück und wartete ängstlich darauf, dass sich endlich die Tür öffnete. Doch es dauerte noch eine halbe Ewigkeit, so erschien es zumindest Michael. Alex öffnete die Tür, ihr ganzes Gesicht war rot verweint und ihre Augen geschwollen. Sie zitterte am ganzen Körper, noch immer liefen ihr Tränen über das Gesicht. Sie brach kurz danach zusammen. Ihr Körper konnte nun endgültig nicht mehr den Strapazen standhalten. Sie kauerte am Boden und zitterte und weinte heftig.
Die Arzthelferin rief einen Notarzt, während sich die beiden Männer um Alex kümmerten. Es dauerte auch nicht lange, Alex bekam sofort eine Beruhigungsspritze und wurde ins Krankenhaus gefahren. Michael ließ sie ungern allein fahren, doch er musste noch kurz ein Gespräch mit dem Arzt führen, wegen den Ergebnissen.
„Wir melden uns bei Ihnen, sobald die Untersuchungsergebnisse da sind“, sagte der Arzt und Michael fuhr absolut nicht nach den Verkehrsvorschriften ins Krankenhaus. Alex wurde dort schon behandelt. Sie lag auf einer Liege und starrte ganz ruhig und besonnen an die Decke.
Gerrit arbeitete unterdessen fieberhaft an den Ermittlungen, nachdem er endlich eine kleine Spur hatte. Er suchte nun eifrig nach weiteren Hinweisen, doch außer dass er nun zwar Sperma spuren hatte, kam er nicht weiter. In der Datenbank stand absolut nichts über die Täter drin. „Das war ja klar, dass ich nichts finde. Wäre auch zu schön um wahr zu sein“, meckerte Gerrit herum und holte sich erstmal einen Kaffee. Immer wieder schweiften seine Gedanken zu Alexandra ab. „Wie die Untersuchungen wohl liefen? Ist alles gut gegangen? Komisch, Michael wollte sich doch gleich melden, wenn alles vorbei ist!“, Gerrit machte sich nun so seine Gedanken. Er hoffte, dass sich Alex einmal wieder so fangen würde, so dass sie es schaffte sich ein neues Leben aufzubauen. „Doch das wird wohl noch sehr lange dauern!“, machte sich Gerrit so seine Gedanken und ging mit seiner Kaffeetasse zu Alex’ Schreibtisch. Und versuchte verzweifelt weiter zu kommen.
Doch seine Gedanken wanderten immer wieder erneut zu Alex und den Geschehnissen ab, so dass Gerrit sich absolut nicht mehr auf den Fall, der auch noch mit seiner Kollegin zu tun hatte, konzentrieren konnte. So schloss er alle herumliegenden Akten, lehnte sich im Stuhl zurück und starrte sorgenvoll das Telefon an. Doch es war jedes Mal nicht Michael, sondern Passanten, die wieder einmal eine Vergewaltigung meldeten und diesmal will sogar eine die Täter erkannt haben. Gerrit machte sich mit 2 weiteren Kollegen aus der unteren Etage auf dem Weg. Doch wieder nichts, zwar konnte man tatsächlich die Täter beschreiben, doch das sie wie immer maskiert waren, brachte es ihm auch nicht sonderlich viel. Diesmal konnten auch keine Sperma Spuren gesichert werden, da die Täter ein Kondom verwendeten, welches die Leute von der Spurensicherung im nahe gelegenen Wald unter einem Gebüsch fanden, machte sich Gerrit kaum Hoffnung. Frustriert und enttäuscht, aber auch traurig machte er sich wieder auf den Weg ins Kommissariat. Während der Fahrt gingen ihm mehrer Dinge durch den Kopf, doch er fand keine Antwort.
Im K11 setzte er sich an den Schreibtisch, legte seine Arme auf dem Tisch ab und vergrub sein Gesicht und dachte wieder einmal verzweifelt nach. Langsam aber sicher begann Gerrit an seinen Fähigkeiten als Kommissar zu zweifeln, auch wenn er nur der Assistenz, neben den beiden Hauptkommissaren war, so hatte er ein und dieselbe Ausbildung absolviert, wie Alexandra Rietz und Michael Naseband. Aus Mangel an Erfahrung konnte es nicht liegen, schließlich arbeitete er nicht erst seit gestern als Kommissar, sondern auch schon einige Jahre, auch wenn er verschiedene Stationen durchlaufen hatte. „Das kann doch alles nicht sein“, sagte Gerrit laut zu sich selbst, während er sich aufrichtete und einige dünne Tränen aus seinen Augen wischte. „Wie soll das bloß weiter gehen? Ich schaff’ das bald nicht mehr, ich komme absolut nicht weiter. Nur wenn ich jetzt aufgebe, werden wir nie die Täter bekommen und eine Lösung in diesem Fall erreichen!“, sprach Gerrit mit sich selbst. „Komm Du schaffst das, Du bist nicht zu blöd. Du kannst das“, versuchte sich Gerrit selbst Mut zuzusprechen.
Als Michael das Untersuchungszimmer betrat, lag Alex ganz ruhig auf der Liege, sie guckte zur Seite, in Richtung Tür, sah Michael und drehte wieder ihren Kopf und starrte weiter an die Decke. Zwar nahm Alex alles um sich herum war, doch sie verschloss sich nun vollkommen. Ein herankommen an sie, war nahezu unmöglich. Michael versuchte alles, aber auch die Ärzte und eine Psychologin, doch Alex reagierte nicht. Sie lebte in ihrer Welt. Da Alex noch ca. eine halbe Stunde zu Beobachtung da bleiben musste, um zu sehen, wie sie auf die verschiedenen Beruhigungsmittel etc. reagierte, verlies Michael das Zimmer und ging tief bestürzt in Richtung Ausgang. Dort holte er erstmal tief Luft und versuchte einen klaren Gedanken über das Geschehene zu schaffen, doch dabei konnte er es nicht verhindern, dass ihm Tränen der Verzweiflung und der Hilflosigkeit herunter liefen. Er wischte sich diese weg, doch er konnte einfach nicht die Tränen unterdrücken und so stand er in einer ruhigen unbeobachteten Ecke und weinte. Es tat ihm gut, alles raus zu lassen, was sich alles anstaute. Nach einigen Minuten griff er nach seinem Handy und rief Gerrit an. Michael klärte Gerrit, so gut er konnte, über alles auf, was sich ereignete. „Michael, ich bin gleich da, warte auf mich. Gemeinsam sind wir stark, gemeinsam werden wir das schon schaffen“, sagte Gerrit und versuchte nicht nur Michael Mut zu machen, sondern auch sich selbst.
Es dauerte nicht lange und Gerrit fuhr mit seinem Auto am Krankenhaus vor. Michael stand ziemlich fertig und immer noch leicht aufgelöst am Eingang des Krankenhauses und trat von einem Fuß auf den anderen. Dabei hing er mit seinen Gedanken immer bei Alex. Michael war so vertieft, dass er nicht mit bekam, wie Gerrit auf ihn zukam. Erst als er direkt vor im stand, eine Hand auf seine Schulter legte und ihn dabei aufmunternd ansah. „Michael, wir schaffen das. Da bin ich mir sicher“, versuchte er Michael noch guten Mutes zu zureden, doch selbst hatte auch er so seine Zweifel. So hingen beide ihren Gedanken nach und machten sich schweigend auf dem Weg zu Alex ins Untersuchungszimmer. Gerrit gab sich alle Mühe, seine eigenen Bedürfnisse und Sorgen, die er hatte so zurückzustellen, dass er vollkommen für Michael da war. Doch immer wenn sie sich versuchten gegenseitig zu ermuntern, klappte es nicht so recht. Zu sehr waren sie beiden in sich gekehrt und hingen ihren Gedanken und Ängsten um Alex nach. Keiner der beiden wussten so recht, wie es weiter gehen sollte. Oder was sie erwartete, wenn sie das Zimmer betraten, vor der sie gerade stehen und langsam, ja schon zaghaft öffneten. Alex lag ganz ruhig und still auf der Liege, die Arme vor der Brust verschränkt – mit offenen Augen starrte sie an die Decke. Sie war sehr in sich gekehrt und dachte nach, nichts um sich herum nahm sie war. Sie dachte über vieles nach, ja sogar über ihr bisheriges und ihr momentanes Leben, ob es noch Sinn machte zu leben. Sie wollte und konnte auch nicht mehr so leben, wie jetzt. Ihr Körper hatte keine Kraft mehr, seelisch setzte ihr alles sehr zu. Es stieg innerlich immer mehr Panik auf und Angst auf, die sie aber äußerlich nicht zu Wirkung brachte. Ihr bisheriges Leben ist wie ausgelöscht, nichts ist mehr so wie es einmal war. Alles ist zerstört und wie weggeblasen, jegliche Freude, Offenheit und Zuversicht. Doch weder Alex, noch Gerrit und Michael wussten, wie es weiter gehen sollte. Da sie Alex nun mitnehmen durften, stand diese auf, folgte ihnen wortlos.
Das Alex dringend psychologische Hilfe benötigte, war allen klar, denn sie zerfraß sich innerlich vollkommen. Immer mehr begannen Angstzustände, so wie das Gefühl, ein nichts zu sein, zu zunehmen. Sie fühlte sich vollkommen wertlos. Das entging Michael und Gerrit in den nächsten 2 Tagen absolut nicht. Zudem verschloss sich Alex immer mehr. Sie lag nur noch im Gästezimmer und starrte an die Decke. Michael wusste nicht mehr, wie es noch weiter gehen sollte. Tagsüber war er allein’ mit Alex, die immer nur allein sein wollte. Hin und wieder gesellte sich Michael einfach zu ihr, nahm ihre Hand, redete ihr gut zu oder streichelte ihr über den Kopf, doch all dies ging nur, wenn sie schlief. Denn sonst wurde er von Alex immer in einem aggressiven Ton aus dem Zimmer geworfen.
Zwei Tage später, es war nun schon Freitag, genau eine Woche lag nun das verbrechen zurück, ging es Alex gesundheitlich immer schlechter. Still und einsam klagte sie über Bauchschmerzen, doch nur allein, wenn einer im Zimmer war, riss sie sich zusammen. Doch sie konnte es nicht verhindern, dass sich in der Nacht von Freitag auf Samstag, im Bett umher warf, was auch Michael mitbekam. Dieser eilte sofort hoch und entdeckte Alex zusammengekauert im Bett liegend. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt sie sich ihren Bauch. Doch so schnell diese Krämpfe kamen, so ließen sie auch nach.
Als Alex Michael sah, nahm sie sich zusammen, unter keinen Umständen wollte sie es zulassen, dass Michael etwas Wind von dieser Sache bekam. Als Michael sie ansprach, blockte sie ab und drehte sich zur Seite und schloss ihre Augen. Michael war ratlos, er kam absolut nicht mehr an sie heran. So ging er wieder hilflos, aber auch vor allem ratlos aus dem Zimmer. Er fühlte sich mies, wie gerne würde er ihr helfen , sie in den Arm nehmen und sagen „Alles Wird gut“, doch Alex ließ keinen mehr an sich heran. Die restliche Nacht verlief ruhig, zumindest für Michael. Alex kämpfte immer noch mit ihren Bauchschmerzen. Hin und wieder traten Krämpfe auf, die aber nicht lange anhielten. Doch Alex riss sich, so gut es ging, zusammen. So verlief auch der Samstag sehr trübe. Alex litt immer noch unter heftigen Schmerzen, ihre Temperatur war wieder gestiegen, hinzu kamen Kopfschmerzen. So lag sie nur noch den Tag über Bett und schlief, soweit es ging. Michael hingegen saß traurig und niedergeschlagen auf der Couch und dachte wie schon die restlichen Tage nach. Es machte ihn echt wahnsinnig, wie sehr Alex litt und sich allen verschloss. Einsam liefen ihm ein paar Tränen über das Gesicht, er konnte einfach nicht mehr alles unterdrücken. Wie schon am Krankenhaus weinte er hemmungslos. Er stand auf, ging zu seinem Fenster und sah hinaus. Draußen regnete es gerade in strömen und war Dunkel. „So sieht es wohl auch gerade in Alex aus. Alles weht durcheinander, es regnet und alles ist düster“, dachte sich Michael im stillen. Doch wie es nun wirklich in Alex aussah, wusste keiner, man konnte es sich nur denken. Doch Michael versuchte sich zusammen zu reißen, er konnte nicht auch noch schlapp machen. Derzeit ist er fast der einzige, der für Alex den ganzen Tag da ist. Auch wenn die eine Woche rum ist, hatte es Gerrit tatsächlich geschafft, für Michael noch eine Woche mehr zu bekommen. Doch wie es dann weiter ging, wusste keiner der beiden. Denn ob Gerrit anschließend eine oder mehrere Wochen frei bekam, wusste bisher keiner.
Und wieder einmal saß Gerrit im Büro und bearbeitete Akten und nebenbei versuchte er in „Sachen“ Vergewaltigung weiter zu kommen, doch er tat sich schwer, so ohne neue Anhaltspunkte. Eigentlich müsste der Tag bei Gerrit nicht 24, sondern 48 Stunden haben. Er kämpfte verbissen mit seinen Gedanken, denn statt sich auf die Akten zu konzentrieren, glitt er häufig mit seinen Gedanken zu Alex ab. Wie auch Michael, der wieder am Bett seiner Kollegin und besten Freundin saß und sich verzweifelt Sorgen machte. Ratlosigkeit machte sich immer mehr in ihm breit, auch er stieß an seine Grenzen, doch bisher kämpfte er dagegen an. Alex selbst lag nur noch im Bett, hielt sich den Bauch und starrte zur Seite, aber immer auf die Seite, wo keiner direkt in ihr Gesicht sehen konnte. Beim berühren ihrer Haut merkte auch Michael, dass Alex’ Fieber wieder etwas gestiegen war. Das nun wirklich etwas nicht mehr mit ihr stimmte, das war nun endgültig für Michael klar. Doch was sollte er tun? Wieder einen Arzt rufen, kam für ihn nicht in Frage. Sobald Alex das Wort „Arzt“ auch nur hörte, begann sie am ganzen Körper zu zittern. „Woher kommen nur die Bauchschmerzen und nun auch wieder die erhöhte Temperatur?“ Während Michael sich Sorgen machte, lag Alex ganz ruhig und besonnen im Bett. Sie war nicht einmal mehr in der Lage zu weinen, stattdessen machte sich Wut und Trauer in ihrem Körper breit. Ihr gesamtes und schönes Leben bisher, löste sich von einer Minute zur anderen wie in Luft auf.
Hatte Alex noch die Kraft, sich aufzuraffen und ein „neues“ Leben zu beginnen?
So verging Sonntag, für Alex schien alles bedeutungslos zu sein, ja sie fühlte sich sogar wertlos und zu nichts mehr zu gebrauchen. Fragen wie: „Warum lebe ich eigentlich? Was hat mir das bisherige Leben gebracht“, gingen ihr durch den Kopf. Den ganzen Sonntag über lag Alex im Bett und litt ganz leise. Tränen der Verzweiflung, der Angst, liefen ihr übers Gesicht. Doch sobald sie nicht alleine war, war für sie die Welt in Ordnung. Unter keinen Umständen wollte sie sich schwach sein und zeigen, dass es ihr noch schlechter ging, als es eh schon vermutet wurde.
Die Nacht über schlief Alex nicht so gut, sie wälzte sich hin und her und hatte teilweise starke Schmerzen, zudem kam noch die Übelkeit und Kopfschmerzen hinzu. Erst gegen Morgen schlief Alex endlich ruhig ein. Gegen Mittag, Alex schlief immer noch, läutete das Telefon. Michael saß auf seiner Couch im Wohnzimmer und dachte nach, das klingeln riss ihn aus seinen Gedanken um Alex. Michael stand auf, ging ans Telefon, als er sprach konnte er nicht vermeiden, dass seine Stimme leicht zitterte vor Anspannung und Angst. Seine Sorgen um Alex waren unermesslich, kaum zu beschreiben, egal was war, er dachte nur an sie. „Guten Tag Herr Naseband, Dr. Montag hier. Ich rufe wegen den Ergebnissen an. Leider konnte ich mich am Freitag schon nicht bei Ihnen melden, da die Praxis geschlossen war“, erklärte Alex’ Gynäkologe. Michael brachte nur ein knappes „Ja!“, hervor. Die Angst in diesem Moment war so groß. „Wie würden die Ergebnisse sein? Ist Alex ernsthaft krank?“, fragen, die er sich nicht beantworten konnte. Es herrschte Stille für einige Sekunden, die Michael wie endlose Minuten vorkamen. Endlich brachte Michael die Frage, die ihn sehr beschäftigte, über seine Lippen.
„Was sagen die Ergebnisse?“ Seine Hände zitterten vor Anspannung und Aufregung.
„Leider steht noch immer ein Ergebnis aus, das von der HIV-Untersuchung, dass dauert in der Regel leider um die 6-8 Wochen. Sobald ich diese habe, melde ich mich auch bei Ihnen.“ Wieder schweigen.
„Was kommt noch? Wird es eine gute Nachricht sein?“, fragte sich Michael. Er hoffte inständig, dass es wirklich mal etwas Positives für Alex gab. Es war nur das Rauschen vom Telefon zu entnehmen, ansonsten war es still. Michael war mit seinen Gedanken woanders. Erst die Stimme des Arztes brachte ihn wieder zurück. „Herr Naseband, Frau Rietz ist nicht schwanger, dass ist das eine. Zum anderen kann ich Ihnen nicht ganz sagen, ob Frau Rietz sich nicht doch etwas eingefangen hat. Laut den Blutergebnissen sind leichte Entzündungsanzeichen vorahnden, was sich aber auch täuschen kann – durch viele Einflüsse. Da müssen wir einfach mal abwarten.“
Ein leichtes Lächeln huschte über die Lippen von Michael, doch sofort verdunkelte sich sein Gesicht wieder. Wenn er an Alex mit den ganzen Schmerzen und Sorgen dachte, wie sie im Bett liegt und litt. „Wie geht es denn Frau Rietz?“, fragte der Arzt von Alex mit einer Sorgenfalte auf seiner Stirn. Er machte sich wirklich Sorgen um die physische und psychische Verfassung seiner Patientin. Diese Frage brachte Michael plötzlich um seine Verfassung, Tränen rannen ihm übers Gesicht.
Er konnte sie einfach nicht zurückhalten, auch der Arzt von Alex merkte es. „Herr Naseband, ist alles in Ordnung bei Ihnen?“, fragte Dr. Montag besorgt. Michael überlegte kurz, wie er den momentanen Gesundheitszustand seiner Kollegin erklären könnte. Doch dann sprudelte alles aus ihm heraus. Die Bauchschmerzen, die Krämpfe, die Übelkeit und die immer noch erhöhte Temperatur. Besorgt hörte sich der Arzt alles an. Er hatte bereits eine Vermutung, die er aber noch für sich behielt.
„Das hört sich nach einer Infektion an, die ich bereits schon erwähnt hatte, dass würde auch die Blutergebnisse erklären. Am besten Sie versuchen so schnell wie möglich, am besten heute noch, in meine Praxis zu kommen. Denn falls es eine Infektion ist, ist damit nicht zu spaßen“, erklärte Dr.Montag. „Ich kann es nur versuchen, Sie wissen doch, wie Frau Rietz beim letzten Mal reagiert hatte. Und es wird bestimmt nicht einfach werden, ihr zu erklären, warum sie noch mal in ihre Praxis kommen muss. Ich werde versuchen mir Frau Rietz vorbei zu kommen. Ich melde mich bei Ihnen, bevor ich los fahre. Ob es heute noch was wird, kann ich Ihnen nicht ganz versprechen. Frau Rietz lässt keinen an sich heran, es ist fast unmöglich mit ihr zu reden“, gab Michael besorgt von sich.
Und so beendeten sie das Telefonat. Michael legte auf und lies sich erschöpft auf seine Couch nieder. Er schloss seine Augen und dachte wieder einmal nach, zwar gab es schon eine gute Nachricht, doch diese überschattete alle anderen Nachrichten. Doch wie es nun weiter gehen sollte, war für ihn ein immer noch offentstehndes Rätsel. Nun saß er da und überlegte wie er Alex alles erklären könnte, doch er kam zu keinem Entschluss. Wieder nahm Michael seinen Telefonhörer zur Hand, sah auf das Display, doch ehe er die Nummer des K11s eingeben konnte, blinkte es mit einer, für ihn, unbekannten Nummer auf.
„Michael Naseband?“, meldete er sich, noch immer zitterte seine Stimme leicht, wenn er sprach.
„Marlies Rietz, ich bin die Mutter von Alexandra Rietz!“ – „Auch das noch“, dachte sich Michael im Stillen. „Guten Tag Herr Naseband. Ich möchte sie nicht lange stören, doch wissen. Sein zufällig, was mit meiner Tochter ist? Alex hat sich schon seit langer Zeit nicht mehr gemeldet, und ich selber erreiche sie nicht. Zu Hause geht sie nicht ans Telefon und ihr Handy ist auch aus. Im Büro ist keiner, der mir sagen kann, was mit meiner Tochter ist. Alex gab mir mal ihre Nummer, deshalb rufe ich nun bei Ihnen persönlich an. Ich mache mir solche Sorgen um Alex, dass ist nicht ihre Art, sich gar nicht zu melden“, gab Alex’ Mutter besorgt und auch ängstlich von sich. Sie kam fast vor Sorgen um. Es herrschte eine betretene Stille am Telefon.
„Auch das noch, was mache ich nun?“, fragte sich Michael. Genau das was er nicht wollte, war eingetreten. „Wie erkläre ich Alex’ Mutter das bloß? Kann Frau Rietz die Wahrheit sagen? Eigentlich ja nicht, so was muss Alex schon selber machen. Doch was sage ich ihr bloß?“, Michael überlegte und überlegte. Er musste ihr einfach was anderes auftischen als die Wahrheit, doch es ging nicht anders.
„Frau Rietz, es tut mir leid, doch was mit Ihrer Tochter ist, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Ich weiß nur, dass Alex’ derzeit Urlaub hat. Sobald ich etwas von ihr hören sollte, werde ich mich bei Ihnen melden!“, versuchte Michael Frau Rietz abzuwimmeln. „Gut, dann melden Sie sich bitte bei mir!“ und Alex’ Mutter legte auf. So ganz wollte sie sich mit der Antwort nicht zufrieden geben. Denn jede Mutter merkt, wenn etwas mit ihren Kindern nicht stimmte. Und es war nie Alex’ Art sich einfach ein paar Wochen nicht zu melden. Und so wurden die Sorgen von Alex’ Eltern immer größer.
Michael hing immer noch seinen Gedanken nach, er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er Alex’ Mutter zu abgewimmelt hatte und dazu noch nicht mal die Wahrheit sagte. Auch wenn immer noch ein kleines Stückchen Wahrheit dahinter steckte, doch wohl fühlte er sich in seine Haut absolut nicht. Doch eine andere Möglichkeit gab es nicht und damit musste Michael sich zufrieden geben. „Das kann halt wirklich nur Alex machen, auch wenn es ihr schwer fallen wird“, dachte sich Michael. Nun endlich rief er Gerrit an, er musste einfach mit jemanden reden. Vor allem bereitete ihm eines große Sorgen. „Wie erkläre ich Alex alles?“, fragte er sich immer und immer wieder. Auch Gerrit tat es gut, mit Michael reden zu können. Gerrit saß noch immer im Büro und kam nicht voran. Seine Konzentration galt anhaltend nur Alex und nicht den hauptsächlichen Ermittlungen. Und so kam Gerrit nicht weiter, seine Gedanken und Sorgen um Alex verliefen sich im Kreis. Doch auch er wusste nicht, wie es weiter gehen sollte, er kam einfach nicht weiter. Die Hilflosigkeit machte beiden wahnsinnig. Beide wussten nicht mehr, wie sie noch damit umgehen konnten. Sie zweifelten immer mehr an sich selber. Michael stand besonders unter Anspannung, seine Sorgen waren unermesslich, er wusste noch immer nicht, wie er Alex alles erklären sollte und seine Beurlaubung ging dem Ende entgegen und ab nächster Woche muss er wieder arbeiten und Gerrit würde die Aufgaben von Michael übernehmen. Zwar hatte er noch eine zusätzliche Woche bekommen, doch bisher nütze dies auch nicht viel, Alex lies niemanden an sich heran. Michael und Gerrit merkten deutlich, wie sehr alles psychisch von ihnen abverlangt wurde, doch sie kämpften gegen ihren Körper, ihrer seelischen Verfassung gegen an. Es tat beiden sichtlich gut, sich auszusprechen, doch wieder herum belasteten sie sich mit den Sorgen und Ängsten des anderen aufs Neue. Nachdem Gerrit versprach am Abend vorbei zu kommen, beendeten sie das Telefonat. Gerrit machte sich wieder an die Arbeit, so weit es ging und Michael blieb auf der Couch sitzen. Er wusste einfach nicht, wie er das noch alles bewältigen sollte.
Alex lag noch immer halbschlafend im Bett, doch die aufkommenden Schmerzen hinderten sie daran weiter zu schlafen. Alex richtete sich im Bett auf, noch immer war sie sehr müde und völlig erschöpft. Nun saß sie mit dem Rücken angelehnt an einer Wand, zog ihre Beine an, soweit es die Schmerzen zuließen. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie konnte einfach nicht mehr. Alex war sehr unruhig, sie kam absolut nicht mehr zur Ruhe, die schmerzen machten sie langsam wahnsinnig. „Ich kann nicht mehr, ich will auch bald nicht mehr“, weinte Alex leise vor sich hin. Immer wieder dachte sie über das bisherige Leben von sich nach. Ob es noch einen Sinn machte, für etwas zu kämpfen oder ob es sowieso zerstört war. In den letzten Tagen davor ließ auch ihr sonst so starker Lebenswille nach.
Alex weinte einfach nur und litt mit all den Schmerzen allein.
Michael saß noch immer im Wohnzimmer und dachte nach. Doch er kam zu keiner Lösung, er musste nun dadurch, wie schon so häufig. Er musste mit Alex reden, egal was passierte. So stand er auf und ging leise die Treppe hoch. An der Tür blieb er stehen, er hörte, wie drinnen aus dem Zimmer leise herzerreisende Schluchzer zu hören waren. Wieder krampfte sein Herz zusammen, es machte ihn einfach zu schaffen, wie sehr Alex litt und niemanden an sich heran ließ. Michael holte tief Luft und betrat das Zimmer, ganz langsam ging er in das Zimmer und blieb kurz vor dem Bett stehen. Es schockte ihn, was er sah. Alex saß noch immer im Bett, mit leicht angewinkelten Beinen und hielt sich den schmerzenden Bauch. Das Gesicht war blass und nur von Tränen überseht. Ihre Augen waren glasig und ohne jeglichen Glanz.
Michael überlief ein kalter Schauer, es tat ihm weh, zu sehen, wie sehr Alex sich quälte.
Langsam kam Michael immer näher, er setze sich vorsichtig neben sie, auf die Bettkante. Alex wich ihm nicht aus, sie sah nach unten, sie konnte ihm gerade nicht ins Gesicht sehen. Michael wieder herum nahm eine ihrer Hände und hielt sie fest, mit der anderen noch freien Hand streichelte er ihr zart über ihre heißen Wangen. Dies beunruhigte ihn auch sehr, da Alex auch ziemlich fiebrig aussah. Langsam hob Alex ihren Kopf und sah Michael direkt ins Gesicht. Ihre Augen wirkten sehr glasig und ohne jeglichen Glanz. Michael rückte noch etwas näher zu Alex heran und nahm sie bei den Schultern und drückte sie leicht an sich, dabei streichelte er ihr wieder sanft über den Rücken. Alex ließ alles mit sich machen, auf der einen Seite hatte sie immer noch ein Unwohlsein, wenn sie ein Mann berührte, doch auf der anderen Seite, gab Michael ihr gerade das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Alex saß einfach nur da und hielt sich der freien Hand ihren immer noch stark schmerzenden Bauch, dabei liefen ihr wieder Tränen übers Gesicht. „Michael, ich kann nicht mehr, mir tut mein Bauch so weh“, klagte Alex leise und immer noch liefen die Tränen unentwegt über die Wangen und hinterließen ihre Spuren. Langsam neigte Alex ihren Kopf zur Seite und legte den auf Michaels Schulter ab. Auch wenn Alex langsam die nötige Nähe sucht, so hält sie sich immer noch etwas zurück. Doch das Vertrauen zu Michael nahm langsam zu. Und genau das machte Michael Angst, denn in ein paar Tagen müsste er wieder arbeiten und kann sich nicht mehr rund um die Uhr um Alex kümmern, und wenn sie jetzt zu ihm nur Vertrauen sammelt, kommen sie nie weiter. Denn in ein paar tagen würde Gerrit hier sitzen. Doch bevor sich Michael darüber weiter Gedanken machte, musste er erst einmal das Problem Gesundheit und Arzt mit Alex klären.
Es herrschte eine Stille Michael überlegte, wie er beginnen könnte, doch es fiel ihm nichts ein, so fing er einfach an. „Alex?“, begann Michael unsicher.
„Ja?“, fragte Alex leise und kaum hörbar.
„Ich muss mit Dir reden“, er stockte, er wusste einfach nicht, ob es alles so richtig war. „Heute Morgen rief Dr.Montag bei mir an“, Michael schluckte und holte nochmals tief Luft.
„Es gibt eine gute Nachricht, Du bist nicht schwanger, doch es gibt da noch eine Sache“, Michael stockte wieder, es war einfach fast unmöglich für ihn mit Alex zu sprechen, da er sich gut denken konnte, wie es gerade in ihr aussah. „Ich habe Dr.Montag von Deinen Schmerzen berichtet und er bat mich, mit Dir noch einmal zu ihm zu fahren. Da es sein kann, dass Du Dir eine Infektion eingefangen hast“, Michael war erleichtert, endlich war alles raus. Doch eine wichtige Sache behielt Michael vorerst für sich, die noch ausstehenden HIV-Ergebnisse. Alex sagte nichts, stattdessen hob sie ihren Kopf und setze sich langsam mit Schmerzen im Bauch etwas abseits von Michael hin, wieder zog sie ihre Beine an sich heran, doch lange dauerte es nicht und sie streckte ihre Beine wieder von sich, da der Bauch heftig zu schmerzen begann. Aber Alex biss auf die Lippen und versuchte sich so gut es ging zusammenzureißen. Doch Michael merkte es, sagte aber nichts, er sah sie nur besorgt und ängstlich von der Seite an.
„Ich habe Angst!“, sagte Alex in einem weinerlichen Ton. „Ja ich weiß, aber Du musst noch mal zum Arzt, auch wenn es nicht einfach wird. Ich werde Dir immer helfen und bei Dir sein, so lange es möglich ist. Aber bitte denke auch an Deine Gesundheit. So lange Du krank bist, wirst Du nicht die nötige Kraft haben, Dich zu regenerieren. Es kann doch so nicht weiter gehen. Du brauchst ganz dringend psychologische Hilfe. Gerrit und ich werden Dir immer helfen, bitte denke noch einmal darüber nach“, sagte Michael in einem fürsorglichen, aber dennoch energischen Ton. Michael machte sich seine Gedanken, ob es nun richtig gewesen war, Alex dies auf diese Art und Weise klarzumachen, doch es gab auch keine andere Möglichkeit. Alex saß immer noch da, mit starken Schmerzen, und der Angst davor, noch mal zum Arzt zu müssen. Doch sie musste Michael zustimmen.
Doch war Alex schon bereit dazu, Hilfe in Anspruch zu nehmen? Oder war es bisher nur der Wunsch danach, wieder ein halbwegs normales Leben zu führen? Alex wusste es nicht, wie es weiter gehen sollte. In diesem Augenblick hatte sie den einen Wunsch – endlich diese Schmerzen und die Übelkeit loszuwerden. Ihr Körper hatte absolut keine Kraft mehr, noch gegen die Schmerzen anzukämpfen. Doch ganz automatisch begann der Körper, die letzten kaum noch vorhandenen Kräfte, zu mobilisieren. Und nun begann alles an Alex’ Gesundheit zu zehren. Die Angst wurde immer größer, vor der nächsten Untersuchung, als vor der eigenen Gesundheit. Noch immer machte ihr die Untersuchung zu schaffen, doch sie wusste auch, dass sie keine andere Wahl hatte, als noch mal zum Arzt gehen zu müssen.
„Michael kannst Du mich bitte allein lassen? Ich brauche etwas Zeit für mich!“, gab Alex völlig fertig und kraftlos von sich. „Ja klar, aber bitte denke noch einmal daran, es geht hier um Deine Gesundheit, wenn nicht sogar um Dein Leben!“, redete Michael eindringlich auf Alex ein. „Ja ich weiß, aber bitte lasse mich nun allein, bitte!“, flehte Alex in regelrecht an. Michael nickte nur und verlies ziemlich erschöpft und niedergeschlagen das Zimmer. Zuerst war er sich ganz sicher gewesen, das Vertrauen zu Alex zu bekommen, doch nun sah für ihn alles anders aus. „Habe ich Sie vielleicht doch zu sehr bedrängt? Oh-man, wie soll es bloß weiter gehen? Ich weiß einfach nicht mehr weiter! Dabei geht es hier doch um Ihre Gesundheit und Ihrer psychischen Verfassung“, sagte sich Michael leise, während er die Treppen hinunter ging. Im Wohnzimmer ließ er sich traurig auf sein Sofa fallen. Er legte sich hin und schloss seine Augen. Sein Kopf schmerzte, bisher hatte er das aufkommende Unwohlsein und die Ermüdungserscheinungen ignoriert, doch nun konnte er nicht mehr. Seine Kopfschmerzen wurden immer unerträglicher. Tränen der Verzweiflung liefen ihm über die Wangen, es wurde im einfach alles zu viel. Seine Kräfte ließen nach. Sein Körper forderte die gewünschte Erholung ein, die er seinem Körper in den letzten Tagen nicht gegeben hatte. Doch er musste sich zusammen reißen, er konnte jetzt nicht einfach schlapp machen - Alex brauchte ihn doch so sehr. „Michael reiß Dich zusammen!“, ermahnte er sich selbst.
Doch es brachte nichts, die Kopfschmerzen von Michael wurden immer unerträglicher. Er lag auf dem Rücken, und starrte, wenn seine Augen gerade nicht geschlossen waren, immer zu zur Decke und seine Gedanken glitten nur zu Alex. Die Kopfschmerzen, die Angst um Alex, die immer größer und größer wurde, machte ihn wahnsinnig. Er wusste einfach kein Ausweg mehr, es tat ihm einfach nur weh, wie sehr seine beste Freundin leiden musste. Gerne würde er ihr helfen, doch er wusste nicht wie und so konnte er nur tatenlos herum sitzen. Genau dass machte ihm einfach zu schaffen, dieses nichts tun können. Nun lag Michael einfach nur da und verzweifelte immer mehr an seinen Kopfschmerzen und der Angst. Während Michael mit seinen Kopfschmerzen und den Ängsten kämpfte, lag Alex im Bett und starrte ebenfalls an die Decke, dabei liefen ihr Tränen über’s Gesicht. Alex war verzweifelt, sie wusste, dass Michael Recht hatte, doch die Angst war einfach bisher größer als die Vernunft. Doch die Schmerzen machten ihr immer mehr klar, dass es fast keine andere Möglichkeit mehr gab, als doch zum Arzt zu fahren. „Ich schaffe das aber nicht, und ich will auch nicht mehr!“, gab Alex leise jammernd von sich. Sie war deprimiert, wusste keinen Ausweg mehr. „Warum? Warum ich?“, fragte sie sich unentwegt und suchte nach einer Antwort, doch es gab keine. Tränen hinterließen auf ihren heißen Wangen ihre Spuren und vertrockneten. Alex hielt sich wieder den Bauch und schloss ihre Augen, es dauerte nicht lange und sie schlief mit Trännennassen Gesicht ein. Die Schmerzen machten sie verrückt. Auch Michael schlief, doch er schlief unruhig auf der Couch. In Gedanken war er immerzu bei Alex, wenn man genau hinsah konnte man sogar sehen, dass er im Schlaf leicht weinte. Dünne Tränen klebten auf Michaels Wangen und suchten sich nur spärlich den Weg über’s Gesicht. Es wurde langsam Abend, Michael und Alex schliefen immer noch, nur Gerrit machte gerade im Büro des K11s das Licht aus und verließ das Kommissariat. Etwas müde und erschöpft fuhr er zu Michael, seine Sorgen zu Alex waren unermesslich und nahmen kein Ende. Doch er machte sich auch um Michael Sorgen. Auch wenn Gerrit Alex noch nicht lange kannte, so verstanden sie sich beide auf Anhieb gut und wurden gute Freunde. In schwierigen Situationen halfen sie sich alle gegenseitig, dies schweißte die Freundschaft immer mehr zusammen. Umso schlimmer ist es nun für ihn, aber auch für Michael, nichts tun zu können. Immer wieder wurden Gerrit und Michael an die Grenzen ihrer Ratlosigkeit getrieben. Gedankenverloren fuhr er so zu Michael, parkte das Auto und ging auf das Haus zu. Leise schloss er das Haus auf, mit dem Ersatzschlüssel, den er von Michael bekam und trat ein. Alles war dunkel und ruhig, es regte sich nichts. Leise schlich er sich ins Wohnzimmer und sah Michael auf der Couch liegen. Er erschrak, Michael sah sehr blass und erschöpft aus und schlief unruhig. Gerrit ging wieder aus dem Wohnzimmer und direkt in die Küche, dort bereitete er erstmal etwas Brot und zu trinken vor, für Michael. Er war sich sicher, dass Michael noch nichts Richtiges gegessen hatte. Anschließend ging er wieder zu Michael und weckte ihn sanft auf, welcher auch langsam zu sich kam. Er richtete sich schleppend auf, doch dabei hielt er seinen immer noch schmerzenden Kopf, schloss wieder seine Augen und sank zurück auf die Couch, dass Licht brannte in seine Augen und tat ihm nur noch mehr weh. „Leg’ Dich wieder richtig hin, ich gehe erstmal nach Alex sehen, wie es ihr geht und komme dann wieder zu Dir. Versuche noch etwas zu schlafen“, sprach Gerrit leise zu Michael und machte wieder das Licht aus und verließ das Wohnzimmer.
Gerrit überblickte die Lage sofort, jetzt machte er sich nicht nur um Alex, sondern auch um Michael. Nun lag alles an ihm, er musste sich nun nicht nur um Alex mitkümmern, sondern auch Michael wieder auf die Beine bringen. Gerrit hatte absolut keine Zeit, sich auch noch um sich selbst zu kümmern, er gönnte sich schon seid Wochen keine Ruhe. Vorsichtig klopfte er an die Tür von Alex, doch keine Reaktion war zu vernehmen. Leise öffnete er die Tür und sah in den Raum. Alex lag im Bett und schlief unruhig, sie wälzte sich hin und her und hielt sich den schmerzenden Bauch. Gerrit ging langsamen Schrittes auf das Bett zu und setze sich auf die Kante, legte sanft eine Hand auf Alex’ Schulter, um sie etwas zu beruhigen. Es dauerte etwas, doch dann regte sich Alex leicht und öffnete ihre Augen. Sie blickte direkt in die stahlblauen Augen von Gerrit. Wieder sammelten sich Tränen in Alex’ Augen, die sich langsam den Weg über ihre Wangen suchten. Alex war am Ende, sie konnte nicht mehr alles tat ihr weh, ihr Körper konnte nicht mehr und seelisch war alles zerstört. Pst… Alex, ganz ruhig. Alles wird wieder gut!“, sprach Gerrit beruhigend zu Alex. Und wieder strich er ihr dabei behutsam übers Gesicht. Erschrocken stellte er dabei fest, dass das Fieber von Alex gestiegen war. „Alex, ich komme gleich wieder“; sagte Gerrit und stand schnell auf. Er lief schnellen Schrittes in die Küche, suchte etwas Brauchbares für das Fieber und fand einen Lindenblütentee, welchen er auch sofort zubereitete. Er lief ins Badezimmer und suchte ein kleines Handtuch und machte es nass, anschließend lief er wieder in die Küche, holte den Tee und eilte wieder zu Alex. „Hier Alex, trink’ etwas, dass wird Dir gut tun“, sagte er in einem leisen Ton und reichte ihr die heiße Tasse. Alex erwiderte nichts, dafür war sie viel zu matt. Vorsichtig nippte sie an der Tasse und reichte sie wieder Gerrit. Er stellte die Tasse auf dem Nachttisch ab und wendete sich wieder Alex zu. „Leg’ Dich wieder hin versuche noch etwas zu trinken zwischendurch, aber ansonsten versuche zu Schlafen.“ Alex ließ sich zurück ins Kissen sinken und schloss ihre Augen, sie tat alles, was man ihr befohl, sie war am Ende mit ihren Kräften. Gerrit legte vorsichtig den kalten Lappen auf die Stirn von Alex und schlich sich leise aus dem Zimmer. „Alex ich bin bei Michael. Wenn etwas ist, dann rufe mich, ich lehne die Tür nur heran“, sagte Gerrit, bevor er ganz aus dem Zimmer verschwand und zu Michael ging. Alex nickte nur ganz schwach. Besorgt und eigentlich auch restlos erschöpft ging er zu Michael, auf dem Weg dorthin machte er einen Abstecher in die Küche und holte für sich und Michael das schon fertige Abendbrot heraus, und schlich sich leise ins Wohnzimmer. Michael öffnete vorsichtig seine Augen, doch noch immer schmerzte sein Kopf sehr. „Michael, ist alles in Ordnung mit Dir? Brauchst Du etwas?“, fragte Gerrit besorgt. „es geht schon. Aber was ist mit Alex, wie geht es ihr? Ich mache mir solche Sorgen, dass Fieber ist wieder gestiegen und die Schmerzen werden auch immer schlimmer“, sprach Michael das aus, was ihm am meisten Sorgen bereitete. Um sich und um seine Gesundheit kümmerte er sich einfach nicht, es galt nur Alex und das redete sich Michael andauernd ein.
„Ja, ich habe eben auch nach Alex gesehen, sie kann kaum noch. Ich habe ihr etwas zu trinken gebracht, essen möchte sie partout nicht. Michael, wir müssen uns etwas einfallen lassen, es ist sonst unverantwortlich, dass sie sich so quält. Sie hat große Schmerzen, das Fieber ist gestiegen. Ihr Körper kann das bald nicht mehr verkraften. Wir können bald nicht mehr drauf warten, bis Alex zu Grunde geht, es geht hier um ihre Gesundheit. Wir müssen sie bald, wenn es nicht besser wird, oder sie sich doch entscheidet, sich behandeln zu lassen, auch gegen ihren Willen ins Krankenhaus bringen. Aber nun iss Du erstmal etwas, nichts dass Du auch noch krank wirst. Alex braucht uns beide nun sehr“, drückte Gerrit alles in einem energischen Ton aus. Es herrschte Stille nach Gerrits Rede, Michael wusste, dass Gerrit, mit allem was er sagte Recht hatte. Doch könnte er Alex gegen ihren Willen ins Krankenhaus bringen?
Bevor Michael begann sich weiter Gedanken zu machen, musste er erst mal sehen, dass er diese fürchterlichen Kopfschmerzen loswerden würde. Er sah das Essen, er hatte keinen so rechten Appetit, eigentlich war er gar nicht im Stande bei den Sorgen und Ängsten noch etwas zu essen. Sein Magen sperrte sich. „Michael nun iss bitte etwas“, sprach Gerrit besorgt Michael an, der noch immer auf das Essen starrte. „Ich kann nicht, ich habe einfach keinen Hunger. Gerrit, könntest Du so lieb sein und mir aus dem Badezimmer eine Kopfschmerztablette holen, ich werde sonst noch bald wahnsinnig“, bedrückt sah er zu Gerrit auf, dieser nickte nur und stand auf. Nun saß Michael allein im Wohnzimmer, statt etwas zu essen, schweifte er mit seinen Sorgen zu Alex ab. Er legte sich soweit wieder hin, dass er seinen Kopf ablegen konnte. Und dabei immer noch halb aufrecht saß. Dass Michael sich schlapp und unwohl fühlte, versuchte er zu verdrängen. Er wollte nicht jetzt und hier schlapp machen, er gab sich alle Mühe etwas zu verdrängen. Gerrit kam mit Kopfschmerztabletten und einem Glas Wasser wieder ins Wohnzimmer. Michael griff sofort nach den Tabletten und nahm auch gleich 2 Stück auf einmal. Anschließend legte er sich ganz hin, da ihm leicht schwindelig war. Wieder herrschte Stille, Gerrit und Michael suchten verzweifelt nach Worten, nach Worten die alles erklären und erleichtern würden. Doch sie fanden nichts. Michael schloss nun desöfteren seine Augen, sein Kopf schmerzte immer noch sehr und es ging ihm zusehends schlechter. Nun griff er nach einer Decke und kuschelte sich ein, während Gerrit zwar seinen Gedanken nachhing, aber dennoch Michaels Handlungen beobachtete. „Michael, bist Du sicher, dass alles in Ordnung mit Dir ist?“ –„Klar, Gerrit, ich habe nur etwas Kopfschmerzen und mir ist etwas kühl, ansonsten mach Dir keine Gedanken um mich. Mir geht’s gut“, fügte Michael nur knapp zu Gerrits Frage hinzu. Gerrit schüttelte den Kopf und griff zum Telefon. Er rief beim Staatsanwalt an, den er zum Glück noch im Büro erreichte. Er schaffte es tatsächlich für die nächsten beiden Tage frei zu bekommen. Als er das Telefonat beendete, sah er besorgt zu Michael, welcher seine Augen geschlossen hatte und mit beiden Händen seinen Schläfen massierte. „Michael, Du kannst mir nichts vormachen, als bitte sei ehrlich und gib’ zu, dass es Dir nicht gut geht. Es ist doch nicht verwunderlich, dass auch Dein Körper irgendwann bei den Strapazen nicht mehr kann. Du hast Dich die letzten Tage nur um Alex und nicht um Dich gekümmert, Du brauchst auch etwas Ruhe und vor allem Abwechslung. Übrigens ich habe morgen und übermorgen frei, kann mich also etwas vermehrt um Alex kümmern, während Du Doch etwas ausruhst. Denn denke daran, nächste Woche musst Du wieder ins K11. Ob ich nun meinen Urlaub genehmigt bekomme, muss ich noch mit dem Staatsanwalt besprechen, aber das wird schon“, sagte Gerrit bestimmt, versuchte aber auch sich Mut zu machen. Denn eigentlich waren beide machtlos noch etwas für Alex zu tun.
So saßen beide noch eine Weile da, durch die Tabletten ging es Michael etwas besser, dennoch fühlte er sich krank und war Gerrit auch sehr dankbar, das dieser nun alles in die Hand nahm und sich um Alex kümmerte, als diese wieder rief.
Gerrit ging leise ins Zimmer, Alex lag da, krümmte sich vor Schmerzen. „Gerrit, ich kann nicht mehr, es wird immer schlimmer. Es tut so weh“, klagte Alex und ihr liefen Tränen übers Gesicht. Gerrit überlegte, was er tun könnte. „Ich bringe Dir eine Wärmflasche, dass muss fürs erste reichen“, sagte dieser und lief in die Küche und bereitete die Wärmflasche zu. Wieder lief er zu Alex hoch und reichte ihr diese. Und tatsächlich, es zeigte etwas Wirkung und die Schmerzen ließen nach. Gerrit war mehr als beunruhigt, er stand auf und ging schnellen Schrittes zu Michael. „Michael, wir müssen etwas tun. Alex hat große Schmerzen, zwar geht es gerade, da ich ihr eine Wärmflasche gemacht habe, doch sie sieht nicht gut aus. Also was sollen wir machen?“, fragte Gerrit voller Hoffnung Michael, auch wenn ihm klar war, dass dieser auch keine Lösung hatte. „Ich weiß es doch auch nicht. Eigentlich müsste sie ins Krankenhaus. Aber können wir sie einfach gegen ihren Willen dorthin bringen? Ich weiß es nicht, ich bin genauso ratlos wie Du“, gab Michael entmutigend zurück. Beide saßen da und mussten immer wieder hören, wie sehr Alex vor Schmerzen aufstöhnte. Es zerriss beidem das Herz, wenn sie Alex so jammern hörten, doch sie konnten nichts machen. Ich geh’ eben mal zu Alex, um nach ihr zu sehen“, sagte Gerrit und ging wieder zu Alex. An der Tür blieb er kurz stehen, er konnte deutlich sehen, wie Alex vor Schmerzen weinte und sich den Bauch hielt. Leise betrat er den Raum und setzte sich auf die Bettkante, er strich ihr sanft übers Gesicht. Es dauerte etwas, bis die Krämpfe nachließen und Alex sich beruhigte. „Wie geht es Lucy?“, kam plötzlich und unerwartet die Frage von Alex. – „Ich mache mir solche Sorgen um sie. „Lucy geht es den umständen entsprechend gut. Carsten kümmert sich liebvoll um sie. So viel ich gerade weiß, ist sie in psychologischer Behandlung“, gab Gerrit wieder, der etwas sehr überrascht war, dass Alex noch die Kraft aufbringen konnte und an ihre Freundin dachte. „Danke“, gab Alex noch von sich, ehe sie die Augen schloss und vor lauter Erschöpfung einschlief. Leise schlich sich Gerrit aus dem Zimmer und ging wieder zu Michael, der seine Augen geschlossen hatte, aber dennoch wach war. „Wie geht es Alex?“, fragte dieser. – „Nicht gut, sie ist gerade eben etwas eingeschlafen, hoffentlich bleibt es auch so. Sie fragte mich sogar wie es Lucy geht, dabei hat sie doch gerade andere Sorgen“, sagte Gerrit und schüttelte immer noch den Kopf. „Das ist doch Alex, sie kümmert sich lieber um andere, als um sich selbst. Kommt den Lucy besser mit der Tatsache einer Vergewaltigung klar?“, bei dem Wort lief es Michael eiskalt den Rücken runter. Er kann es bis heute nicht nachvollziehen, warum man Frauen so etwas antut. „Aber dafür wird es wohl nie eine Erklärung geben“, sagte Gerrit, der Michaels Gedanken erriet. Es verging ca. eine Stunde, bis plötzlich aus dem Zimmer von Alex schreie zu hören waren. Diese Laute drückten alles aus. Schmerz und Angst. Michael und Gerrit standen sofort kerzengrade und liefen zu Alex. Diese lag da und wälzte sich hin und her, aber ihre Augen waren geschlossen. Alex träumte von dem jeglichen Abend, der ihr Leben veränderte. Schmerzen durchbohrten ihren Körper und das Fieber stieg zusehends. In Michael und Gerrit stieg eine große Angst, aber auch wieder diese verhasste Hilflosigkeit auf.
Sie wussten nicht, was sie tun sollten, denn noch immer weigerte sich Alex strikt zum Arzt zu gehen. Egal wie stark die Schmerzen waren, die Angst vor einem Arzt war um die Vielzahl größer als die Schmerzen. „Gerrit, was machen wir bloß? Wir können doch nicht einfach nur zusehen, wie Alex fast umkommt vor Schmerzen. Ich habe echt ‚’ne Scheißangst um sie!“, gab Michael besorgt von sich und sah mit dünnen Tränen in den Augen Gerrit an. Auch dieser kämpfte sehr mit den Tränen. „Ich weiß es nicht Michael! Alex muss ins Krankenhaus, wir können keine Rücksicht mehr auf sie nehmen, bis sie sich endlich dazu entschieden hat, sich behandeln zu lassen. Ich versteh’ ja ihre Angst, doch wenn das so weiter geht, riskiert sie ihre Gesundheit. Lass’ es nur eine Blinddarmentzündung sein, Du selber weißt bestimmt auch, was passiert, wenn man diese nicht behandelt!“, gab Gerrit nun von sich. Beide sahen abwechselnd zu Alex und dachten nach. „Es tut so weh! Was ist das bloß?“, gab Alex jammernd und mit dicken Tränen in den Augen, die ihr nach und nach die Wangen hinunterliefen wieder. „Du hast Recht Gerrit, wir bringen sie nun in ein Krankenhaus, egal wie sie sich wehrt. Zur Not müssen wir einen Krankenwagen rufen“, sagte Michael bestimmend, ging aus dem Zimmer und zog sich Jacke und Schuhe an, Gerrit tat es ihm gleich. Und so gingen die beiden wieder zu Alex. Diese lag noch immer im Bett und hielt sich ihren Bauch fest. „Alex, bitte versuche Dir etwas anzuziehen!“, bat Michael sanft aber bestimmend. Alex sah Michael mit großen Augen an. „Warum?“, fragte dieser nur und vergas für einen Moment ihre Schmerzen. „Du brauchst einen Arzt und zwar dringend und da bringen wir Dich nun hin. Wir wissen beide, dass es Dir schwer fällt, doch Du riskierst Deine Gesundheit und vielleicht sogar Dein Leben“, sagte Gerrit bestimmend, versuchte es aber so ruhig wie möglich zu erklären.
Alex schaute die beiden mit ihren großen braunen Augen an. Es war deutlich zu sehen, dass sie trotz der Blässe und dem Fieber, welches ihre Augen ausdrückten, Angst hatte. „Nein, das könnt Ihr nicht machen. Ich geh’ in kein Krankenhaus, dazu könnt Ihr mich nicht zwingen. Nicht gegen meine Willen, dazu habt Ihr kein Recht“, schrie Alex schon fast, zuckte aber daraufhin heftig zusammen. Die Schmerzen nahem ihr fast die Luft zum Atmen. „Warum hört das nicht auf?“, jammerte Alex und schloss ihre Augen. Sie hechelte regelrecht nach Luft, die Schmerze brachten sie noch um ihren Verstand. Michael und Gerrit standen geschockt da, sie wussten, dass Alex Recht hatte. „Gegen Ihren Willen dürfen wir nichts tun, so lange sie noch einigermaßen klar denken kann. So ist leider die Rechtslage“, gab Gerrit von sich. „Scheiß auf die Rechtslage, hier geht es um die Gesundheit eines Menschen, um Alex“, fügte Michael gereizt aber auch verzweifelt hinzu. Er ging näher zu Alex und kniete sich vor das Bett. „Alex, bitte, wir wollen Dir nur helfen. Du brauchst einen Arzt. Wir werden Dir immer helfen und Dir beistehen, aber bitte lass’ Dir helfen!“, sagte Michael und streichelte Alex über ihre glühend heißen Wangen. Alex regte sich nicht, ihre Augen waren geschlossen. „Alex? Alex? Was ist mit Dir?“, fragte Michael panisch. Doch Alex zeigte keine Reaktion. „Gerrit, wir müssen sofort ins Krankenhaus, Alex ist ohnmächtig“, sagte Michael laut und Tränen liefen ihm übers Gesicht. „Das war wohl zu viel. Das hohe Fieber, die Schmerzen, ihre letzte Kraft, mit der Sie sich versucht hatte zu wehren, fügte Michael noch hinzu und zog Alex schnell etwas anderes an. Gerrit öffnete alle Türen und Michael trug sie hinaus zum Auto. Er legte sie auf die Rückbank und setzte sich dazu, ihren Kopf legte er auf seinen Schoß. Gerrit fuhr mit Blaulicht in die Klinik und informierte das Krankenhaus.
„Mensch Gerrit, fahr’ etwas schneller, aber bitte rase nicht so um die Kurven“, drängte ihn Michael sehr- „Ich kann nicht schneller fahren, Du siehst doch selber, dass hier alles voll ist“, gab Gerrit genervt zurück. „Ja ist OK, aber Alex geht’s echt nicht gut, wir müssen uns beeilen“, sagte Michael und widmete sich wieder voll und ganz, der immer noch ohnmächtigen, Alex. Er strich ihr sanft übers Gesicht wischte ihre Haare aus dem völlig verschwitzten und glühendem Gesicht. „Wie dauert das denn noch?“, fragte Michael wieder, für ihn kam alles wie eine Ewigkeit vor. „Ich fahre schon so schnell ich kann, aber trotz des Blaulichtes komme ich nur spärlich voran und du weißt selber dass die Fahrt zur Klinik etwas Zeit in Anspruch nimmt“, gab nun Gerrit völlig erschöpft von sich. Auch er merkte so langsam, wie sehr das alles an seinen Nerven nagte. Michael achtete gerade mehr auf den Verkehr, als er eine Bewegung vernahm. „Alex? Alex?“, fragte Michael und rüttelte sie ganz sanft bei den Schultern. „Michael? Was ist passiert? Oh mein Bauch“… stöhnte Alex kurz auf und schloss wieder ihre Augen. „Alex, schön wach bleiben, rede mit mir“, wieder rüttelte Michael Alex bei den Schultern, doch es kam keine Reaktion. „Alex? Komm, wach auf!“, sagte Michael mit Tränen in den Augen. „Wir sind bald da, Du musst nur noch durchhalten, komm wach wieder auf“, redete Michael auf Alex ein. „Wohin fahren wir?“, fragte Alex plötzlich, ihre Augen waren immer noch geschlossen, es tat ihr alles weh. Das Fieber stieg immer mehr, alles klebte an ihrem nassen und völlig verschwitzen Körper. „Alex!“, gab Michael erleichtert wieder. „Wir fahren Dich ins Krankenhaus, da wo Du hingehörst“ teilte Michael ihr mit. Es entstand eine Pause, Alex musste förmlich nach Luft hecheln. Alles tat ihr weh, die Schmerzen nahmen ihr die Luft zum Atmen. Michael strich ihr übers Gesicht, redete zärtlich auf sie ein und ihr dabei ihre Hände fest. Gerrit war so sehr in Gedanken und auf den Straßenverkehr versunken, dass er es nicht einmal registrierte, wie Alex zu sich kam. „Mensch Gerrit, wie lange noch? Alex wird immer wieder ohnmächtig und das Fieber steigt wohl auch immer mehr an. Sie zittert am gesamten Körper vor Schmerzen“, sagte Michael und sah besorgt zu Alex, die damit kämpfte Luft zu bekommen und ihre Schmerzen zu unterdrücken. „Wie? Alex ist wieder zu sich gekommen? Wir sind in ca. 10 min da!“, gab Gerrit von sich und fixierte sich wieder auf den Straßenverkehr. Michael schüttelte nur mit dem Kopf und kümmerte sich um Alex. „Ich will nicht ins Krankenhaus, dass geht auch wieder weg. Ist bestimmt nur eine Magen-Darm Grippe. Die kann ich auch zu Hause im Bett auskurieren“, gab Alex erschöpft und kaum noch bei Kräften von sich. Sie versuchte trotz der Schmerzen dagegen anzukämpfen, nicht ins Krankenhaus zu müssen. „Alex sein vernünftig, Du brauchst ärztliche Hilfe. Und es ist keine Magen-Darm Grippe, dass kann ich Dir schon so sagen“, gab Michael gereizt wieder. Er konnte es einfach nicht glauben, dass Alex noch immer versuchte, sich zu weigern und nicht ins Krankenhaus zu müssen. „Ich geh nicht ins Krankenhaus, lasst mich hier raus“, schrie Alex und versuchte sich aufzurichten. Doch sofort viel sie kraftlos wieder zurück und schrie vor Schmerzen auf. Sie fasste sich an ihren Bauch und krümmte sich leicht vor Schmerzen. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, sodass Alex wieder ohnmächtig wurde. Ihr Körper konnte die Schmerzen nicht mehr ertragen und machte schlapp. Völlig schlaff hing ihr Körper nun über Michaels Beinen. Es jagte ihm ein Schauer über den Rücken, als er Alex’ schreie hörte. Man konnte förmlich spüren, dass ihr Körper keine Kraft mehr besaß. Das Fieber und die Schmerzen hatten ihren Körper gänzlich die Kraft genommen.
Doch da Michael am anderen Ende der Stadt wohnte und das Krankenhaus nicht unmittelbar in seiner Nähe lag, dauerte die Fahrt in die Klinik etwas länger, für Michael waren es endlos lange Minuten, die ihm fast wie Stunden vorkamen. Gerit konzentrierte sich nur noch stur auf den Straßenverkehr, es ging ihm viel zu viel durch den Kopf. Insbesondere machte sich nach und nach die immer mehr aufkommende Müdigkeit in ihm breit. Er merkte einfach, wie sehr die ganze Situation, nun auch nicht mehr spurlos an ihm vorüber ging. Doch er musste sich zusammen reißen. Alex, aber vor allem Michael brauchte ihn nun. Auch wenn zwischen Michael und Alex nur eine tiefe Freundschaft bestand, so standen sie sich doch sehr nahe. Es nahm Michael alles mehr mit, als Gerrit. Desgleichen bestand eine Freundschaft zwischen Gerrit und Alex, doch diese Freundschaft war nicht so intensiv wie die von Michael und Alex.
Endlich erblickten beide das Krankenhaus. Sie fuhren mit dem Auto vor, und luden, die noch immer bewusstlose Alex, aus dem Auto. Es ging alles so schnell, innerhalb von wenigen Minuten befand sich Alex im Untersuchungsraum, Michael und Gerrit mussten dem behandelnden Arzt Rede und Antwort stehen. Es fiel beiden schwer, sie mussten sich zusammenreißen, wenn sie dem Arzt nahe brachten, was sich in den vergangenen 14 Tagen ereignete. Sie durchlebten sozusagen alles, was sie mit Alex erlebten. Doch für den Arzt war es von wichtiger Bedeutung, dies alles zu wissen. Nun wo der Arzt alles wusste, waren beide wieder auf sich allen gestellt und mussten draußen vor dem Untersuchungsraum warten. Doch durch das Fenster konnten sie mit verfolgen, was die Ärzte mit Alex machten. So kam es auch, dass Michael und Gerrit mit bekamen, wie Alex wieder zu sich kam. Verwundert blickte sich Alex um, sie wusste im ersten Moment nicht wo sie sich befand, doch als sie merkte wie man an ihr herumhantierte, stieg eine Angst und Panik in ihr auf. Sie versuchte sich, mit kaum noch vorhandenen Kräften, zu wehren. Es war fast unmöglich Alex zu beruhigen, doch da betrat Michael einfach Raum, er ging auf Alex zu, fasste sie bei den Armen und redete beruhigend auf sie ein. Alex sah lange in seine Augen, die viel Wärme –aber auch Besorgnis ausstrahlten, doch schon kurz danach senkte sie ihren Kopf und ließ sich zurück auf die Liege fallen. Wieder waren da die großen Schmerze, die ihr fast die Luft zum Atmen nahmen. Doch Alex versuchte sich zu wehren, doch es hatte keinen Sinn. Die Ärzte gaben ihr etwas zur Beruhigung und so schlief sie wieder ein. Es erfolgten einige Untersuchungen, doch ein genaueres Ergebnis gab es nicht, so wurde Alex erstmal auf ein Zimmer gebracht. Michael und Gerrit waren überrascht und nun auch noch mehr besorgt als vorher. Sie konnten nicht verstehen, dass die Ärzte nichts fanden, was die Schmerzen auslöste. Sie betraten leise das Zimmer von Alex. Sie lag ganz ruhig mit geschlossenen Augen da und regte sich nicht. Über eine Infusion bekam Alex ein Schmerzmittel, genau diese Hand nahm Michael und legte sie in seine Hand. Ganz zart streichelte er diese und wanderte mit seinen Gedanken weit ab.
Erst Gerrit holte ihn in die Wirklichkeit zurück. „Michael, ich glaube Alex braucht Ruhe und wir auch, wir sollten gehen. Alex braucht den Schlaf, um wieder zu Kräften zu kommen“, brach Gerrit die Stille. „Du hast Recht, ich komme gleich“, sagte Michael und blickte noch einige Minuten verstohlen zu Alex. Gerrit wartete in der Zwischenzeit schon im Auto, er war völlig kaputt und wollte einfach nur Ruhe haben. Er merkte einfach, wie sehr im die Ruhe fehlte. In den letzten Wochen gab es nur Stress, kaum Schlaf und Sorgen über Sorgen. Gerrit musste erkennen, dass es einfach zu viel war. Es dauerte noch etwas, bis Michael kam und so saß Gerrit da und legte seinen Kopf auf das Lenkrad und schloss für einige Minuten seine Augen. Er dachte an nichts, sein Kopf war so leer, in ihm war einfach alles leer. Es dauerte nicht lange und Michael kam und setzte sich auf den Beifahrersitz, ohne noch ein Wort zu sagen, zündete Gerrit den Motor und fokussierte sich auf den Straßenverkehr. Ihm war nicht nach Unterhaltung er war einfach nur froh, dass Alex in sicheren Händen war und er jetzt wieder etwas Zeit hatte, sich in aller Ruhe um die Ermittlungen zu kümmern und etwas Zeit für sich selbst zu haben. Vor allem aber bereitete ihm Michael noch Sorgen, auch wenn er es zu verbergen wusste, so konnte Michael ihm nichts vormachen, dass es ihm nicht gut ging. Noch immer hatte Michael Kopfschmerzen und sah auch während der langen Fahrt nur aus dem Fenster und hin und wieder schloss er seine Augen. Die ganze Sache mit Alex nahm ihn einfach zu sehr mit. Jetzt wo Alex in guten Händen war, hatte er wieder etwas Zeit, zu sich zu finden, doch genau das fiel ihm schwer, noch immer wussten die Ärzte nicht, was mit Alex los war und das gab ihm keine Ruhe. Zwar fiel von ihm eine große Last ab, da nun er keine Verantwortung mehr für Alex hatte, sondern die Ärzte. Doch zur Ruhe konnte er nicht finden, dafür dachte er viel zu sehr nach. So verging auch der Abend, Gerrit fuhr Michael nach Hause und fuhr anschließend zu sich selbst, dort legte er sich auch sofort zu Bett. Und bei Michael sah es nicht anders aus. So verging der Montagabend und es wurde Dienstag. Alex hatte die Nacht im Krankenhaus einigermaßen gut überstanden, sie bekam auch in regelmäßigen Abständen Schmerzmittel über die Infusion gereicht. Doch Michael erging es nicht gut, er konnte die Nacht über kaum schlafen, erst jetzt konnte er richtig abschalten, mal eine ganze Nacht ohne die Angst haben zu müssen, dass jederzeit etwas mit Alex sein könnte. Er versuchte abzuschalten, sich einfach mal um sich selber zu kümmern, doch dafür fühlte er sich nicht gut genug. Die ganze Anspannung, die sich in den letzten 1 ½ Wochen gebildet hatten, vor allem aber in den letzten Tagen, hatten seine Spuren hinterlassen. Michael fühlte sich einfach restlos erschöpft und niedergeschlagen. Jetzt, wo er eine Last weniger hatte, da Alex sich in guten Händen befand, machte sich alles bei ihm bemerkbar, was sich schon am gestrigen Tag zeigte. Und auch Gerrit fühlte sich nicht sonderlich wohl, sondern eher schwach und erschöpft, doch er musste arbeiten. Doch konzentrieren konnte er sich nicht.
Er kam noch immer nicht mit den Ermittlungen voran und so langsam verschwand auch das Verständnis beim Staatsanwalt, zwar war es eine traurige Angelegenheit, doch die Arbeit hatte für ihn immer noch oberste Priorität. Die Lasten auf Gerrits Schulter wurden immer größer, er konnte einfach nicht mehr. Er fühlte sich nicht wohl, alles wuchs ihm über den Kopf. Und gerade jetzt schlugen die Täter wieder zu. „Hätten die nicht noch etwas länger Pause machen können?“, fragte sich Gerrit und hielt sich seinen schmerzen Kopf. Man merkte ihm richtig an, dass er die Wochen davor kaum geschlafen hatte, seine Konzentration ging immer mehr bergab. Er sah sich erneut die Akten an und jetzt auch die aktuelle. Es gab einfach nichts, er tappte im leeren herum. Die Täter machten keine Fehler, zumindest fand Gerrit nichts. Bisher gab es nicht einmal brauchbare DNA Spuren, die zur weiter Verwendung gebraucht werden konnten, da nichts in der deutschen Datenbank, über die Täter etwas vorlag. Auch das Umfeld von den beiden versuchte Gerrit ausfindig zu machen, doch so lange er nicht wusste, hinter welchen Personen er her ist, konnte er nichts machen. Er legte den Fall mit den Vergewaltigungen weg und nahm andere Berichte zur Hand und tippte diese ab. Michael lag unterdessen auf der Couch und schlief, es ging ihm noch nicht viel besser, er fühlte sich ausgelaugt und müde. Endlich konnte er etwas schlafen, auch wenn die Sorgen um Alex nicht abnahmen, doch er wusste, sie ist in guten Händen. Und so war es auch, die Ärzte bemühten sich redlich um Alex. Doch noch immer tappten sie im Dunkeln. Zwar konnten sie einiges ausschließen, doch das änderte nichts am Zustand von Alex. Diese lag im Bett und schlief, die Schmerzmittel und ein leichtes Antibiotikum machten sie müde. Das Fieber sank etwas, doch einiges gefiel den Ärzten nicht, dass der Bauch von Alex auf alle Berührungen reagierte und einen Schmerz auslöste. Egal wo man leicht anfasste, es tat der Alex höllisch weh.
Gegen Nachmittag, Michael fühlte sich etwas besser, fuhr er ins Kommissariat – um Gerrit abzuholen, doch als er ankam, sah er wie Gerits Kopf auf dem Tisch lag, er war eingenickt.
„Hey Gerrit aufwachen“, sagte Michael und rüttelte ihn etwas unsanft aus seinen Schlaf.
Gerrit blickte Michael an und nickte fast wieder ein. „Gerrit, was ist los? Geht’s Dir nicht gut?“, fragte Michael ihn etwas verwirrt und besorgt. Es dauerte etwas, bis Gerrit etwas wacher wurde. „Doch, geht schon, bin nur etwas müde und mein Kopf tut weh, aber es geht schon. Was machst Du eigentlich hier, wolltest Du Dich nicht etwas ausruhen?“ – „Äh, ja das habe ich und wir haben doch ausgemacht, dass ich am Nachmittag vorbeikomme und wir dann beide gemeinsam zu Alex fahren wollten, hast Du das vergessen?“, gab Michael leicht überrascht von sich. „Ach ja, stimmt, ja das hab’ ich vergessen, OK, dann lass’ uns fahren“.
Und so fuhren beide in die Klinik und hofften sehr, dass es Alex besser ging, doch sie mussten enttäuscht werden. Alex ging es nicht besser, ihr Zustand war unverändert.
Alex lag in ihrem Bett, die Augen waren geschlossen, es hatte den Anschein, als würde sie schlafen doch sie tat es nicht – Alex konnte einfach nicht schlafen. Entweder hinderten sie die Schmerzen daran oder das traumatische Erlebnis trat direkt vor ihre Augen. Jetzt wo sie alleine auf einem Zimmer lag, wo es dunkel und das Zimmer kaum beleuchtet war, kam die Angst immer wieder. Im Zimmer hörte sie nachts die Blätter rascheln, während sie im Bett lag und zu schlafen versuchte. Doch vieles im Krankenhaus erinnerte sie an dem Abend, der ihr Leben veränderte. Alex konnte keine Ruhe finden, bei Michael war die Ruhe da – vor allem aber war sie nie allein. Doch im Krankenhaus fühlte sie sich allein und verlassen. Doch noch konnte und war Alex dazu nicht bereit, über das Erlebte zu reden- die Angst, dass alles wieder in ihr hoch kam, war zu groß. Von den Schmerzmitteln war Alex leicht benebelt und bekam auch kaum mit, wer den Raum betrat, sie brauchte einige Minuten um es zu realisieren.
Gerrit und Michael ließen sich auf den Besucherstühlen nieder und warfen sich gegenseitig besorgte Blicke zu. Alex war kaum wieder zu erkennen. Ihr Gesicht war eingefallen und blass. Die Augen sahen leer und verzweifelt aus. Es fiel den beiden erst jetzt alles genauer auf, jetzt wo Alex in guten Händen war und Gerrit und vor allem Dingen Michael sich nicht mehr um sie sorgen mussten. Sie waren eine große Last los. Doch eine Last ruhte noch auf beiden Schultern der Kommissare- die Täter. Doch es gab einfach keine Hinweise, die zu den Tätern führen könnte – sie tappten im Dunkeln.
Nach dem Besuch fuhr Gerrit zurück ins K11 und Michael direkt nach Hause. Er fühlte sich, wie auch Gerrit immer noch recht ermattet.
Gerrit konnte einfach nicht zur Ruhe kommen, auch wenn er sich nicht sonderlich wohl fühlte, so konnte er sich jetzt nicht hinlegen. Dass es langsam aber sicher für Gerrit alles zu viel wurde, mochte er nicht wahrhaben. Der Staatsanwalt saß ihm im Rücken, weil er kaum noch nach kam mit der Arbeit und noch immer gibt es in der Sache mit der Vergewaltigung keinen Fortschritt. So gab sich Gerrit alle Mühe, die er aufbringen konnte und versuchte so konzentriert wie möglich weiter zu arbeiten, doch schon nach einer recht kurzen Zeit, ließ er seinen Kopf hängen und schloss seine Augen. Und so kam es, wie es kommen musste - Gerrit schlief ein.
Bei Michael war es nicht anders, da es inzwischen später Abend war, legte auch er sich schlafen. Die einzige, die in dieser Nacht nicht schlief, war Alex. Die Schmerzen wurden immer schlimmer und die Schmerzmittel konnte ihre Wirkung nicht mehr entfalten und so wälzte sich Alex im schlaf hin und her.
Doch statt zu klingeln, um der Schwester/Pfleger bescheid zu geben, quälte sich Alex lieber. Irgendwann, nach einer recht langen Zeit schlief sie auch ein, doch sie wachte immer wieder auf. Die Nacht entwickelte sich für Alex zum Horror. Egal was sie tat, wenn sie versuchte zu schlafen, quälten sie die Alpträume, die Schmerzen wurden immer schlimmer, ihr Bauch fühlte sich hart an, ihr war nur noch schlecht. Wenn der Nachtpfleger nicht seinen allnächtlichen Nachrundgang gemacht hätte, würde sich Alex noch immer quälen. Schnell reagierte er, als er sah, wie Alex sich im Bett vor Schmerzen krümmte und ihr immer schlechter wurde. Der Pfleger hängte ihr ein Schmerzmittel als Infusion an, welches er über eine Venen Kanüle zuführte. So dauerte es nicht lange und die Schmerzen ließen nach, Alex konnte sich wieder etwas entspannen. Damit Alex etwas schlafen konnte, gab er ihr noch eine Schlaftablette. Doch bis diese wirkte, war es schon früher morgen. Doch wenigstens konnte Alex noch 3 Stunden durchschlafen, ehe die morgendliche Prozedur im Krankenhaus ihren Lauf nahm. Die Schwestern betraten das Zimmer, erledigten ihre Sachen und Alex ließ alles über sich ergehen, sie war noch immer so müde und ließ das Frühstück stehen und schlief weiter. Doch von weiter schlafen konnte keine Rede sein. Plötzlich musste sich Alex übergeben und alles landete zwischen Bett und Fußboden. Der Druck, der dabei im Bauch entstand, verursachte höllische Schmerzen. Sie schaffte es gerade noch zur Klingel zu greifen, ehe sie erschöpft zurück in die Kissen sank. Es wurde alles sauber gemacht, das Bett frisch bezogen, doch s ging ihr immer schlechter. Nachdem der Arzt bei ihr war, verordnete er eine weitere Untersuchung. Doch es dauerte, bis diese stattfinden sollte. Inzwischen war es schon Mittag, Michael hatte gut geschlafen und machte sich erholt auf den Weg in die Klinik. Gerrit dagegen erwachte schon am ganz frühen Morgen aus seinem unbequemen Schlaf und legte sich etwas auf die Couch. Dort wachte er nach einigen Stunden auf, es ging ihm nicht besser, sein Kopf schmerzte, seine Glieder taten weh, er mochte gar nicht aufstehen, doch er musste. Gerrit kochte sich einen Kaffee, setzte sich an den Schreibtisch und blätterte willkürlich in den Akten rum, doch was er da machte, wusste er selber nicht. Er konnte sich auf nichts konzentrieren, zu allem übel wurde ihm nun auch noch schwindelig, sein Kreislauf spielte verrückt. Er konnte nicht anders, er musste Michael anrufen.
„Naseband?“, fragte Michael.
„Michael, Gerrit hier, ich brauche Deine Hilfe, könntest Du vorbei kommen?“, fragte Gerrit, dem es immer schlechter ging. „Ich bin eigentlich auf dem Weg zu Alex in die Klinik. Aber was ist denn los?“ entgegnete Michael. „Mir geht’s nicht gut, eigentlich immer schlechter“, fügte Gerrit leise hinzu, es strengte ihn sehr an, auch nur sein Handy in der Hand zu halten. „Ist gut, ich komme direkt zu Dir.“ –„Ich bin im K11, bin da eingeschlafen“, sagte Gerrit, bevor er auflegte. Er verschränkte seine Arme auf den Tisch und legte seinen Kopf ab. So fand ihn auch Michael vor, als er wenige Minuten später das Büro betrat. Er sah Gerrit kurz an und merkte sofort, dass er nicht nur Kopfschmerzen hatte, sondern auch Fieber, was sich auch bestätigte, als er seine Hand auf Gerrits Stirn legte. „Ok, komm Junge, ich bring’ Dich zu mir, dort kannst Du Dich dann ausruhen“, sagte Michael und half Gerrit auf die Beine. Endlich saß Gerrit im Auto und Michael konnte den Staatsanwalt benachrichtigen. Es erfreut ihn absolut nicht, dass nun das nun keiner mehr im K11 saß, der dort die Stellung halten konnte. Denn Michael konnte nicht arbeiten, nicht, wo es Alex immer noch sehr schlecht ging und Gerrit nun krank war. Der Staatsanwalt hatte viel Verständnis, doch das nun keiner mehr seiner Leute fähig war zu arbeiten gab ihm zu denken, doch er musste wohl oder übel Gerrit für die nächsten 2 Tage freigeben. „Dann werde ich versuchen eine Vertretung zu finden, aber in 2 Tagen, also am Freitag ist wenigstens einer von Ihnen wieder anwesend. Es kann nicht sein, dass das K11 nicht besetzt ist“, waren seine letzten Wort, ehe der Staatsanwalt auflegte.
Michael wusste, was das hieß, er musste sehen, dass Gerrit bald wieder fit werden würde, und dass es mit Alex bergauf ging.
Michael kümmerte sich um Gerrit, brachte ihn zu sich und Gerrit legte sich zu Bett und schlief auch schnelle in. Michael nutze es aus und machte sich auf den langen Weg in die Klinik, er hatte kein gutes Gefühl und genau das bestätigte sich auch, als Michael im Krankenhaus ankam. Alex lag nicht mehr auf ihrem Zimmer. Es machte ihm richtig Angst, nicht zu wissen, was mit seiner Kollegin war.
Michael suchte und suchte, endlich fand er eine Schwester. Doch diese konnte ihm keine Auskunft geben, so musste Michael warten, ob er wollte oder nicht, bis der behandelnde Arzt Zeit hatte. Das zögerte sich allerdings noch weit hin aus. Michael wartete bereits 1 Stunde, er machte sich Sorgen, ob Gerrit allein zu recht und was mit Alex war. Endlich kam der Arzt und klärte Michael auf. „Ihrer Kollegin geht es nicht gut, wir haben bereits schon weitere Untersuchungen veranlasst, doch so lange wir nicht sicher sind, was es ist, wollen wir auch nicht einfach operieren, wenn sie das verstehen. Eine Blinddarmentzündung können wir nicht ganz ausschließen, doch zum jetzigen Zeitpunkt, sieht es nicht danach aus. Allerdings wissen wir nicht genau was mit Frau Rietz ist. Wir mussten sie auf die Intensivstation verlegen, da wir den Verdacht auf eine Entzündung des Bauchraumes haben und dies bedarf einer Überwachung. Derzeit geht es Ihr den Umständen entsprechend gut, Frau Rietz ist ansprechbar und scheint auch auf die Medikamente anzusprechen. Sie können gerne zu ihr“, sagte der Arzt und wies Michael den Weg. „Danke“, sagte dieser nur kurz, denn er wusste nicht recht, was er glauben sollte. Irgendwie glaubte er auch nicht „nur“ an eine Entzündung des Bauchraumes, sein männlicher Instinkt hinderte ihn daran. Doch er ließ sich von seinen Sorgen und Ängsten nichts anmerken und ging frohen Mutes zur Intensivstation, wo er sich einen Kittel überzog und anschießend leise das Zimmer betrat, denn Alex hatte die Augen geschlossen.
Es ging ihr nicht gut, die Schmerzen aber auch die Unwissenheit, was nun wirklich mit ihr ist, plagte sie sehr. Michael nahm sich ein Stuhl und setzte sich zu ihr ans Bett. Alex öffnete kurz ihre Augen, doch sie war zu schwach, um diese offen zu halten. Michael wusste nicht recht, was er machen sollte. Er wollte ihr nicht zu nahe treten, da er nicht wusste, wie sie gerade auf Berührungen reagieren würde. So unterließ er das und streichelte Alex nur kurz übers Haar, bevor er aufstand und an das große Fenster trat und heraus sah. Es regnete, wie so oft ende April. Michael sah an die Wand, an der ein Kalender hing. Es war erst der 26.4. Das schlimme Ereignis fand genau vor 11 Tagen statt, es war unglaublich für ihn, die Zeit verging unendlich schnell und doch sind erst so wenige Tage vergangen. Wieder trat er vor das Fenster und sah, hinauf zum Himmel. Er starrte eine Weile die Wolken an, bis er sich einmal kurz umdrehte, um sich zu vergewissern, dass es Alex soweit gut ging, wandte er sich wieder den Wolken zu. Langsam sammelten sich Tränen in den Augen von Michael, die sich, wie auch draußen den Weg nach unten suchten. Michael ließ den Tränen freien Lauf und sah dabei heraus. Nach einiger Zeit öffnete er die Balkontür und trat hinaus. Der Regen störte ihn kaum, auch wenn er sein Gesicht immer und immer wieder streifte. Da der Balkon überdacht war, wurde Michael nicht so nass. Er stützte sich am Geländer ab und schaute in die Weite Welt hinaus und ließ seinen Gedanken, Sorgen und Ängsten freien Lauf. Es dauerte eine Weile, bis er völlig durchgefroren und etwas nass das Zimmer wieder betrat. Doch es hatte ihm gut getan. Er fühlte sich hilflos, Alex nicht helfen zu können und wendete sich ihr kurz zu. „Alex, ich gehe dann mal, es ist besser, wenn Du Dich ausruhst, damit Du schnell wieder gesund wirst.“ Er Zog sich seine Jacke an und sah Alex dabei an, wie sie mit halbgeschlossenen Augen so da lag und kaum etwas registrierte. „Ich möchte Dich wieder Lachen sehen, ich vermisse das so“, flüsterte Michael beim herausgehen leise vor sich hin.
Gerrit lag noch immer im Bett und schlief, so bekam er das nicht mit, wie Michael wieder die Wohnung betrat und nach ihm sah. Es beruhigte ihn zu sehen, dass Gerrit noch immer schlief. Michael nutzte die Zeit und ließ sich im Bad Badewasser ein, um sich etwas zu entspannen und einmal an etwas anderes zu denken, als an Alex und deren schlimme Zeit, die nun hinter ihr lag und auch noch vor ihr liegt.
Alex ist kurz nachdem Michael weg war eingeschlafen, doch schon nach einer recht kurzen Zeit begann sie sich im Bett um herzu werfen. Sie sah die Bilder, die ihr Leben veränderte, vor sich und weinte dabei. Die Bilder liefen wie im Zeitraffer vor ihr ab und schienen kein Ende zu nehmen.
Schweißgebadet wachte Alex auf, sie rang nach Luft, versuchte sich zu orientieren wo sie sich befand, bevor sie wieder die Augen schloss und sich den schmerzenden Bauch hielt. Alex fühlte sich elend, sie wollte nicht mehr, am liebsten würde sie alles aufgeben. Doch sie war nicht der Mensch, der sich einfach aufgab, sie kämpfte, doch diesmal wollte sie sich dem Kampf nicht stellen. Ihr fehlten die Kraft und der Mut, sich den Tatsachen hinzugeben.
So lag sie nur da, biss sich auf die Lippen, und hoffte, dass der innere und seelische Schmerz von allein weggehen würde. Doch es tat sich nichts, die Bauchschmerzen, wie auch der seelische Schmerz blieben. Tränen suchten sich fast wie in Zeitlupe den Weg aus ihren geschlossenen Liedern und liefen über die heißen Wangen und verdampften schließlich. So wie die Nacht bei Alex begonnen hatte, so endete sie auch.
Michael lag 2 Stunden in der Wanne, es tat ihm gut. Später, als Michael fertig war, ging er in das Gästezimmer, indem Gerrit lag. Gerrit öffnete seine Augen, zumindest versuchte er es, denn die Kopfschmerzen waren unerträglich. Michael erschrak, was sollte er tun? Er musste sich um Alex und nun auch noch um einen kranken Kommissar. Und Kirkitadse wird ihm den Kopf abreißen, wenn er ihm zu verstehen gibt, dass das Büro 2 Tage nicht besetzt sein wird, dass Wochenende haben zum Glück beiden frei. Ab Montag musste Michael wieder ran, davor graute es ihm schon. Dann lag es an Gerrit, sich um Alex zu kümmern, auch wenn sie im Krankenhaus lag. Michael reichte dem schwachen Gerrit das Fieberthermometer, ging raus und schnappte sich das Telefon und rief beim Staatsanwalt an und versuchte nebenbei eine heiße Brühe zuzubereiten, die er noch im Schrank hatte. „Morgen muss ich endlich einkaufen gehen“, sagte sich Michael. Nach ein paar Erklärungsversuchen gelang es Michael schließlich den halb tobenden Staatsanwalt zu besänftigen, indem er ihm zu verstehen gab, dass es nur 2 Tage sind und er am Montag das Büro hütete. Es klappte schließlich doch, und Gerrit konnte sich, ohne dabei arbeiten zu müssen, paar Tage erholen. Michael legte das Telefon beiseite und ging mit der Brühe wieder zu Gerrit. Gerrit sah ihn mit halb offenen Liedern an. „Ich habe kein Hunger“, krächzte er. Doch Michael nahm keine Rücksicht und fing auch gar nicht erst zu diskutieren an. Widerwillig ließ Gerrit Michael gewähren. Doch schon nach kurzer Zeit sank er erschöpft zu Bett und schlief wieder ein. Das Thermometer lag noch immer auf dem Bett. Michael griff danach und sah rauf. „Mh…39,4°, das schaffen wir auch, irgendwie“ murmelte Michael und ging zur Tür. Diese lehnte er nur ran und ging nun selber schlafen. Doch auch bei ihm war von Schlaf keine Rede, er musste immerzu an Alex denken, wegen Gerrit musste er ein paar Mal aufstehen, der sich im Bett um her warf und andauernd von den Tätern sprach, dass er arbeiten müsse, um weiter zu kommen, in dem so brisanten Fall.
Die Nacht verging, für Alex war es wieder eine schreckliche Nacht, mit wenig Schlaf. Michael erwachte, und fühlte sich auch müde und erschöpft. Doch das zählte für ihn nicht, er musste sich um Gerrit kümmern und noch viele Sachen erledigen.
Alex bekam ihre morgendlichen Tabletten, die allerdings nur kurze Zeit ihm Magen blieben und sich, wie schon in den vergangenen tagen, den Weg nach draußen suchten.
Das essen rührte Alex nicht an, sie lag nur da, und wusste weder ein noch aus. Die Schmerzen rissen sie förmlich auseinander. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als nichts mehr spüren und fühlen zu müssen.
So verlief auch der Tag und hinterließ bei allen beteiligten ihre Spuren. Alex aß den gesamten Tag nichts, sie lag nur da und starrte geistesabwesend an die Decke und ließ die Ärzte um sich herum tun und lassen was sie wollten. Doch wenn einer der Ärzte sie ausversehen an Stellen berührte, die in Ihr Erinnerungen hochkommen ließen, giftete sie diese an und widmete sich wieder der farblosen Decke.
Gerrit hingegen schlief viel, Michael nutzte es teilweise aus, wenn Gerrit schlief und ging einkaufen. Er fuhr zu Alex, doch er merkte, dass diese absolut keinen an sich heran ließ oder nur einen Grund zum meckern suchte. Und so blieb er nicht lange bei ihr, die Sorgen und Ängste um Alex wurden nicht weniger, sondern eher mehr, wenn er daran dachte, dass die Ärzte noch immer im dunklen tappten. So saß Michael zu Hause, versorgte den fiebrigen Gerrit und saß an seinem Laptop und suchte nach Informationen im Netz. Er suchte fieberhaft nach möglichen Erkrankungen, die Alex haben könnte, doch da er kein Mediziner war, gab er es schnell auf. Doch dann stöberte er etwas im Netz herum, bis er auf ein Forum stieß, in denen es um Vergewaltigungen ging, indem man auch Hilfe angeboten bekam. So saß Michael den Tag über vor dem Laptop und las sich vieles durch. Er stand auf, wenn Gerrit nach ihm rief oder er das Gefühl hatte, dass Gerrit ihn brauchte. Das Fieber von Gerrit stieg nicht weiter an, es sank aber auch nicht. So kam der Abend, die Nacht und es wurde Freitag.
Für Michael lief die Nacht erstaunlicher Weise gut, Gerrit schlief recht gut durch und so fühlte er sich auch etwas besser, nur um Alex stand es nicht gut. Die Nacht schlief sie kaum, dass Fieber stieg mehr und mehr an und die Bauchschmerzen wurden schlimmer. Die Ärzte waren ratlos, sie taten viel, schöpften ihr Wissen, soweit es ihre Möglichkeiten zu ließen aus, doch bisher wussten die Ärzte es nicht zu verhindern, dass es Alex zusehends schlechter ging. Sie lag in ihrem Bett und wünschte sich nichts anderes, als dass ihre Schmerzen nachlassen würden. Tränen suchten sich einsam den Weg über die heißen Wangen und hinterließen deutlich ihre Spuren. Sie konnte nicht mal die Tränen kontrollieren, sie kamen einfach. Sie lag da, dachte an die Geschehnisse, die sich in ihrem Kopf immer wieder abspielten. Die Schmerzen nahmen ihr jegliche Luft zum durchatmen. Gerrits Fieber war gesunken und er fühlte sich soweit wieder fit, dass er die Möglichkeit nutzte und duschen ging. Michael saß wieder vor dem Laptop und las sich Einträge durch, überlegte auch, ob er sich anmelden sollte oder nicht, um seine Erfahrung etc. zu schildern, doch er unterließ es. Nachdem duschen ging Gerrit schnurstracks zurück ins Bett, er fühlte sich noch immer recht schlapp und der Besuch unter der Dusche zerrte doch sehr an sein Kräften, dass er sich ins Bett legte und recht schnell einschlief. Gerrit verbrachte den Tag viel im Bett, Michael leistete ihm Gesellschaft und so kamen die beiden in ein gutes Gespräch, und redeten viel über die jetzige Situation und gaben sich gegenseitig Mut. So kam es auch, dass sie die Zeit völlig vergaßen, draußen war es mittlerweile dunkel und wie es so üblich war für ein April Wetter regnete und hagelte es abwechselnd im Strömen. „Mist, ich wollte doch noch zu Alex, irgendwie habe ich die Zeit völlig außer Acht gelassen. Ich fahr eben schnell zu ihr und erkundige mich“, sagte Michael und zog sich schnell um und schlüpfte in Schuhe und Jacke. Er fuhr, wie auch so häufig, nicht gerade Regelkomfort zur Klinik. Und so war er schnell da. Alex lag in ihrem Bett, wimmerte leicht und Tränen liefen übers Gesicht. Die Augen waren geschlossen und zur Fensterseite geneigt. Michael klopfte an, ein leise, kaum hörbares ja, kam aus dem Zimmer und er öffnete die Tür. Er sah Alex so liegen und erschrak, es ging ihr schlechter als am Tage zu vor. Er setzte sich zu ihr und nahm ihre heiße Hand. Diesmal zog Alex ihre Hand nicht weg, und war erleichtert, dass jemand da war, dem sie vertrauen konnte. Zwar war eine gewisse Angst und Unbehagen noch da, wenn Michael sie auch nur leicht berührte, doch sie vertraute ihm immer mehr. Er blieb so lange bei ihr sitzen, bis Alex endlich aufhörte zu weinen und vor Erschöpfung einschlief. Mit sorgen voll bepackt fuhr er den weiten Weg nach Hause zu Gerrit, der zwischenzeitlich etwas geschlafen hatte. Es ging ihm zusehends besser, selbst das Fieber, welches am Morgen noch unverändert war, sank. Gerrit war voller Hoffnung, dass er zu Montag wieder auf den Beinen war, 3 Tage hatte er schließlich noch vor sich.
Michael kam müde und in Gedanken verloren nach Hause, Gerrit hörte ihn und stand auf. Er sah in Michaels Gesicht. „Ist was mit Alex?“, war seine erste Frage, sofort war er in Gedanken nur bei Alex, das er selbst noch nicht fit war und ins Bett gehörte, störte ihn gerade herzlich wenig. „Es geht ihr schlechter als gestern. Gerrit, was stehst Du hier eigentlich rum? Du gehörst zu Bett, Fieber hast Du immer noch und so lange hütest Du auch das Bett!“, gab Michael energisch das Wort an. Gerrit versuchte gegen anzureden, doch er merkte schnell, es hatte keinen Sinn. Und Michael hatte Recht, er fühlte sich auch noch immer wackelig und unsicher auf den Beinen. Michael folgte ihm und er berichtete Gerrit ausführlich, was mit Alex war, zwischenzeitlich machte er sich und Gerrit etwas zu essen. Es war später Abend, Gerrit hatte leichte Kopfschmerzen und legte sich schlafen, während Michael grübelnd im Bett lag. Es dauerte etwas, bis auch Michael erschöpft einschlief. Er war beruhigt, dass es Gerrit besser ging, so hatte er eine Sorge weniger. Doch Michael wusste nicht, dass diese Nacht anders wird, als er dachte.
Mitten in der Nacht wachte Gerrit schweißgebadet auf, sein Kopf schmerzte und er wälzte sich unruhig im Bett umher. Seine Glieder schmerzten bei jeder Bewegung, er fühlte sich einfach nur hundeelend. An schlafen war für Gerrit nicht zu denken, Michael bekam von alle dem nichts mit, er schlief wie ein Stein.
Gerrit, dem abwechselnd heiß und kalt wurde, stand mit wackeligen Beinen auf und stürzte zur Tür hinaus in Richtung Badezimmer, wo er seine Stirn gegen den Spiegel lehnte. „Das tut gut“, gab Gerrit mit heiserer und kratziger Stimme von sich. Er setzte sich auf die Toilettenschüssel, tauchte ein Handtuch unter kaltes laufendes Wasser und wusch sich sein heißes Gesicht. Doch es dauerte nicht lange und die Hitze in seinem Körper verschwand und er begann zu frieren. Mit unsicheren Schritten machte sich Gerrit auf den Weg zurück, doch der Weg gestaltete sich schwieriger als gedacht. Mitten auf dem Weg blieb er stehen, ihm war schwindelig und stützte sich an der Wand ab. Sein Kopf schmerzte so sehr, dass er für einen Moment seine Augen schließen musste. Michael, der bis jetzt noch ziemlich fest geschlafen hatte, wachte auf, da er einen trockenen Hals verspürte, öffnete die Tür und wollte in Richtung Küche gehen, als er eine große Gestalt an der Wand lehnen sah.
Michael begriff schnell, dass es Gerrit nur sein konnte. „Mensch Junge, was machst Du hier so spät?“, fragend sah Michael Gerrit an, fasste ihn bei den Schultern, um ihn ins Bett zu bringen. „Du bist ja ganz nass!“, fügte Michael hinzu, er konnte nichts weiter zufügen, da ihm Gerrit drohte wegzukippen.
„Mein Kopf, mir ist so schwindelig“, stöhnte Gerrit und versuchte sich mit letzter Kraft an der Wand festzuhalten. „Das bekommen wir schon in den Griff, erstmal bringe ich Dich zu Bett!“, sagte dieser energisch und stützte Gerrit ab, während er ihn ins Gästezimmer brachte.
Mit letzter Kraft legte sich Gerrit zu Bett, schloss seine Augen und stöhnte leise vor sich hin. Sein frieren nahm immer mehr zu, so dass Michael ihm eine Wärmflasche bereitete und ihm unter die Decke legte. Doch ehe Michael noch mehr tun konnte, schlief Gerrit vor lauter Erschöpfung und der Schmerzen ein.
Einige Minuten blieb Michael noch bei Gerrit, bevor er sich selber wieder ins Bett legte. Doch statt sofort wieder einzuschlafen, plagten ihn die Sorgen. „Wie soll das alles bloß noch weiter gehen?“, dachte sich Michael verzweifelt. Einige Zeit später schlief auch Michael ein.
Die restliche Nacht verlief einigermaßen ruhig. Gerrit wachte nur kurz auf, doch durch das Fieber und den Kopfschmerzen, schlief er recht schnell wieder ein.
Michael hingegen schlief mit Sorgen und Problemen, selbst ihm schlaf fand er keine Ruhe. Auch eine gewisse Unruhe macht sich in ihm breit.
Für Alex lief die Nacht sehr schlecht, dass Fieber war gestiegen und die Schmerzen nahmen kein Ende. Vor allem aber, wenn sie versuchte zu schlafen, verfolgte sie die schrecklichen Bilder. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie große stechende Schmerzen verspürte. Noch in derselben Nacht musste Alex von der Zwischenintensivstation auf die dauernd überwachte Intensivstation verlegt werden. Die Schmerzen und die Folgen ihrer Erkrankung hinterließen deutlich ihre Spuren. Sie hatte so starke Schmerzen, dass sie starke Schmerzmittel und ein Beruhigungsmittel erhalten hatte, die eine Überwachung bedürfen.
Am nächsten Morgen stand Michael auf und kümmerte sich um Gerrit und fuhr anschließend in die Klinik zu Alex. Er hatte kein gutes Gefühl, welches sich auch bestätigte, als er das Zimmer von Alex’ Zimmer öffnete. Das Bett war leer. Nun erst recht hatte Michael Angst, Unbehagen machte sich in ihm breit, wenn er an den Vortag dachte, wie es Alex da ging.
Doch bevor er weiter nachdenken konnte, sprach ihn eine Schwester an und erklärte ihm, was sich in der letzten Nacht ereignete. Mit zittrigen Händen zog sich Michael einen Kittel und Schuhe an, als er vor dem Zimmer stand, in dem Alex an einigen Überwachungsmaschinen lag. Leise betrat er das Zimmer und setzte sich auf einen Besucherstuhl, er nahm ihre Hand und streichelte sie vorsichtig. Alex bekam von alle dem nichts mit, sie schlief tief und fest. Die Schmerzmittel entfalteten ihre Wirkung voll. Michael saß da und versank in Gedanken, dabei starrte er auf die magere und blasse Gestalt, die ihm Bett lag. Und wenn man genau hin sah konnte man noch Spuren von getrockneten Tränen im Gesicht erkennen. Die Sorgen und Probleme für Michael nahmen kein Ende. Am meisten aber machte es ihn verrückt, zu sehen, wie es Alex immer schlechter erging. Doch keiner der behandelnden Ärzte fanden bisher etwas heraus.
Damit Michael genauer Klarheit über Alex’ Gesundheitszustand bekommen konnte suchte er einen Arzt. Er hatte Glück, der Arzt, der sich Alex’ angenommen hatte, lief gerade an Michael vorbei. Michael sprach ihn an und er bat ihn in sein Büro.
„Danke, dass Sie kurz Zeit haben. Können Sir mir sagen, was Frau Rietz, meiner Kollegin genauer fehlt?“, waren Michaels erste Fragen.
„Eigentlich darf ich Ihnen keine Auskunft geben, aber ich mache hier mal eine Ausnahme“, begann der Arzt. „ Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass wir derzeit nicht weiter kommen, wir haben einen Verdacht, doch der bestätigt sich leider nicht. Und einfach so operieren wollen und können wir nicht. Frau Rietz hat hohes Fieber und so lange das so hoch ist, und wir sie mit starken Schmerzmitteln versorgen müssen, würden wir sie einer Gefahr aussetzen, wenn wir operieren würden. Nur im äußersten Notfall werden wir operieren. Wir setzen alles daran, um herauszufinden, um was für eine Art von Entzündung es sich handelt. Der Verdacht auf Blinddarmentzündung scheint sich so nicht zu bestätigen, es gibt zwar Anzeichen, die dafür sprechen, doch zu vieles spricht auch dagegen.“ Geschockt saß Michael da, dass musste er erstmal verdauen. Er wusste nicht, dass es so schlimm um sie steht. „Können Sie denn so rein gar nichts machen?“, fragte Michael nun doch noch. Er konnte es nicht glauben.
„Leider nein, wir haben alles Ermessliche getan. Es liegt an Frau Rietz, im derzeitigen Zustand wäre es zu gefährlich. Mit einer Entzündung im Bauchraum ist nicht zu spaßen, dass ist uns allen klar, doch solange es ihr so schlecht geht, kann man nichts tun. Es tut mir leid, dass ich keine guten Nachrichten habe. Seihen Sie einfach für Frau Rietz da, sie braucht jemanden, vor allem, weil Sie immer noch mit der Vergewaltigung kämpft. Versuchen Sie ihr Mut zu zusprechen. Sie braucht Kraft, damit sich der Zustand besser. Frau Rietz lehnt auch eine Therapie, bzw. ein Gespräch mit einem Psychologen ab. Doch lange hält Frau Rietz das nicht durch, sie muss lernen, darüber zu sprechen. Ich bitte Sie, versuchen sie alles. Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich einfach.“ – „Danke, ich werde mein bestes tun.“ Damit stand Michael auf und machte sich auf den Weg zur Intensivstation. Alex schlief noch immer, als Michael den Raum betrat.
Leise setzte er sich zu ihr ans Bett, nahm eine Hand und hielt sie einfach nur fest. Das Gespräch mit dem Arzt ging ihm durch den Kopf, er überlegte fieberhaft, wie er überhaupt auf Alex eingehen konnte. Er hatte es ja so schon schwer genug an sie heranzukommen. Doch er konnte jetzt überhaupt nichts für Alex tun, denn diese lag nur da, ihre Augen waren geschlossen. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, was darauf hindeutete, dass das Fieber wieder gestiegen war. Michael wusste nicht, was er tun sollte, deshalb machte er sich auf den Weg nach Hause, wo noch der kranke Gerrit auf ihn wartete. Auch diese Sorge ließ ihn auf dem Wege nicht los. Und so fuhr er völlig in Gedanken versunken den langen Weg nach Hause. Gerrit lag im Bett, seine Augen waren geöffnet, doch dass es ihm noch nicht so gut ging, war ihm mehr als deutlich anzusehen. ER war gerade am husten, als Michael leise das Zimmer betrat. „Wie geht es Dir? Brauchst Du etwas, soll ich Dir etwas besorgen?“, fragte Michael mit sorgenvoller Miene. „Nein geht schon, mir geht’s auch etwas besser, als noch heute Nacht. Wie geht es Alex? Haben die Ärzte nun herausgefunden, was sie hat?“, Gerrit sorgte sich mehr um Alex, als um seine eigene Gesundheit. Was auch Michael klar wurde. Deshalb überlegte er kurz, ob er Gerrit wirklich erzählen sollte, wie es um Alex stand. Doch er entschied sich dafür, ihm alles zu erzählen, was er auch tat. Dabei kamen die beiden Männer in ein langes Gespräch. Es ging nicht nur um den Gesundheitszustand von Alex, sondern vielmehr darum, wie nun die weitere Zukunft aussehen sollte. Doch beiden war es unklar, was sie jetzt und auch später tun können. Sie müssen alles auf sich zukommen lassen, so wie jetzt auch. Nachdem langen Gespräch, es war bereits schon später Nachmittag, legte sich Gerrit schlafen. Die Unterhaltung hatte ihm viel Kraft gekostet, auch wenn es ihm gut tat, endlich über diese Dinge geredet zu haben. Michael erging es nicht anders. Der hat sich auf die Couch im Wohnzimmer gelegt und den Fernseher eingeschaltet, um sich abzulenken. Was ihm aber nicht gelang. In Gedanken versunken schlief er schließlich auf der Couch ein und wachte gegen 21:00 Uhr auf. Sein erster Gedanke war Gerrit, der aber noch schlief. So ging auch Michael ins Bett und schlief schnell wieder ein. Es strengte ihn sehr an, sich um 2 Personen zu kümmern. Die Sorgen und Ängste verfolgten ihm auch im Schlaf, so dass er, wie auch schon die letzten Nächte, relativ unruhig schlief. So kam der nächste Morgen, es war Samstag der 29.4. „Endlich Wochenende“, sagte sich Michael und stand auf. Es hatte für ihn den Anschein, als könnte es ein sorgenfreies Wochenende werden. Er dachte nicht an Alex, oder Gerrit. Erst als er aufstand und ins Bad wollte und sein Blick auf die Gästezimmertür wanderte, wurde ihm klar, dass es nur ein Traum war, dass sich alle Sorgen in Luft auflösen würden.
Sofort verfinsterte sich seine Miene. „Alex, wie es der heute wohl geht?“, fragte sich Michael und machte sich im Bad frisch. „Hoffentlich geht es Gerrit wenigstens etwas besser, auch wenn es gestern nicht danach aussah“, machte sich Michael innerlich sorgen.
Nachdem er sich frisch gemacht hat, schmiss er die Brötchen in den Ofen und öffnete leise die Tür von Gerrit. Der wachte gerade aus seinem tiefen Schlaf auf und sah auf die große Gestalt, die im Türrahmen stand. „Wie geht es Dir?“, war Michaels erste Frage. Gerrit blickte Michael müde und etwas verwirrt an. Er musste sich erstmal sammeln, denn so tief und fest hatte er schon lange nicht mehr geschlafen. „Äh ganz gut, der Schlaf tat gut“, gab Gerrit zur Antwort und machte Anstalten aufzustehen. „Du bleibst liegen und misst erstmal Fieber“, gab Michael energisch von sich. Gerrit tat ihm wie geheißen und maß Fieber, als Michael den Raum verließ, um das Frühstück zu machen. Mit dem gesamten Tablett öffnete er die Tür. Doch statt Gerrit im Bett liegen zu sehen, stand dieser im Jogginganzug von Michael vor dem offenen Fenster und starrte hinaus.
„Gerrit, was machst Du da? Ab ins Bett, aber Marsch“, las Michael ihm die Leviten und deutete aufs Bett. Erschrocken drehte sich Gerrit um, sagte nichts und legte sich zurück ins Bett. „Du bist von allen guten Geistern verlassen? Was sagt das Fieber?“ – „Ich habe keines mehr und mir geht’s auch viel besser als gestern“, gab Gerrit in guter und kräftiger Stimme von sich. – „Ich fühle mich nur noch etwas schlapp und unsicher auf den Beinen“, fuhr Gerrit fort. „Du musst es aber nicht übertreiben. So, lass uns etwas essen, ich muss gleich noch zu Alex, ihr ein paar frische Sachen bringen. Ich hoffe es geht ihr besser“, gab Michael besorgt von sich. Nachdem Frühstück fuhr Michael schnell zu Alex. Doch, wie sich Michael erhoffte, ging es Alex nicht besser, sie sah sogar schlechter als am Vortag aus. Geschockt, wie glasig ihre Haut war, wie blass und eingefallen ihre Wangenknochen waren, setzte sich Michael zu ihr ans Bett. Alex öffnete kurz ihre Augen, sah Michael und lächelte gequält. „Schön Dich zu sehen“, sagte Alex knapp und schloss wieder ihre Augen. Es strengte sie viel zu sehr an, die Augen offen zu halten. „Ich habe Angst Michael. Ich weiß, dass etwas nicht stimmt. Bitte hilf mir“, fuhr sie fort und dabei kullerten einzelne Tränen die Wangen herunter und vertrockneten später. „Wenn ich nur wüsste wie“, dachte Michael sich, doch sagte es nicht laut. „Ich bin bei Dir, Du schaffst das“, sprach Michael ihr Mut zu.
Doch selbst bei Michael fehlte die Hoffnung fast gänzlich. Denn den Eindruck den Alex ihm hinterließ, machte ihm mehr Angst, als dass er Hoffnung hatte.
Er wusste auch nicht, wie er mit der ganzen Situation noch klar kommen sollte. Erst die Vergewaltigung, es hatte viel Zeit, Kraft und Geduld gekostet, Alex soweit Vertrauen zu schenken, dass diese keine Angst mehr vor ihm hatte. Und nun muss er mit ansehen, wie es immer schlechter um sie stand. Michael vergrub sein Gesicht in seinen Händen und dachte verzweifelt nach, wie es weiter gehen kann.
Alex bekam von alledem nichts mit, sie lag im Bett, zitterte und weinte leicht. Das Fieber, die Schmerzen ließen ihren Körper nicht los. Michael sah auf, als er merkte, wie der Körper von Alex zu zittern begann. „Alex, was ist mit Dir?“, fragte nun Michael aufgeregt. Es war kaum zu beschreiben, wie große seine Angst um Alex war. Die Besorgnis, die Angst, aber auch die pure Verzweiflung war ihm ins Gesicht geschrieben.
„Mir ist so kalt und mir tut alles weh“, klagte Alex ganz jämmerlich und weinte bitter. „Wann hat das hier alles ein Ende?“ Alex war vollends verzweifelt.
„Ich weiß es nicht, aber gemeinsam schaffen wir auch das“, sagte Michael und ging raus, um eine Schwester zu holen. Die kam auch sofort und gab Alex etwas gegen die Schmerzen und ein Schlafmittel. „Ich habe ihr etwas zum schlafen gegeben, dass sollte sie etwas zur Ruhe kommen lassen“, sagte die Schwester und verschwand aus dem Zimmer.
Michael verabschiedete sich und ging in Gedanken versunken zum Auto, er setzte sich rein, startete Routine mäßig das Auto und fuhr los. Doch so richtig konnte er nicht auf den Verkehr achten, seine Konzentration war bei Alex.
Endlich kam er zu Hause an, er sehnte sich nach Ruhe, welche er sich auch gönnte. Kaum hatte er seine Wohnung betreten und nach Gerrit gesehen, schloss er sich im Badezimmer ein und stieg in die Wanne. Er legte sich rein, schloss die Augen und wusste nicht, wo er noch hin sollte mit seiner Hilflosigkeit. Dünne Tränen bahnten sich den Weg übers Gesicht, erst sehr wenige, doch es wurden mehr. Michael begann zu Schluchzen. Er schlug seine Hände vors Gesicht und weinte bitterlich.
Gerrit, dem es langsam aber deutlich besser ging, vernahm dieses Schluchzen, erst überlegte er kurz, woher es kam, doch als es aus Richtung des Badezimmers kam, wusste er, dass es Michael war. Nun zerriss es Gerrit das Herz, wenn er seinen Freund so verzweifelt und bitter weinen hörte, und er draußen vor der Tür stand und nichts tun könnte. Überhaupt machte es Gerrit zu schaffen, dass er noch immer nicht in dem brisanten Fall weiter kam. Diese kleinen Anhaltspunkte brachten ihn nicht weiter, er drehte sich förmlich im Kreis. Er lehnte sich an die Wand, hörte weiter das Schluchzen, welches kein Ende nehmen wollte. So langsam stiegen auch Gerrit Tränen in die Augen, er wusste, wie sehr Michael litt. Zwischen Alex und Michael war es nicht nur eine einfache Freundschaft, sondern eine ganz besondere, sie verstanden sich auf Anhieb und jeder konnte jedem Vertrauen.
„Es muss doch einen Weg geben, in dem Fall weiter zu kommen! Doch wie?“, fragte sich Gerrit und ließ sich auf den Boden rutschen, dass stehen kostete ihm zu viel Kraft.
„Alex muss es schaffen! Wie kann ich den beiden bloß helfen?“, verzweifelt gingen Gerrit die Fragen durch den Kopf. Nun musste auch er aufschluchzen, was nicht zu überhören war. Und so nahm es auch Michael wahr. „Gerrit?“, fragte dieser leise. „Ja“, kam nur eine knappe Antwort. „Alex wird es schaffen, sie muss es einfach“, sagte Michael und es kehrte wieder Ruhe ein. Er ließ das Wasser raus und machte sich fertig. Gerrit saß noch immer vor an der Wand gelehnt und dachte nach. „Ja sie muss es schaffen, doch wie können wir ihr helfen?“, dachte Gerrit laut. „Indem wir bei ihr sind und ihr einfach unsere Hilfe und Zuneigung entgegenbringen“, fügte Michael bei, als er das Badezimmer verlassen wollte. Beide sahen sich an, sie wussten, ohne es auszusprechen, wie es jedem einzelnen ging. „Lass uns etwas essen und Du musst Dich noch schonen, auch wenn Du Dich besser fühlst“, ermahnte Michael Gerrit und bereitete das Abendbrot vor.
Das Essen rührte sie nicht an, denn ihr war schon seit Stunden total übel und musste sich schon zweimal übergeben. Die Kraft aufzustehen hatte Alex nicht, ihr ganzer Körper fühlte sich wie Gummi an. Ihre Beine konnte sie kaum bewegen, wenn sie das tat, krampfte alles im Bauch noch mehr zusammen, als es eh schon der Fall war. Sie lag da, starrte an die Decke. Tränen bannten sich den Weg übers bleiche und fiebrige Gesicht.
Sie begann über Ihr Leben nachzudenken. Das Leben, welches sie bis hierher geführt hatte, war ein schönes Leben, sie hatte alles, bis auf den passenden Mann, nachdem sie noch immer verzweifelt suchte. Ihre Beziehungen hielten nicht länger als 3 Monate. Dabei wollte sie gerne Kinder haben, ihr Leben mit jemand teilen.
Doch das, was sich gerade abspielte, war für sie der blanke Horror. Wieder waren die Bilder des Horror-Szenarios direkt vor ihren Augen. Sie begann zu zittern, Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Sie krampfte ihre Hände zu einer Faust, riss dabei die Decke hoch, so dass diese zu Boden fiel.
Die Schmerzen und die Bilder fesselten sie, sie musste sich dem hingeben. Sie träumte mit offenen Augen. „Neeeeiiiinnnnnnn…..“, ein gellender Schrei drang aus dem Raum, in dem Alex lag. Die Schwester, die die Intensivstation überwachte reagierte schnell. „Frau Rietz, alles wird gut. Ganz ruhig“, vergeblich versuchte die Schwester Alex zu beruhigen, doch es ging nicht. „Es tut so weh“, stöhnte Alex vor Schmerzen auf. „Es tut so weh...“ – „Ich will nicht mehr.“ Es war kaum zu schaffen, Alex zu beruhigen, so dass die Schwester den Arzt rief, der Alex etwas zur Beruhigung und gegen die Schmerzen gab. Der Arzt sah noch lange zu Alex hinunter, die nun schlafend da lag und sich langsam wieder entspannte. „Es waren nicht die Schmerzen, die kamen erst später. Frau Rietz ist durch die Vergewaltigung seelisch am Ende. Ihre Psyche macht das nicht mehr lange mit. Passen sie auf Frau Rietz auf, benachrichtigen Sie mich bitte sofort, wenn etwas ist. Die Werte gefallen mir absolut nicht“, gab der Arzt Anweisungen an die Schwester und ging besorgt und kopfschüttelnd aus dem Zimmer, direkt in sein Büro. Wo er sich an seine Bücher und an den PC setzte und nach möglichen Ursachen weiter forschte. Doch am meisten bereitete ihm der psychische Zustand sorgen.
Alex’ Körper entkrampfte sich langsam, sie wurde ruhiger, auch das atmen wurde gleichmäßiger. Die Bilder schwebten für einen Moment nicht in ihrem Kopf.
Die Mittel zeigten ihre Wirkung, Alex schlief nach einer langen Zeit ruhig ein, doch das Fieber war noch immer sehr bedrohlich hoch, und der Blutdruck sehr niedrig.
Michael und Gerrit waren beide sehr müde und gingen nach dem Abendbrot direkt in ihre Zimmer, doch schlafen konnte keiner so recht. Die Gedanken um Alex blockierten alles.
„Es tut mir leid Herr Naseband, Frau Rietz ist ins Koma gefallen, wir haben alles Ermessliche getan. Es war eine schwierige Operation, sie hat viel Blut verloren. Seien sie bei Ihr“, der Arzt legte kurz seine Hand auf Michaels Schultern, bevor er verschwand. Michael saß einfach nur da und starte auf die Maschinen, an denen Alex angeschlossen war. „Wie erkläre ich das bloß Gerrit? Und vor allem ihren Eltern?“, Fragen über Fragen schossen in Michaels Kopf. „Alex Du musst das schaffen, gemeinsam stehen wir das durch, bitte“, flehte Michael. Tränen rannen nur noch übers Gesicht. Er hielt ihre Hände in seinen fest und sein Kopf ruhte auf der Bettkante. „Warum nur Alex? Warum?“, Michael weinte bitterlich. „Wir wollten doch noch so viel machen. Ich will Dich nicht verlieren, wenn Du gehst verliere ich meine beste Freundin. Tu’ mir das nicht an. Du schaffst das“, sagte Michael leise, während sein Kopf noch immer auf der Bettkante ruhte. Er schloss die Augen, und so dauerte es nicht lange, bis er einschlief.
Michael schrak auf. sah zum Monitor. Doch ehe er realisieren konnte, was sich eben ereignete, stürmte schon der Arzt, gefolgt von Schwestern ins Zimmer. Michael stand wie paralysiert da. Die Schwester stieß ihn beiseite. Er sah zu Alex, zum Monitor. Es war nur eine gerade Linie zu sehen. Michael kam zu sich. „Alex…Alex…bitte“, flehte Michael leise, während er zu sehen musste, wie die Ärzte versuchten Alex vergebens wiederzubeleben.
Er stand da, wollte noch mehr sagen, doch er konnte nichts sagen. Nicht mal weinen konnte er, er fühlte sich leer. „Es tut mir leid“, hallte dieser eine Satz in seinem Kopf.
„Sie ist Tod…Tod…Ich sehe nie wieder, kein Lachen mehr, einfach nichts mehr“, Michael konnte und wollte es nicht fassen. Er sank in sich zusammen, kauerte am Boden. „Tod“, schoss es ihm abermals durch den Kopf. . „Warum nur Alex? Warum? Tu’ mir das nicht an. Wir brauchen Dich Alex, wach auf, bitte.“
„AAlleexx“, ein lauter Schrei hallte durchs Zimmer, schweißgebadet jagte Michael hoch. Verwirrt blickte er zur Tür, die sich gerade öffnete.
Gerrit stand da und sah Michael an. Er ging auf ihn zu, setzte sich aufs Bett. „Was ist los?“, fragte dieser etwas sehr erschrocken, wie durcheinander Michael auf ihn wirkte. „Tod“, entfuhr es ihm. „Ich habe geträumt, dass Alex Tod ist“, zu mehr war Michael nicht im Stande zu sagen. Er wurde auch durch das Klingeln seines Telefons unterbrochen. „Naseband?“, fragte dieser völlig verzweifelt. „Guten Abend, Herr Naseband. Könnten Sie bitte sofort in die Klinik kommen. Frau Rietz befindet sich gerade im OP“, sagte der Arzt und legte auf. Michael blickte Gerrit an. „Alles wie im Traum“, sagte dieser. Tränen sammelten sich in seinen Augen. „Was ist, wenn das wahr wird?“, fragte Michael völlig am Ende mit den Nerven. „das wird nicht wahr, los lass uns fahren“, forderte Gerrit Michael auf, doch dieser saß nur da und konnte sich kaum rühren.
Mitten im schlaf wurde Alex von schmerzhaften Schmerzen gequält, die immer schlimmer wurden. Sie konnte sich kaum noch rühren. Ihr Bauch war bretthart. Sie versuchte zu klingeln, doch die Schmerzen ließen es nicht zu, sie sank völlig erschöpft zurück. Schloss ihre Augen, versuchte den Schmerz für eine Sekunden zu unterdrücken, doch es war nicht möglich. „Es tut so weh“, schrie Alex schließlich mit letzter Kraft aus sich heraus und musste sich daraufhin übergeben. Blut kam aus ihrem Mund. Erschrocken starrte sie auf ihre Bettdecke, bis sie wenige Sekunden später das Bewusstsein verlor.
Eine Schwester, die gerade im Flut tätig war, vernahm Alex’ schreie und reagierte sofort, als sie Alex im Bett liegen sah. Es dauerte nur wenige Minuten und schon wurde Alex in den Operationssaal geschoben. „Wir müssen uns beeilen, sie macht es nicht mehr lang“, gab der Arzt in einem hektischen Ton von sich.
Währenddessen wurde Alex schnell für die Operation vorbereitet und in Narkose versetzt. „Das wird keine einfache Operation werden!“, bemerkte der Arzt, nachdem er auf den Monitor schaute, wo alle Werte von Alex verzeichnet wurden. „der Kreislauf ist nicht wirklich stabil, dass könnte zur Problemen führen“, klärte der Anästhesist den Arzt auf.
Doch der Arzt sollte Recht behalten, Alex’ Zustand war bedrohlich, mehrmals musste die OP kurz unterbrochen werden, weil Ihr Kreislauf drohte zusammen zu brechen. „Frau Rietz, Sie schaffen das, Sie sind stark, Sie müssen durchhalten“, redete der Arzt auf die narkotisierte Alex ein und sah dabei in das Leichenblasse Gesicht seiner Patientin.
Beide saßen im Auto, Michael auf dem Beifahrersitz und sah immer noch blass um die Nasenspitze herum, aus dem Fenster, während Gerrit das Auto fuhr.
Mit den Gedanken absolut nicht am Straßenverkehr, sondern bei Alex, fuhr Gerrit den wagen in einem rasanten Tempo in Richtung Klinik.
Alex fühlte sich wohl in ihrer schwarzen umhüllten Welt, endlich war sie da, wo sie hin wollte. Hier konnte ihr keiner mehr etwas zu leide tun, hier spürte sie keine Schmerzen, weder physisch noch psychisch.
Hier war sie frei von alle dem Leid, das ihr zugefügt wurde. Hier konnte sie leben. Wenn nicht bloß diese große innere Leere da wäre…
„Ja aber beeilt Euch, lange hält sie das nicht mehr durch!“, fügte der Anästhesist fort und gab Alex nochmals etwas zur Stabilisierung des Kreislaufes.
Besorgt und völlig verzweifelt kamen Gerrit und Michael im Krankenhaus an und ließen sich den Weg vor den OP-Saal beschreiben und warteten dort ungeduldig. Während Michael Auf und Ab lief, musste sich Gerrit setzen, er fühlte, dass es ihm noch nicht gut ging und es schon zu viel war, was er machte. Aber es ging um Alex, da nahm er keine Rücksicht auf seine Gesundheit.
„Diese Warterei macht mich noch wahnsinnig, wie lange dauert das denn noch? Hoffentlich geht da nichts schief drin!“, schimpfte Michael, dem es nach und nach etwas besser ging und nur noch die Sorge um Alex stand für ihm im Vordergrund.
Die Operation verlangte allen Ärzten ihr gesamtes Können ab auch sie kamen an ihre Grenzen, doch der Kampf um das Leben einer Patientin stand auch für sie im Vordergrund. Die Operation dauerte nun schon 4,5 Stunden und es war noch lange kein Ende in Sicht.
Der Bauchraum von Alex war sehr entzündet und durch die Entzündung musste erstmal das abgestorbenes Gewebe entfernt werden, bevor sie an die Ursache heran gehen konnten, doch auch als das Gewebe entfernt wurde, was nicht mehr heil war, gestaltete es sich sehr schwer, an die Hauptursache heran zu kommen. Die Sicht erschwerte es den Ärzten immer wieder. Egal wie oft sie das Blut absaugten, es lief immer mehr nach. „Saugen, ich seh’ nichts mehr, dass hört nicht auf zu bluten. Wie viel Konserven sind noch da?“, wurde in den Raum gerufen. „Nicht mehr viele, auch der der Allgemeinzustand sieht nicht gut aus. Der Kreislauf und der Blutdruck machen wir am meisten sorgen. Wir müssen uns ranhalten, lange kann ich sie nicht mehr halten und noch einmal einen Herzstillstand wird sie nicht überleben“, gab der Anästhesist von sich.
„Ich weiß, aber ich komme nicht an die Quelle heran, wo das Blut herkommt. Außerdem weiß ich noch immer nicht, was die Ursache für dieses Chaos hier ist. Tu alles, was Du kannst. Ich will sie nicht verlieren“, sagte der Arzt und tastete sich nach und nach vor.
„Auch das noch! Saugen schnell. Ich brauch’ eine Klemme, nein gleich mehrere!“, schrie der Arzt und hantierte, was das Zeug hielt.
So ging es eine ganze Weile und Alex’ Zustand stabilisierte sich nicht, umso länger die OP dauerte, umso schwacher wurde sie. Die Ärzte taten alles und kämpften.
„Die Sauerstoffsättigung nimmt ab! Blutdruck fällt auch! Ihr müsst aufhören, dass schafft Ihr nicht mehr“, im OP-Saal herrschte pure Hektik
„Kammerflimmern! Los den Defibrillator! Weg vom Tisch!“, rief der Arzt.
„Noch mal – nichts! Auf 300 und weg vom Tisch“, abermals gingen mehrer heftige Stromstöße durch Alex’ Körper, doch es brachte nichts. Ihr Körper konnte nicht mehr.
„Wir haben sie, aber ob sie aus dieser Narkose aufwacht bleibt abzuwarten. Los weiter machen, noch einmal könnte das Ende bedeuten“, sagte der Arzt und führte fort. Die Operation dauerte nun schon 6 Stunden und es war noch immer kein Ende in Sicht.
Michael und Gerrit warteten noch immer sehr ungeduldig, wobei Michael derjenige war, der immer Auf und Ab lief und fluchte. Gerrit hingegen war tief im inneren bei Alex, denn er spürte von seinem Körper nicht die Kraft, so wie Michael Auf und Ab zu wandern. Er hatte eher das Gefühl bald auf dem Stuhl zusammen zu klappen. Er merkte, wie er wieder leichtes Fieber bekam und ein erneuter Rückfall sich bemerkbar machte. Aber noch versuchte er es zu verbergen, denn es galt für ihn, wie für Michael, der Kampf mit und um Alex.
Nach diesem erneuten Zwischenfall im OP kamen die Ärzte gut voran, Alex’ Körper machte erstmal keine neuen Anstalten schlapp zu machen, aber dennoch ging es hier immer noch um Leben oder Tod, die Werte hießen nichts gutes, verschlechterten sich aber auch nicht.
So kam es auch, dass die Ärzte endlich den Ursachen Punkt fanden und den beheben konnten.
„So das war’s gute Arbeit, Ihr könnt zumachen“, sagte der Arzt und verteilte noch den Rest der Aufgaben und ging sich waschen und umziehen.
Michael lief immer noch im Krankenhausflur umher, während Gerrit auf dem Stuhl saß und versuchte seine Schwindel - Attacken und die aufkommenden Schweißausbrüche zu unterdrücken. Er kämpfte damit, nicht endgültig auf dem Stuhl zusammen zu klappen. Michael merkte nichts davon, dass es seinem Kollegen schlechter ging. Michael lief nur Auf und Ab und dabei schaute er immer in Richtung OP-Saal. Seine Augen klebten förmlich dran. Im inneren betete er sogar, dass sein Traum, den er noch in der Nacht hatte, nicht wahr werden würde. Die Angst, dass dieser Traum sich bewahrheiten würde, nagte sehr an ihm. Alles, was sich in seinem Traum abspielte, schien sich auch in der Realität abzuspielen.
Mit einem erschöpften und müden Eindruck, öffnete sich die Tür des Op-Saals, doch keine Alex wurde hinausgeschoben, sondern nur der Arzt kam im weißen Mantel auf die beiden zu. Michael registrierte zuerst, dass die OP zu Ende war, während Gerrit etwas länger brauchte. Doch auch als er den Arzt erblickte – nahm er als seine Kräfte zusammen und stand auf. Es kostete ihm eine echte Überwindung, nicht in voller Gestalt vor Michael und dem Arzt zusammen zu brechen – doch er kämpfte tapfer.
„Wie geht es unserer Kollegin?“, fragte Michael und ärgerte sich zugleich über diese Frage. Den als er in das Gesicht des Arztes blickte wurde es ihm Heiß und Kalt zugleich und es schien ihm so, als ob der Traum sich weiterhin bewahrheiten würde.
„Die OP verlief sehr schwer, wir mussten sie mehrmals reanimieren. Im Moment wissen wir nicht, ob sie durchkommt, bzw. überhaupt aus dieser Narkose aufwacht!“, gab der Arzt in einem müden und matten Ton von sich.
„W…Wissen sie… in…zwischen, was die die Ursache für die Schmerzen war?“, fragte nun Gerrit und versuchte sich wacker zu halten, doch inzwischen viel ihm schon das Reden schwerer. Zudem konnte er es kaum glauben, auch ihm ging der Traum von Michael durch den Kopf und er betete innerlich, dass es nicht so werden würde, wie es gerade den Anschein hatte.
„Am besten kommen sie mit in mein Arbeitszimmer, dort kann ich es Ihnen am besten erklären und ggf. auch anschaulich darstellen“, sprach der Arzt und ging voran.
Michael, wie auch Gerrit standen völlig zermartert dar und glaubten es kaum. Es lief alles wie in einem Film ab. „Hoffentlich packt sie es, sie muss es schaffen“, fragte sich Michael immer und immer wieder und ging sorgenvoll hinter dem Arzt her. Gerrit hingegen stand noch länger an derselben Stelle, es hatte den Anschein, als würde er im stehen schlafen. Seine Augen waren geschlossen, sein Körper zitterte vor Aufregung und Kälte, sein ganzer Körper schwankte leicht umher, bis er endgültig die Kontrolle über seinen Körper verlor und im Krankenhausflur zusammenbrach. Michael, wie auch der Arzt bekamen es erst mit, als sie einen Aufschrei einer Krankenschwester vernahmen und eilten sofort zu Gerrit, der schon wieder zu sich kam, aber keine Kraft mehr verspürte, aufzustehen.
Gerrit lag blass und zittrig am Boden. Er hatte das Gefühl, dass er nicht mehr selbst her seines Körpers war. Müde und erschöpft lies er sich auf eine Trage verfrachten und in den Untersuchungsraum schieben.
„Wieso um alles in der Welt hat Ihr Kollege so hohes Fieber?“, der Arzt sah zu Michael und erwartete eine Antwort. „Heute Morgen und gestern Abend war er fieberfrei. In der Woche hatte Herr Grass die Grippe, zumindest waren wir der Ansicht, dass es eine war!“, gab Michael kleinlaut bei. „Und Ihnen ist es nicht in den Sinn gekommen, zum Arzt zu gehen? Wie lange hat er schon das Fieber? Und in welchen Schüben kam es? Hatte er eine Erkältung?“, der Arzt bombardierte Michael mit Fragen, der erstmal am sortieren und überlegen war. „So viel ich weiß, Nein. Er klagte nur über Kopfschmerzen und zitterte vor Kälte am Körper“, gab Michael leise von sich. „Habe ich was übersehen, durch die Sorgen um Alex? War es richtig, sich so viel um Alex zu kümmern und Gerrit sich selbst zu überlassen?“, Michael machte sich schreckliche Vorwürfe und gab sich die Schuld dafür, dass Gerrit hier nun lag.
„Es hat viel eher den Anschein, dass es keine herkömmliche Grippe ist. Aber um das zu erfahren werden wir Ihren Kollegen hier behalten und Tests durchführen!“
Gerrit, der bis dahin da ganz ruhig lag und abwesend wirkte, hörte nur noch die letzten Sätze des Arztes und nahm all seine letzten Kräfte zusammen und setzte sich auf. „Ich bleib’ nicht hier, da können sie machen was sie wollen. Und ich will schon gar keine Spritzen!“, protestierte Gerrit und sah dabei immer wieder zum Schrank, wo die ganzen Kanülen drin lagen und wie die Schwester darin wühlten.
„Soweit kommt es noch, sie bleiben hier und damit basta!“, war es das letzte Wort des Arztes und ging zur Tür. „Herr Naseband, kommen Sie. Ich muss Sie noch über den Gesundheitszustand ihrer Kollegin aufklären. Herr Grass wird erstmal behandelt und Sie unterrichten ihn nachher!“
Michael sah unsicher von Gerrit zum Arzt und wieder zurück. „Gerrit, Du bleibst hier! Ich komme nachher zu Dir. Und die Spritzen tun Dir nichts, die beißen nicht, sondern picken nur etwas“, gab Michael amüsiert von sich, als er sah, wie Gerrit seine Hand wegzog, als ihm die Schwester eine Infusionsnadel in das Handgelenk legen wollte. „Aber…“ – „Nichts aber Herr Grass, sie bleiben hier, sie wollen doch gesund werden, oder täusche ich mich da?“, der Arzt schnitt ihm das Wort ab, er hatte absolut keine Lust, mit einem erwachsenen Mann darüber zu diskutieren. Gerrit nickte nur und ergab sich seinem Schicksal, während Michael dem Arzt unsicher folgte.
„Als ob Alex nicht reicht, nun auch noch Gerrit“, murmelte Michael leise vor sich hin und folgte dem Arzt mit gesenktem Kopf.
„Auch wenn es lustig war, zu sehen, wie Gerrit sich anstellte, so vergingen bei Michael dennoch nicht die Sorgen und Ängste um seine Kollegin.
Etwas beschämt und ängstlich zugleich setzte er sich auf den Stuhl und wartete ungeduldig darauf, dass er Arzt endlich begann.
„Ich weiß, dass Sie alle Herr Naseband und ihr Kollege Herr Grass es in letzter Zeit nicht leichte hatten. Das die Sorgen und Ängste um ihre gute Freundin und Kollegen sie nicht los ließ, sondern eher zerfleischte. Es kann dennoch nicht sein, dass Sie sich keine Ruhe gönnen. Ihr Körper verlangt nach Ruhe, dass wissen Sie genauso gut, wie Ihr Kollege Herr Grass. Bei dem sein Körper nun nach Ruhe fordert. Sehen Sie sich doch einmal an, Sie sehen blass und überarbeitet aus. Als hätten sie über Wochen nicht einmal geschlafen, geschweige denn ein Bett gesehen.
Bei ihrem Kollegen schlug es sich nun gesundheitlich nieder. Die Reaktion des Körpers ist normal. Dennoch werde ich den Verdacht nicht los, dass bei Herrn Grass noch etwas dahinter steckt. Aber das werden die Untersuchungen sicherlich ergeben, da bin ich zuversichtlicher, als ich es bei Ihrer Kollegin war“, der Arzt hatte sich in Rage geredet und setzte sich nun endlich auf seinen Stuhl und sah ernst zu Michael. Der sah beschämt zu Boden. Er konnte allem nur zustimmen. Es zeigte deutlich, dass Gerrit und er überfordert waren und sich nicht selbst eingestehen konnten, dass sie absolut hilflos waren. „Aber wie soll man auch schlafen können, wenn 2 Männer die ganze Stadt Münchens in Aufruhr setzten und eines der Opfer auch noch seine Kollegin war?“, fragte sich Michael insgeheim, stellte diese Frage jedoch nicht laut. Ein Donnerwetter reichte ihm erstmal.
„Und was hat nun meine Kollegin? Wird sie wieder gesund?“, fragte Michael ermattet. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass alles bald ein Ende nehmen würde.
„Tja Frau Rietz… Was feststeht, ohne einen Psychologen, ggf. sogar mit Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klink, wird sie es nicht packen, über die Ereignisse hinweg zu kommen. Sie können sie nur drauf hinarbeiten, aber durchmüssen muss sie allein. Früher oder später wird es sich Frau Rietz eingestehen müssen, was ihr widerfahren ist. Sie wird es zu ihrem bisherigen Leben dazu tun müssen und muss lernen es zu akzeptieren, dass es nun mal auch einer Polizistin passiert ist. Welchen Einfluss, Sie, Herr Naseband und Ihr Kollege Herr Grass dabei haben werden, dass ist abzusehen. Es wird nicht einfach werden, aber dass wissen Sie bestimmt genauso gut.
Michael schluckte, wie gerne würde er ihr helfen und doch kann er es nicht. Er mag gar nicht daran denken, was noch alles auf ihn zukommen könnte.
„Und wie steht es jetzt um ihren Zustand?“, fragte Michael, der nicht wusste, woran er als erstes denken sollte.
„Frau Rietz hat alles in allem viel Glück gehabt. Es war knapp, sie wäre uns beinahe auf dem Tisch liegen geblieben, aber sie war stark. Das zeigt, dass sie Leben will. Und darauf müssen wir aufbauen und es in Ihr Gewissen rufen.
Jetzt bleibt erstmal zu hoffen, dass Frau Rietz diese Nacht überlebt und auch aus der Narkose erwacht. Wir müssen damit rechnen, dass Frau Rietz ins Koma fallen könnte. Beten Sie dafür, dass es nicht eintritt!“
Michael sah geschockt den Arzt an. „A…ngenommen…Sie fällt ins Koma. Wie stehen ihre Chancen daraus aufzuwachen?“ – „Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Es liegt an jedem dann selbst, wie stark er ist und ob er das Leben weiter leben möchte. Zudem spielen mehrere Faktoren eine große Rolle. Vor allem die Tiefe des Komas ist entscheidend, wie lange man im Koma liegt. Aber Herr Naseband, lassen sie uns noch nicht darüber nachdenken, wir wollen das Beste hoffen.“ – „Ok!“
„Lassen Sie uns nun zu den Ergebnissen kommen, damit Sie schnell zur Ihrer Kollegin und ihrem Kollegen können. Frau Rietz hat eine klassische Adnexitis, zu deutsch „Eierstockentzündung“. Die anschließend, auf die Nachbarorgane wie den Appendizitis(Blinddarm) übergriff und sich dort ausbreitete. Die Folge war, dass sich nicht nur die Eierstöcke entzündeten, sondern auch der Blinddarm, diese beiden Faktoren waren am Ende durch die heftige Entzündung dafür verantwortlich, dass es eine Bauchfellentzündung gab. Alles zusammen sorgte eben für die heftigen Schmerzen, waren aber aufgrund der Symptome nicht unbedingt auch als solches zu erkennen.
Ich denken das reicht erstmal, den Rest werde ich mit Frau Rietz selber sprechen müssen, da es dann doch in das zu intime einer Frau geht.“ Michael nickte verstehend, es war ihm auch recht so, das was er wusste, das reichte ihm völlig.
„Eine Frage aber noch. Wie stehen ihre Chancen wieder vollkommen gesund zu werden und wird es spät Folgen geben?“ – „Das kann ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Frau Rietz muss erstmal aufwachen, damit wir einen Gynäkologen zu Rate ziehen können. Desweiteren liegt viel am psychischen Zustand Ihrer Kollegin. Es bleibt Alles in Allem abzuwarten.“
„So nun bringe ich Sie zu Frau Rietz und erkundige mich währenddessen, wie es um Ihren Kollegen steht. Und dann rate ich Ihnen. Fahren Sie nach Hause und schlafen sich richtig aus. Wenn irgendetwas sein sollte, werde ich veranlassen, dass man Sie benachrichtigt. Ihre Kollegen sind in guten Händen.“ – „OK, mache ich“, sagte Michael und folgte dem Arzt zu Alex’ Zimmer, an dem sie an Maschinen angeschlossen lag und ruhig atmete.
Langsam ging er rein und setzte sich an ihr Bett. Alex konnte zwar selbstständig atmen, aber da die Atmung relativ flach war, wurde sie zusätzlich noch beatmet. Man konnte die Beatmungsmaschine hören, sowie das Piepen der Monitore.
Schnell erkannte Michael, dass Alex immer noch hohes Fieber hatte.
„Warum hat Alex – ich mein Frau Rietz –immer noch Fieber?“, kam die unsichere Frage von Michael.
„Es dauert, bis das Fieber ganz weg ist. Zu 100% kann man auch keine Entzündung behandeln. Wir haben dem Körper einen Anstoß gegeben und nun liegt es an dem selbst, wie er mit dem Antibiotikum zurecht kommt. Vor allem spielt auch die psychische Verfassung eine große Rolle. Wir können nur hoffen, dass der Körper genügend an Kraft bekommt, um gegen die seelischen Wunden ankämpfen zu können. Beten Sie, Herr Naseband, dass Ihre Kollegin die Nacht gut übersteht. Ich muss mich jetzt um ihren Kollegen kümmern“, somit verließ der Arzt den Raum.
Michael sah direkt in das blasse und fiebrige Gesicht seiner Kollegin. Wieder kam diese Hilflosigkeit und die Schuldgefühle hoch, dass er ihr an jenem Tag mit seinen Sprüchen vielleicht dafür gesorgt hat, dass die beiden zu Fuß liefen.
Er merkte deutlich, dass er außer bei Alex sitzen und Händchenhalten nicht viel tun konnte. Er würde gerne noch bei Ihr bleiben, aber er fühlte sich nicht wohl, wenn er in ihrer Nähe war. Zu groß war die Angst, dass sein Traum doch noch bittere Wahrheit werden könnte. Niemals hätte er gedacht, dass er einmal um einen Menschen so große Angst haben würde. Doch bei Alex war das anders. Die beiden waren und sind noch sehr gute Freunde und verstanden sich immer auf Anhieb. Ihre Freundschaft verband die beiden.
Je länger er bei Ihr saß, desto größer wurde die Hilflosigkeit.
„Alex, ich muss jetzt gehen, pass auf Dich auf und bau’ keinen Mißt. Gerrit und ich brauchen Dich noch“, mit diesen Sätzen verließ Michael das Zimmer, doch auch als Gerrits Zimmer betrat, wurde das Gefühl der Angst nicht besser. Irgendwie fühlte sich Michael nirgends mehr wohl und bald hatte er das Gefühl durchzudrehen. Selbst bei Gerrit, der es sonst schaffte ihn mit seiner guten Laune abzulenken, fühlte er sich nicht besser. Gerrit lag kraftlos im Bett, seine Augen öffneten sich nur zeitweise, bevor er die wieder schloss. An schlafen war selbst für Gerrit nicht zu denken. Trotz seines hohen Fiebers verging keine Minute, an der er mal nicht an Alex dachte, die mit ihrem Leben kämpfte.
„Michael? Wie geht es Alex, was hat der Arzt gesagt?“, fragte Gerrit mit kraftloser heiserer Stimme. Bevor Michael jedoch antworten konnte, wurde Gerrit plötzlich von Schüttelfrost heimgesucht. Er zitterte dabei so heftig, dass er kaum Kraft hatte im Bett liegen zu bleiben.
Gerrit hatte viel Mühe und kämpfte auch noch damit, richtig Atmen zu können. Er hatte das Gefühl, dass sein Hals immer mehr zuschwellte.
Michael bekam Angst und Panik zugleich und lief zur Tür, riss diese auf und schrie nach einem Arzt. Der auch sofort auf Michaels Schreie aufmerksam wurde. „Mein Freund!“ zu mehr war Michael nicht in der Lage. Er musste sich setzen. Er hatte das Gefühl, alles, was ihm lieb war, zu verlieren. Es riss ihm sozusagen den Boden unter den Füßen weg.
„Was fehlt ihm?“, fragte Michael schwach, nachdem der Arzt sich Gerrit ansah. „Das wissen wir noch nicht so genau. Jedenfalls ist das Fieber gestiegen, seine Lymphknoten sind stark angeschwollen, die dafür sorgen, dass Herr Grass schlechter Luft bekommt. Zusätzlich scheint Herr Grass Oberbauchschmerzen zu haben. Wir werden jetzt hier gleich eine Sonographie durchführen und dann wissen wir ggf. mehr. Bis wir hoffentlich endgültig was sagen können, müssen wie die Blutergebnisse abwarten. Das kann noch etwas dauern“, schloss der Arzt mit der Erklärung und wollte zur Tür gehen.
„Das gleiche haben Sie bei meiner Kollegin auch gesagt und nun kämpft sie um ihr Leben, weil Sie nicht herausgefunden haben, was ihr fehlte“, schrie Michael fast außer sich.
Geschockt und auch getroffen von den Worten sah der Arzt Michael an.
„Ich weiß und glauben Sie mir, mir geht es genauso nahe, wie Ihnen. Sie brauchen etwas Ruhe für sich, fahren Sie nach Hause.“ – „Tut mir leid, ich wollte das nicht sagen“, fügte Michael hinzu und verließ das Zimmer, bevor er noch in Gerrits Zimmer in Tränen ausbrach.
Michael lief so schnell er konnte zum Auto, setzte sich ans Steuer und vergrub sein Gesicht in seine Arme, die auf dem Lenkrad lagen und weinte hemmungslos. In diesem Moment fiel die gesamte Anspannung der Nacht und des ganzen Tages von ihm ab. Draußen dämmerte es inzwischen schon, so dass Michael froh war, dass man ihn ihm Auto in seiner Haltung nicht sofort erkennen konnte.
Doch lange verharrte Michael nicht in dieser Haltung.
Wieder dachte er an Gerrit und an Alex. „Wie soll man bei den Sorgen auch zur Ruhe finden?“, fluchte Michael laut und haute mit der Faust aufs Lenkrad.
„Ich muss zu Gerrit, ich muss wissen, wie es ihm geht. Sonst kann ich hier nicht weg!“, sagte sich Michael, stieg aus dem Auto und atmete frische Luft ein.
„Hoffentlich schafft es Alex und Gerrit muss wieder schnell gesund werden. Lange schaffe ich das nicht mehr allein“, dass musste sich Michael eingestehen, dass er nicht mehr konnte. Er fühlte es richtig, dass ihm alles über den Kopf wuchs und er hoffnungslos überfordert war.
„Wenn das so weiter geht, braucht nicht nur Alex einen Psychologen, sondern ich auch gleich“, meckerte er leise vor sich hin und betrat wieder das Krankenhaus.
Doch kaum hatte er das Krankenhaus betreten wurde es ihm wieder mulmig zumute. „was soll ich hier eigentlich noch?“, fragte sich Michael leise und bahnte sich einen Weg durch den engen Treppenhausflur. „Es wird sich bestimmt nichts geändert haben!“, Michael verlor langsam die Hoffnung, dass es auch aufwärts gehen konnte. In den letzten Wochen erlebte er nur die Tiefen einer Menschenseele und es schien nicht bergauf zu gehen.
Er wusste nicht so recht, wie er sich noch Verhalten sollte, er fühlte sich selbst total schäbig, weil er einfach nur eine Hilflosigkeit seiner eigenen Person darstellte. Er suchte händeringend nach Worten, die ihm erklären könnten, weshalb das hier alles geschehen musste, doch Michael empfand alles nur als eine Art von Leere. Er fühlte sich leer, Alex fühlte sich leer und Gerrit erging es nicht anders. Michael war auf sich allein gestellt, es gab keinem, der ihm hier helfen konnte. Seine besten Freunde kämpften mit sich und ihrer physischen Verfassung.
Zögernd stand er vor Gerrits Zimmertür. Er vernahm leise Geräusche, die einem Wimmern ähnelten, doch er traute sich nicht so recht die Tür zu öffnen.
Michael konnte nicht einfach nur da sitzen, schweigen und hoffen, dass sich alles zum Besten dreht. Er hatte immer das Gefühl etwas sagen zu müssen, eine Erklärung für all das Leid zu finden. Unbemerkt liefen ihm Tränen über die Wangen, er seufzte und machte auf der Stelle kehrt und zog sich in die Ecke des Treppenhausflures zurück. Er sehnte sich nach dem ganzen Freude zum Leben zurück.
Michael entschloss sich nun doch nach Hause zu fahren. Ihm ging es psychisch nicht gut damit, wenn er noch länger hier bleiben würde. Er hatte das unbändige Verlangen danach, abzuschalten. „Ich brauche Ruhe, ich kann nicht mehr“, gestand sich Michael ein und lief direkt zum Ausgang. Doch kurz vor dem Ausgang drehte er sich noch einmal um. „Kann ich die beiden allein lassen? Sie brauchen doch jemanden, der für sie da ist?“, stellte sich Michael abermals dieselben Fragen, drehte sich dann aber doch entschlossen um und fuhr geradewegs nach Hause, um es sich nicht doch nicht anders zu überlegen.
Alex lag noch immer im Koma und kämpfte mit ihrem Leben. an unzähligen Schläuchen angehängt, die direkt zum Überwachungsmonitor führten, lag sie hilflos da. Des Öfteren schauten Pfleger und Ärzte bei Ihr vorbei, doch die Werte verbesserten sich nicht.
Selbst die Blutergebnisse verhießen noch nichts Gutes. Noch immer waren die
Entzündungswerte, trotz Operation extrem hoch. Alles sah nach einer zweiten Operation aus, wenn sich Alex’ Gesundheitszustand nicht doch noch zum positiven wenden würde.
Gerrit lag mit Rotverweinten Augen und sehr hohem Fieber im Bett, als endlich der Arzt das Zimmer betrat. „Guten Abend Herr Grass, ich bin Dr. Thiedemann. Ich werde für die nächsten Tage die Behandlung an Ihrer Kollegin Frau Rietz und an Ihnen übernehmen. Mein Kollege ist ab heute Nacht im Urlaub für ein paar Tage. Ich habe hier nun ihre Blutergebnisse, die genau dass Aussagen, was wir schon vermutet hatten.
Aber eine Frage zuvor: Waren sie in den vergangenen Tagen mit vielen Leuten in Kontakt, außer mit denen aus dem Krankenhaus?“ – „Nein, die letzten paar Tage war ich krank, mit einer Grippe, die ich auskuriert habe“, gab Gerit mit schwacher und rauer Stimme von sich.
Das ist gut Herr Grass. Wir werden sie leider auch einige Tage hier behalten müssen, da es keine Grippe war, die sich zu wissen glaubten. Die Ergebnisse sprechen für das Pfeiffersches Drüsenfieber!“ Fragend sah Gerrit den Arzt an. „Was ist das? Etwas Ernstes?“, fragte Gerrit mit brüchiger Stimme. „ Das Pfeiffersches Drüsenfieber ist eine Viruserkrankung, die eigentlich im Kindesalter auftritt, aber auch in seltenen Fällen einen erwachsenen trifft. Die Virus Erkrankung kann man nur einmal bekommen, in der Regel ist man später immun dagegen, da der Körper Antikörper produziert. Ich darf also davon ausgehen, dass sie das Pfeiffersches Drüsenfieber als Baby oder Kind nicht hatten? Gerrit nickte schwach. Er musste die Augen schließen, die schmerzten inzwischen und sein Kopf machte auch den Anschein, als würde dort jemand mit einem Hammer drauf herumwerkeln. „Werde ich wieder gesund?“, kam leise aber ängstlich die Stimme von Gerrit.
Sorgenvoll sah ihn der Arzt an. „Herr Grass, das hängt von ihrem Körper ganz allein ab. Leider kann an bei Virus-Erkrankungen kein Antibiotikum oder Penicillin geben, da die nur gegen Bakterien wirken. Wir haben nur die Möglichkeit Ihnen Fiebersenkende und Schmerzstillende Medikamente zu geben. Sie müssen auf alle Fälle ruhig liegen bleiben und sehr viel Trinken. Gegen den geschwollenen Hals werden sie von uns Salbei Tee bekommen.
Es ist wichtig, dass Sie das auskurieren, für Erwachsene ist die Krankheit nicht ungefährlich. Und durch die Psychischen Anstrengungen in den vergangenen Wochen ist Ihr Körper am Limit angekommen“, schlussfolgerte Dr. Holz. – „Haben sie noch Fragen, oder irgendwelche Wünsche? Wie geht es Ihnen im Moment?“
Ruhig lag Gerrit da, mit geschlossenen Augen. Er musste es erstmal sacken lassen. Besorgt schauter der Arzt sich die Werte von Gerrit an und notierte die sich.
„Herr Grass, ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, besorgt maß der Arzt den Puls.
„Immer schön ruhig Atmen, Herr Grass, Ihr Puls ist recht hoch.
„Wie geht es meiner Kollegin?“, Gerrit brachte die Frage nur mühsam zustande.
„ Unverändert, es tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten habe!“
„Mir ist so heiß und mein Hals tut mir so weh. Mein Kopf fühlt sich wie eine tickende Zeitbombe an“, krächzte Gerrit und legte sich entspannt hin und versuchte gleichmäßige Atemzüge zu ziehen.
„Ich werde einer Schwester die nötigen Anweisungen geben, damit sie gleich in Ruhe schlafen können. Sobald sich Veränderungen an Ihrer Kollegin ergeben, werde ich es Sie wissen lassen“, damit nahm der Arzt Gerrit den Wind aus den Segeln. Das wäre seine letzte mühsam zusammen gebastelte Frage gewesen.
Fortsetzung 22.03.08
Zu Hause machte es sich Michael gemütlich und lies sich Wasser in die Badewanne ein, um etwas zu entspannen und um die Sorgen, Sorgen sein zu lassen. Michael merkte sehr, wie die letzten Wochen Spuren an seinem Körper hinterlassen hatten und er schon lange keine Zeit mehr hatte richtig abzuschalten. Doch er musste sich nun eingestehen, dass er keine Hilfe für Alex und Gerrit sein konnte, die beiden waren in Guten Händen und er könne nun nicht helfen, außer an deren Betten zu wachen.
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